Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
verkonsumieren“, resümierte Margitta. „Sie ist von den Methoden des Professors überzeugt, jedenfalls hoffe ich, dass es dabei bleibt, sobald ihre erste Behandlung abgeschlossen ist.“ Sie dachte an die Tauchprozedur mit Kaltwasser, die ihre Mutter so verschreckt hatte. Aber die unausweichliche Auswertung der ersten Behandlung mochte noch warten, jetzt harrte man der lukullischen Köstlichkeiten, die aus Margittas Sicht möglichst schnell kommen sollten.
Sie wurde nicht enttäuscht, auch hielt sie den Aufwärtern den allgemeinen Andrang der Gäste zugute. Nach einer vertretbaren Wartezeit wurden die sehnsüchtig herbeigewünschten Speisen serviert.
„Wie ist der Hummer?“, erkundigte sich Trebbow.
„Ich habe zwar keinen Vergleich ...“ Margitta unterbrach sich, weil sie in den bereits aufgebrochenen Scheren mit einem Haken nach Krebsfleisch angelte. „Sie wissen doch, ich komme heute zum ersten Mal in den Genuss“, bekannte sie freimütig und steckte sich das erbeutete Stück genüsslich in den hübschen Mund. Sie fuhr erst fort, nachdem sie es hinuntergeschluckt hatte. „Aber es schmeckt derart vorzüglich, ich könnte mich glatt daran gewöhnen.“ Sie lächelte und zwinkerte ihrem Gönner zu, der die Geistesgegenwart besaß, nicht erschrocken dreinzublicken.
Stetten lachte und bemerkte schadenfroh: „Das haben Sie nun von Ihrer Prahlerei, mein Bester, hätten Sie sich etwas bescheidener bei den Damen eingeführt, müssten Sie jetzt nicht auf Ihre nächste Beförderung hoffen.“
„Beförderung hin oder her, allein mit unserem Sold könnten weder Sie noch ich einen standesgemäßen Lebensstil bestreiten.“
„Ich hoffe nicht, den besonderen Genuss einem Ihrer Beutezüge zu verdanken.“ Margitta hatte ein weiteres Stück Hummer aufgespießt und zeigte damit auf Trebbow.
„Genießen Sie ruhig weiter, es muss Ihnen nichts im Halse stecken bleiben, weil Blut und Tränen daran kleben. Meine Familie besitzt mehrere Güter in Pommern und kann meinen bescheidenen Haushalt recht gut erhalten.“ Trebbow hielt sein Glas Hoppelpoppel in die Höhe und animierte die Damen dazu, es ihm gleichzutun. „Auf Pommern und die Früchte seiner Erde!“, toastete er.
Das heiße Getränk löste kleine Verkrampfungen und die Zungen.
„Ah, dann sind Sie also tatsächlich ein Ritter“, stellte Margitta fest, die sich an Turnier und Harnisch erinnert fühlte. „Ich stelle mir vor, Ihre Vorfahren haben den wahren Glauben mit Feuer und Schwert verbreitet und sind dafür mit Land belehnt worden. Haben Sie keine Angst? Was wäre, wenn die Wenden nun eines Tages alles zurückhaben wollten?“
„Ach, wenn Sie glauben, die Mecklenburger seien überwiegend germanischen Ursprungs und die Wenden seien dereinst nur in weiter östlich gelegene Siedlungsgebiete verdrängt worden, dann möge man die Angst pflegen. Obwohl die Annahme ebenso unsinnig ist, wie sie heißblütig verteidigt wird. Alle unsere nordischen Vorfahren tragen bestimmt ein Quäntchen Wendenblut in sich. Die Völker haben sich stärker vermischt, als es den nachgeborenen Geschichtsschreibern lieb sein mag. So ist es auch in Pommern gewesen. Sie brauchen nur meinen Namen zu buchstabieren und schon fällt Ihnen die äußerst slawisch anmutende Endung – ow – auf. Deshalb glaube ich nicht, dass meine Ahnherren Zugewanderte und von einem deutschen Fürsten belehnte Ritter gewesen sind, sondern alteingesessene Wenden, die den neuen Glauben angenommen haben.“
Elvira, die nicht glauben mochte, unter ihren Vorfahren befände sich auch ein Pribislav oder Wertislav, meldete sich zu Wort. „Mit – neu – spielen Sie gewiss auf die Zustände an, die hier vor mindestens 600 Jahren geherrscht haben.“
Trebbow nickte.
Obwohl die verblichenen Herren fürstliche Herkunft nachweisen konnten und bereits etliche Jahrhunderte in ihren Gräbern moderten, blieb Elvira eine solche Verwandtschaft suspekt. Margitta kannte derlei Dünkel nicht.
„Das ist äußerst interessant und ich bewundere Ihren Stolz, den ich herauszuhören glaube, wenn Sie so von Ihren Ahnen sprechen. Stellen Sie sich vor, mein Ur-Urahn wäre Ihrem Ur-Urahn begegnet. Wie mag so etwas ausgegangen sein?“
„Nun, in der Gegend, in der wir heute so gemütlich beisammensitzen, haben sie sich vermutlich gegenseitig die Köpfe eingeschlagen.“
„Kein angenehmer Gedanke! Da gefällt mir unsere Zeit viel besser, man denke nur an die Königskinder.“
Elvira traktierte ihren Schinken einmal mehr
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