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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Männer nun nicht mehr mit jener Distanz, die ihr aus ihrer gesicherten Position heraus zur Gewohnheit geworden war. Bisher hatte sie mit ihrem erprobt hochmütigen Blick eine Art Abschreckungstaktik verfolgt, die vor allen Dingen Johanna beschützen sollte. Andererseits hatte sie zum Ausdruck bringen wollen, durchaus auf eigenen Beinen zu stehen, und nicht auf männliche Versorgung angewiesen zu sein.
    Elvira begriff sich plötzlich in einer völlig neuen Rolle. Sie verwandelte sich in eine Fischerin, die unsichtbare Netze auswarf. Vielleicht würde ja bald ein Fisch darin zappeln, der tatsächlich schön und groß genug sei, um sie zu ernähren. Bis dahin hatte sie freilich selbst für ihren Unterhalt zu sorgen und so schlenderte sie weiterhin hinter den Mädchen her, sie nicht aus ihren wachsamen Blicken entlassend. Doch ihre Gedanken hatten eine erstaunliche Veränderung bewirkt. Die matronenhafte Würde, die sie im Laufe der Jahre angenommen hatte, die Steifheit, die sie kühl und abweisend wirken ließ, war einem kaum merklichen Hüftschwung gewichen.
     
    „Du fragst, wie es gewesen ist?“ Margittas Wangen röteten sich bei der schnellen Gangart durch den tiefgründigen trockenen Seesand. „Wie war es denn bei dir?“
    „Ich habe zuerst gefragt.“ Johannas Antwort auf die Gegenfrage hatte einen ärgerlichen Unterton.
    „Zuerst war es nur kalt und beängstigend, aber als ich wieder Luft bekam, fand ich es großartig.“
    Johanna lächelte Margitta an, weil deren Schilderung frappierend mit ihrem eigenen Erlebnis übereinstimmte.
    Margitta, bestärkt durch Johannas Lächeln, geriet ins Schwärmen. „Ich bedaure, nicht schwimmen zu können, denn als ich das Verdeck etwas angehoben habe, um mich mal umzuschauen, da hat mich das Verlangen gepackt, mich den Wellen anzuvertrauen, mich einfach treiben zu lassen. Es ist, glaube ich, auch gar nicht so schwer ...“
    Johanna unterbrach mit einer ungläubigen Zwischenfrage: „Was? Sich den Fluten anzuvertrauen? Oder zu ertrinken?“
    „Bestimmt nicht Letzteres. Ich will mich nicht umbringen, auch wenn du meiner Schilderung eine gewisse Todessehnsucht entnommen haben solltest. Ich möchte doch die Herren Offiziere und meine Mutter nicht unglücklich machen.“
    An der Reihenfolge der Aufzählung glaubte Johanna Margittas derzeitige Wertschätzung herzuleiten. Es kränkte sie, von der Freundin nicht einmal erwähnt worden zu sein.
    „Ach, und ich komme als Trauergast erst gar nicht in Betracht?“
    „Nein!“, erwiderte Margitta lachend, „du stehst nicht an meinem Grab, weil du mich besser kennst als ich mich selbst. Außerdem würdest du jeden meiner Selbstmordversuche unverzüglich meiner Mutter hinterbringen.“
    Johanna war sich nicht sicher, ob sie Margittas Meinung teilen könne. Nicht, was die Vereitelung eines Selbstmordversuches betraf, darin stimmte sie mit ihr überein. Aber sie konnte doch nicht in die Gedanken der Freundin dringen.
    „Soso, würdest du mir den Vertrauensbruch ankreiden oder könntest du in Erwägung ziehen, mir dankbar zu sein?“, fragte sie spitz.
    Margitta lenkte ein. „Die Frage stellt sich für mich nicht“, sagte sie mit einer gewissen Inbrunst, „ich könnte mich nicht umbringen, schon gar nicht durch Ertrinken.“ Sie bemerkte Johannas Skepsis und fügte erklärend hinzu: „Ich habe nämlich festgestellt, dass das Wasser meinen Körper trägt.“
    „Was? Wie hast du das angestellt?“, fragte Johanna ehrlich erschrocken und bewundernd zugleich.
    „Wenn ich nicht auf meine Haare hätte aufpassen müssen, wäre es wohl noch leichter gewesen“, sagte Margitta ärgerlich und griff sich kontrollierend in den Nacken, ob ihre seidene Haube durchfeuchte. „Ich habe mich an einer Sprosse der Stiege festgehalten und zwar an der, die gerade eben über den Wasserspiegel reicht. Dann hab ich mich bäuchlings den Wellen überlassen. Es ist himmlisch gewesen. Freilich, meine Waden dürften unter dem Schirm hervorgelugt haben, aber es ist ja eh niemand auf den Stegen.“
    „Und der Badediener?“
    Johannas Einwand erschreckte Margitta dann doch. „Meinst du, der hat etwas gesehen?“, flüsterte sie, gleich darauf sah sie sich verstohlen um, ob jemand eine Geschichte über nackte Mädchenwaden zu erzählen wusste.
    „Ach, mach dir doch darüber keine Gedanken“, versuchte Johanna abzulenken, „mich interessiert, wie die Männer baden. Wenn ich Trebbow und Stetten richtig verstanden habe, wollten beide zum Herrenbad,

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