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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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er auf der Stelle fliehen, wegrennen musste, so rasch wie nie zuvor, aber die Panik lähmte ihn. Zu seiner Überraschung schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass es über den Polizeifunk zu viele Leute hören würden, wenn er jetzt weinen müsste. Ville Parola wollte sich zusammenrollen und so kleinmachen, dass er verschwinden könnte, er wollte sich in einer Fußbodenritze verstecken, zu Hause in seinem Bett aufwachen … Und dann hörte er Schritte, die näher kamen.
    ***
    Vor dem Hotel »Arcotel«, hundert Meter vom Haupteingang der UNO-City entfernt, roch es streng und widerlich. Der Gestank ging jedoch nicht von Gilbert Birou aus, sondern stammte aus der Kanalisation, denn er stand auf einem Gullydeckel. In der Hand hielt er Leo Karas Zusammenfassung, ständig gingen Menschen an ihm vorbei, die es eilig hatten. Sein Büro oder seine Telefone würde kaum jemand abhören; er rief den Erpresser nur deshalb von hier aus an, weil er sein Arbeitszimmer nicht mit diesem Dreck beschmutzen wollte. Rasch tippte er die Nummer auf seinem Handy ein.
    Gilbert Birou gab bis ins Detail die Informationen weiter, die er von Kara erhalten hatte. »Sie sind also ziemlich gut im Bilde über die Aktivitäten von Severnaja und Kivijalka, sie kennen Palomaas Rolle und haben irgendwie auch Zugriff auf das Material bekommen, das der FSB an die Zentrale der finnischen Kriminalpolizeigeschickt hat. Am meisten verwundert dabei, dass Kara und Soisalo anscheinend alles wissen, was die Polizei weiß. Es sieht so aus, als würden sie Informationen vom stellvertretenden Leiter der KRP Jukka Ukkola erhalten.«
    »Haben sie sich getroffen? Verrät Ukkola Informationen?«, fragte der Erpresser in einförmigem Tonfall.
    Birou blätterte Karas Zusammenfassung schnell durch. »Soisalo und Ukkola haben sich in den letzten Tagen zweimal getroffen. Mehr berichtet meine Quelle nicht.«
    »Bring das in Erfahrung«, sagte der Mann und beendete das Gespräch.
    Birou bemerkte, dass seine Hände zitterten, als er Kara anrief. Er hatte das Gefühl, bereits verurteilt zu sein: Das Verbrechen war begangen, man hatte ihn erwischt, und nun blieb ihm nur noch, voller Spannung abzuwarten, ob man ihn hinrichten würde oder ob er mit lebenslänglicher Haft davonkäme. In der Leitung waren eine Frauenstimme in einer merkwürdigen Sprache und ein Signalton zu hören, dann konnte Gilbert Birou seinen Frust abreagieren und etwas auf Karas Anrufbeantworter brüllen. Er setzte sich in Bewegung, als ein Mann im offiziellen repräsentativen Dress der Geschäftswelt, einem dunklen Anzug, stehen blieb, um dieses akustische Spektakel zu verfolgen.
    Gilbert Birou spürte, dass er am Rande des Abgrunds taumelte. Bis jetzt hatte er die Krisen seines Lebens gemeistert, indem er bei Mathilde, seinen Wertgegenständen oder in seinen Lieblingsrestaurants Zuflucht suchte, doch bald wäre all das für ihn nicht mehr zugänglich. Er würde ins Gefängnis kommen. Warum hatte er aus den Ereignissen vor vier Jahren im Londoner Mayfair, als die Metropolitan Police ihn bei einer Razzia in einem Bordell bei einem weißrussischen Jungen erwischt hatte, keine Lehren gezogen? Warum? Vermutlich deshalb, weil er nicht auf Mathilde verzichten wollte und lieber die furchtbare Schande ertrug, die auf ihn fiele, wenn alles aufgedeckt würde.
    Wie zum Teufel sollte er Betha Gilmartin erklären, dass er nicht imstande war, Kara aus Helsinki abzukommandieren? Man konnte seinen Hintern nicht gleichzeitig in zwei Richtungen hinhalten, bald würde er gezwungen sein, eine Entscheidung zu treffen.

19
    Sonntag, 15. August
    Das Kreuzfahrtschiff war bei Sturm im Golf von Alaska auf Grund gelaufen, direkt vor der Insel Kodiak. Alles hatte sich innerhalb weniger Minuten abgespielt: Als das Schiff auflief, gingen die Scheinwerfer aus, und Panik erfasste sowohl die Passagiere als auch die Besatzung. Nur äußerst wenige schafften es in der stockfinsteren Nacht bis in die Rettungsboote, er hockte als einziger in dem offenen Gummifloß. Es war so kalt, dass selbst die Gedanken einfroren. Das Schiff sollte eigentlich in Anchorage anlegen, also hatte auch er seine wärmsten Sachen mitgenommen, im Januar sank das Quecksilber in dieser Gegend zuweilen bis auf fünfzig Grad minus. Doch als das Unglück geschah, hatte er nur Jeans und ein T-Shirt an und zitterte nun wie Espenlaub, der Frost stach in die Haut wie ein Nagelbrett.
    Leo Karas Phantasiegebilde fiel in sich zusammen, als es an der Tür der Arrestzelle der

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