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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Nächste fällig. Dann bringt so einer doch gleich wieder einen um.«
    »Heißt es nicht, dass Gott ist wie einer, der dem verlorenen Schaf nachgeht und dafür die Herde allein lässt?«
    »Dafür haben wir die Gefängnispfarrer.«
    »Und wenn der Mörder ein Kind ist?«
    »Haben Sie denn so einen Fall?«
    »Ich mein nur, weil die meisten Menschen sind doch irgendwie noch wie die Kinder, zumindest wenn es ihnen nass reingeht. Dann kennen sie sich selber nicht mehr. Das hat er doch auch gesagt, der Jesus. Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Das war doch auf seine Mörder gemünzt, die ihn ans Kreuz geschlagen haben, und auf die Menschen überhaupt.«
    »Das war im Altertum. Aber jetzt leben wir in einer Demokratie. Und die basiert nun mal auf der Mündigkeit von die Leut. Sonst wär das ja alles falsch, was wir hier veranstalten.«
    »Vielleicht ist es das ja? Der Jesus jedenfalls hat die Liebe über das Gesetz gestellt.«
    »Das kann schon sein, aber das ist nicht praktikabel.«
    »Soll das heißen, dass das alles unrealistisch ist, was der Jesus gesagt hat?«
    »Sie dürfen’s jedenfalls nicht wörtlich nehmen.«
    Die beiden starrten sich an, als ob jeder den anderen für einen Irrläufer hielt. Der Pfarrer, dessen Predigten ihn noch nie selber erreicht hatten, und der Kriminalkommissar, der an nichts mehr glaubte, außer an einen Gott, der weg war, unauffindbar, womöglich auf der Flucht.
    »WissenS’, was ich jetzt mach, Herr Pfarrer? Jetzt biesel ich in Ihre Kirch.«
    »Das lassen Sie schön bleiben. Ich sag’s Ihnen, Herr Kreuzeder, ich ruf die Polizei! Sie gehören ja ins Narrenhaus!«
    Aber der Kommissar war schon unterwegs.
    »Und zwar ins Weihwasserbecken. Da biesel ich jetzt rein.«
    »MachenS’ keine Dummheiten! Das ist schon mehr wie Blasphemie, wenn Sie so was machen! Das ist kriminell!«
    Der Pfarrer schnaufte hinterher, aber Kreuzeder war nicht mehr einzuholen.
    »Das haben wir schon als Ministranten gemacht. Das habt ihr bloß nicht mitgekriegt, ihr Wichser!«
    Er riss die Kirchentür auf. Seine Schritte hallten von den hohen, kalten Wänden. Seine Stimme donnerte, als käme sie aus den Tiefen eines riesigen Bierfasses.
    »Wie oft hab ich als Ministrant das Magnifikat beten müssen, ohne dass ich es kapiert hab! Sonst hätt ich schon damals auf euren Goldaltar geschissen!«
    »Wehe, Sie gehen auf den Altar rauf! Das ist…!«
    »Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind! Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen! Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen!«
    »Lassen Sie den Kelch stehen!«
    »Da, des gehört alles verschenkt! Der ganze Prunk und Protz, der hier rumflackt!«
    Kreuzeder hielt den Abendmahlkelch mit dem ausgestreckten Arm in die Höhe. Der Geistliche sprang an ihm hoch und zog und zerrte an ihm.
    »Ich zeig Sie an! Sie gehören ins Narrenhaus!«
    »Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes!«
    »Gib her, du Sauhund!«
    Der Kommissar war einen Kopf größer und mindestens so schwer wie der Pfarrer und konnte ihn mit einem einzigen Schubser umstoßen. Doch der Geistliche biss ihn ins Bein. Der Kelch polterte auf den Boden und rollte über die Marmorfliesen. Kreuzeder lachte, als der Kirchenmann sein Heiligtum einfing.
    »Das hat Folgen, das sag ich Ihnen. Das werd ich melden. Das ist der Kelch für das Blut Christi… das… Sie wissen ja gar nicht, was Sie tun…«
    »Hier. Das ist die Karte von meiner Psychologin. Der könnenS’ das alles schildern. Die ist für mich zuständig.«
    Er ließ im Vorbeigehen die Visitenkarte von Frau Doktor März in den Kelch fallen, den der Pfarrer nun mit beiden Händen umklammert hielt, und tappte aus dem Gotteshaus. Ehe er wieder zu seinem Auto ging, öffnete er noch rasch das Türchen des Hasenstalls und grinste zufrieden.

18
    Kriminaloberrat Beckers Miene verfinsterte sich, als er Kreuzeder an der Kaffeemaschine hantieren sah. Es war nicht zum ersten Mal, dass der gleich mehrere ineinandergeschobene Plastikbecher benutzte.
    »Was soll das wieder?«
    »Was?«
    »Das sind vier Becher.«
    »Dann ist es nicht so heiß.«
    »Das sind alles Steuergelder. Ich weiß, Sie finden das lächerlich, aber das ist auch eine Frage des Gesamtcharakters.«
    Um des lieben Friedens willen zog Kreuzeder die unteren drei Becher heraus und stellte sie neben das Gerät. Doch seinem Vorgesetzten war nicht nach Frieden

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