Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Trebbow feixte, aber er konnte Stetten nicht mit seiner unbeschwerten Stimmung anstecken, der nur einen entnervten Blick für die Foppereien übrig hatte.
„Ich sage Ihnen, da steckt irgendetwas dahinter, was die gräfliche Familie und speziell Franz und Johanna betrifft“, mutmaßte er.
„Klotz? Der hat doch auch Urlaub eingereicht, nachdem er eine Eildepesche aus Ludwigslust erhalten hat.“
„Woher wissen Sie das? Sie sind doch die letzten 14 Tage gar nicht in der Garnison gewesen?“
„Von meinem Dienstburschen. Und von wem hat es mein Bursche?“
„Von seinem, vermute ich. Dass die Kerls einfach nicht ihr Plappermaul halten können.“
„Wenn der Dienst langweilig ist, wird halt viel getratscht. Die Burschen sind doch auch nur Menschen.“
„Wem sagen Sie das! Meinen habe ich gestern mit der Kaltmamsell am Arm auf dem Kamp getroffen. Sah gar nicht übel aus, die Kleine.“
„Und Unsereiner muss sich mit Konversation über Hero und Leander zufriedengeben. Hat mir übrigens gefallen, was Baroness Margitta so zum Besten gegeben hat. Hätte eher gepasst, wenn die Gouvernante an der Stelle in Ohnmacht gefallen wäre, anstatt in Ihren Armen. Nun erzählen Sie schon, was hat die alte Jungfer von Ihnen gewollt?“
„Wie gesagt, es war ganz und gar merkwürdig. Sie ist sofort zur Sache gekommen und hat wissen wollen, worüber Johanna und ich gesprochen haben. Ich gab ihr bereitwillig Auskunft. Schließlich gibt es nichts zu verbergen. Als ich den Bruder der Komtesse erwähnte, hat sie mich regelrecht angefahren, ob ich wahnsinnig sei, oder so ähnlich beliebte sie sich auszudrücken, das arme Kind damit zu konfrontieren.“
„Der gute Franz wird seiner Schwester doch nicht zu nahe getreten sein?“
Stetten riss die Augen auf, er nahm jedoch eine abwehrende Haltung ein. „Sie sehen schon wieder Abgründe, wo keine sind“, sagte er verärgert über die hässliche Spitze. „Johanna hat Madame doch erklärt, worüber sie so betrübt ist. Ihr ist bei unserem Geplauder aufgefallen, dass ich ihren Bruder weit besser kenne als sie – die kleine Schwester. Dem Grafen ist die Frau gestorben, als die Kinder noch Halbwüchsige waren. Wissen Sie das nicht?“
„Nein. Verzeihen Sie meine Bissigkeiten, das wusste ich nicht. Und weil sich die Komtesse mit ihrem Bruder, der ohnehin so gut wie nie zu Hause ist, nicht verstanden hat, ist sie nun todunglücklich und mutterseelenallein?“
„Ja, so in der Art stelle ich mir das vor. Aber Moment mal, da fällt mir etwas ein!“ Stetten starrte Trebbow mit hochgezogenen Brauen an. „Ich kann mich nicht erinnern, dass die Engelmann oder ich speziell von Franz gesprochen hätten. Es ging immer nur um den Bruder .“
„Ja und? Was qualifiziert das eine von dem anderen?“, fragte Trebbow, dabei hob er einen flachen Stein vom Strand auf und warf ihn aus dem Handgelenk flach über die Wasseroberfläche. Zweimal hopste das Wurfgeschoss über ein Wellental, um dann – mit einem Plop – in der nächsten Woge zu verschwinden.
„Es sind zwei!“
„Ja, das habe ich auch gesehen. Bei ruhiger See schaffe ich fünf und sechs Hüpfer, aber heute ist das Wasser zu aufgewühlt“, erwiderte Trebbow und bückte sich schon nach dem nächsten Stein.
„Ich meine, es sind zwei Brüder. Johanna hat zwei Brüder.“ Stetten nickte, als ob er die eigene Bemerkung bestätigen müsse. Trebbow hielt in seiner Bewegung inne und presste die Lippen aufeinander, bis sie schmal und blass wurden. Er ließ den aufgeklaubten Stein achtlos zu Boden fallen. Anfangs nur belustigt und oberflächlich interessiert fesselte ihn die Angelegenheit plötzlich.
„Das trifft es wohl“, meinte er nachdenklich.
„Was hat die Engelmann sonst noch gesagt?“
„Kurz bevor sie zusammensackte, flüsterte sie noch etwas. Es hat sich angehört wie ...“ – Stetten unterbrach sich und überlegte, bevor er seine Schilderung fortsetzte – „wie – sie weiß es schon – oder so ähnlich.“
„Sie weiß es schon; und fällt in Ohnmacht.“ Trebbow massierte sein rechtes Ohrläppchen.
Stetten kannte die merkwürdige Angewohnheit schon und grinste.
„Ich denke, die gute Engelmann weiß etwas, was wir nicht wissen“, schlussfolgerte Trebbow. „Und sie nimmt an, Johanna weiß es auch, aber wir wissen, dass die Komtesse es offensichtlich nicht weiß, weil Sie mit ihr ausnahmslos über Franz gesprochen haben, richtig?“
„Vollkommen“, bestätigte Stetten.
„Und unser Franz ist wegen einer
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