Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
Kriminalgeschichte so noch nicht vorgekommen ist. Die Irina Nakova sollte nach Straubing verlegt werden und die Gerda Bichler aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen. Aber die Bichler ist in Straubing gelandet, und die Nakova ist auf freien Fuß gesetzt worden. Weil im Computer die Namen auf den Papieren vertauscht worden waren. Kreuzeder hat gesagt, das war die Hand Gottes, aber Kriminaloberrat Becker und Frau Dr. März hatten einen konkreten Verdacht. Sie konnten aber nichts beweisen.
Das Ende vom Lied war, dass die Bichler natürlich sofort freigelassen werden musste und die Nakova verschwunden geblieben ist. Die Antwort des Dorfpolizisten von Kraznoborsk auf die Anfrage der bayerischen Justiz erfolgte in kyrillischer Schrift und war völlig unleserlich. Becker tobte und ging auf Kur in Bad Reichenhall, um seinen chronischen Bluthochdruck in den Griff zu kriegen. Zu allem Überfluss erkrankte Klotz an einer Mittelohrentzündung. Es kam zu einem personellen Engpass im Passauer Morddezernat, und damit es nicht ganze Tage lang verwaiste, musste Kreuzeders Suspendierung kurzfristig ausgesetzt werden.
In diese Zeit fiel der Anruf eines Försters, der den Fund einer Leiche im Wald meldete. Er gab seinen Standort am Grenzkamm oberhalb des Ortes Klostermühle an. »Und außerdem«, sagte er, »hat die Leiche einen Kopfschuss.« Das war an einem Sonntag. Kreuzeder hatte zwar Bereitschaft, aber sein Handy war ausgeschaltet oder kaputt. Frau Berthold, die Sekretärin, telefonierte hektisch herum und rief auch die März an und fragte sie, wo der Kommissar sein könnte.
»Woher soll ich das wissen?«
»Er ist doch Ihr Patient, oder nicht?«
»Das ist er mit Sicherheit nicht.«
Die März erbot sich trotzdem, angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit, zur Wohnung des Gesuchten zu fahren. Nach mehrmaligem Klingeln, Klopfen und Rufen an der Haustür hörte sie Schritte tapsen, einen Raucherhusten und schließlich eine heisere Frauenstimme.
»Was ist denn los?«
»Es hat einen Mord gegeben! Ein Kopfschuss! Ist der Kommissar Kreuzeder da?«
»Ein Mord am Sonntag? Haben die Leut denn überhaupt kein Benehmen?«
Die Bichler öffnete die Tür und schlurfte voraus zum Schlafzimmer. Sie hatte wenig an, eigentlich nur ihre rosa Hausschuhe mit den silbernen Bommeln.
»Die Frau Doktor ist da wegen einem Kopfschuss.«
»Die soll sich schleichen.«
Die März blieb im Türrahmen stehen. Das Fenster war zu. Der Rauch konnte nicht abziehen. Neben dem Flokatiteppich stand ein überquellender Aschenbecher. Zerknüllte Zigarettenschachteln und leere Flaschen lagen herum.
»Sie werden jetzt wohl oder übel aufstehen müssen, auch wenn es erst mittags ist und draußen die Sonne scheint.«
»SchreibenS’ das doch einfach in Ihre Dienstaufsichtsbeschwerde: Der Kommissar hat sich in seiner Sonntagsruhe nicht stören lassen, weil der Tag des Herrn ist ihm heilig.«
»Ich werde die Wahrheit hineinschreiben. Der Bereitschaftsdiensthabende war zu betrunken und zu faul, um sein Bett zu verlassen, während die vorbestrafte Kellnerin seines Stammlokals komplett nackt herumgestanden ist und gegrinst hat.«
Die Bichler kratzte sich am Bauch.
»Ich grins doch gar nicht.«
Nach einem kurzen Blick in die Küche zog die März es vor, auf dem Flur zu warten, bis der Kommissar sich aus dem Bett bequemt und angezogen hatte. Er kaute einen Pfefferminzbonbon, aber das nützte nichts. Sie wollte ihn nicht ans Steuer lassen und bot an, ihn zu chauffieren. Das sollte sie bereuen.
Obwohl sie das Fahrerfenster so weit geöffnet hatte, dass der Fahrtwind ihre Haare zerzauste, begleitete sie ein Geruch nach kaltem Zigarettenrauch, Schweiß, Bier und Edelkirsch, garniert mit feinsinnigen Bemerkungen.
»HabenS’ schon mal einen Kopfschuss gesehen?«
»Nur im Fernsehen.«
»Da ist der Kopf weiß wie Schnee. Je nach Patrone und Einschusswinkel kann’s auch ein bisserl was vom Hirn rausbazeln.«
»Mahlzeit.«
»Wetten, dass Sie speiben?«
»Ich muss ja nicht so genau hinschauen.«
»Schon wegen dem Gestank. Und bei einer Leiche, die in der freien Natur liegt, sind auch immer eine Menge Fliegen dabei. Die schwirren umher und landen dann auch auf Ihnen.«
»HörenS’ auf.«
»Das könnenS’ auch schreiben in Ihre Dienstaufsichtsbeschwerde. Kommissar Kreuzeder hat Fliegen auf mich gehetzt.«
Sieben Kilometer hinter Klostermühle endete die Straße. Am Waldrand stand ein grüner Suzuki, daneben, die Fäuste vorwurfsvoll in die Hüften gestemmt,
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