weißblau queer gestreift
antworten. Doch meine Finger sind schon müde. Und mein Kopf ist es auch. Außerdem ist es bereits kurz vor acht. Birgit wird jeden Moment anrufen. Jedenfalls wenn sie sich an ihr Versprechen hält. Ich möchte mich vorher gedanklich auf das mögliche Telefonat einstimmen. Also verabschiede ich mich von Thea, verspreche ihr aber noch, das nächste Mal mehr zu erzählen. Dann schnappe ich mir den Telefonhörer und lege mich auf die Couch.
Ob Birgit pünktlich anruft? Ob sie sich überhaupt meldet? Es würde mich nicht wundern, wenn sie mich versetzt. Und viel ausmachen würde mir das auch nicht. Solange ich nicht zu viel erwarte, kann ich nicht enttäuscht werden. Ich beginne ein wenig über meine Verflossenen zu sinnieren. Bald ist es Viertel nach acht, zwanzig nach acht, halb neun. Na, war wohl wieder nichts. Aber es ist immer noch besser, am Telefon versetzt zu werden, als umsonst nach Plattling zu radeln. Ich hole mir eine Dose Erdnüsse und schalte den Fernseher ein. Kaum habe ich es mir gemütlich gemacht, läutet das Telefon. Mein Mund ist gerade voll mit Nüssen. Eilig kaue ich und schlucke. Dann schalte ich den Fernseher auf lautlos und greife zum Hörer.
»Hallo?«
»Servus, hier ist die Birgit.«
»Oh. Schön, dass du dich meldest.«
»Hast du gedacht, ich ruf’ nicht an?«
»Ehrlich gesagt, ja. Mit den Kontaktanzeigen ist das immer so eine Sache. Da weiß man nie, ob es dann auch klappt.«
Birgit lacht. Dann meint sie: »Verstehe. Deshalb wolltest du dich nicht in Plattling treffen, gell?«
»Genau.«
»Hast du dich schon öfters auf Anzeigen hin gemeldet?«
»Ja. Wie soll man denn sonst eine Frau finden, hier auf’m Land.«
»Stimmt. Mir geht es auch so. Ich wohne in Niedermotzing, das ist ein kleines Kaff nicht weit von Straubing.«
»Und in Straubing arbeitest du? In einer Metzgerei, stimmt’s? Wie ist der Job so?«
Birgit erzählt mir von ihrer Arbeit bei der Metzgerei Möstl und wie wenig Spaß ihr die macht. Daraufhin erzähle ich von meinem Studium und meinem doofen Job im Globus. Bald sind wir in ein angeregtes Gespräch verwickelt. Wir lästern über Frauen im Allgemeinen und unsere Ex-Freundinnen im Speziellen. Natürlich auch über das Landleben und über die Tratschweiber im Dorf. Uns geht nie das Thema aus. Es ist erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten wir haben. Plötzlich ist es Mitternacht und mir hängt der Magen zu Boden. Außerdem muss ich aufs Klo. Birgit geht es ähnlich. Bevor wir uns verabschieden, machen wir ein Treffen aus. Wir entscheiden uns für nächsten Sonntag und für ein Café in Plattling. Samstag wäre Birgit lieber gewesen, aber da muss ich ja zu Mandys Geburtstagsfeier. Als ich auflege, bin ich ungewohnt heiter und zufrieden. Selten habe ich mich mit einer Frau so gut unterhalten. Ich bin schon sehr gespannt auf unser Date. Wie Birgit wohl aussieht?
Wenig später liege ich auf dem Sofa und futtere Salamibrote. Im Fernsehen läuft irgendein belangloser Film mit Robert Redford. Ich schaue gar nicht so genau hin, bin mit den Gedanken ganz woanders. Hauptsächlich bei Birgit und unserem anregenden Telefonat. Nach vier dick belegten Brotscheiben bin ich satt und ein bisschen müde. Ich kuschle mich in meine Decke und blicke träge auf den Bildschirm. Zufrieden beginne ich vor mich hinzuträumen und irgendwann döse ich ein.
Am nächsten Vormittag erwache ich gegen elf, mit steifem Nacken und Gliederschmerzen. Ich sollte wirklich nicht mehr auf dem Sofa pennen! Nach einem heißen Schaumbad und ein paar leichten Dehnübungen geht es mir aber schon besser. Ich vertrödele meine Zeit mit Kaffeetrinken, Rauchen, Aus-dem-Fenster-Schauen und einem ausgiebigen Frühstück vor dem Fernseher. Im Handumdrehen ist es zehn vor zwei. Zeit, mich dem Kaffeekranz mit meiner Familie zu stellen. Ich muss ja nicht lange bleiben, kann ja nach einer Tasse Kaffee und ein, zwei Tortenstücken wieder aufbrechen.
Pünktlich bin ich bei meiner Mutter. Der Schorsch und die Hilde sitzen bereits auf der Terrasse, daneben meine Eltern. Der Tisch ist possierlich gedeckt, meine Mutter hat mal wieder dieses scheußliche Service mit den altrosa Rosen aufgefahren. Das kenne ich noch aus meiner Kindheit. Damals gab es jeden Sonntag Kaffeekranz mit der Familie. Erst Gottesdienst, dann Mittagessen, dann Kaffeekranz. Und ich musste bei alledem immer mitmachen. Wie habe ich damals die Sonntage gehasst!
Ich werfe ein »Servus« in die Runde und setze mich. Meine Augen bleiben kurz an der Torte
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