Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
„Ähm, ja, um auf die Sache mit dem Beginn einer neuen Arbeit zurückzukommen – finde ich übrigens gut, Ihre Herangehensweise, damit kann ich in Zukunft auch meiner Dienerschaft den Wind aus den Segeln nehmen. Sie haben also wegen der Sache mit dem Montag heute mit dem Abriss des Ofens begonnen.“
„Zum Teil schon. In spätestens 14 Tagen müssen wir backen können, zumindest hat bis dahin der Ofen funktionstüchtig zu sein. Für das Haus bleibt dann immer noch Zeit. Ein Notdach mag bis zum Abschluss von Rüben- und Kartoffelernte reichen. Bauholz kann eh erst mit Frostbeginn geschlagen werden und Rohr ernten wir auch erst im Winter.“
„Ich verstehe. Und wenn der Ofen nicht rechtzeitig fertig wird?“
„Dann müssten wir Schmidt, den Verwalter von Karlsholz, fragen, ob wir drüben backen könnten. Ziemlich umständlich die Angelegenheit, aber wir verlängerten die Frist für die Fertigstellung um weitere 14 Tage.“
„Gut, Stein, ich sehe Sie haben alles voll im Griff.“
Hermann Stein konnte sich nicht erinnern, jemals in dieser Art belobigt worden zu sein, jedenfalls nicht aus dem Munde des Grafen. Deshalb hielt er den Zeitpunkt und die Stimmung für günstig, andere heikle Themen anzusprechen.
„Es gibt noch ein paar Dinge, die zur Entscheidung anstehen. Ist es Euer Gnaden recht, wenn ich die Angelegenheiten etwas zwanglos unter freiem Himmel offeriere?“
„Nur heraus damit, Stein, viel schlimmer kann es ja nicht mehr kommen.“
„Ich hoffe nicht, Herr Graf“, schränkte Stein wohlweislich ein. „Ich befürchte, dass es trotz der schlechten Getreideernte, die bereits abzusehen ist“, er warf einen trostlosen Blick auf den verwüsteten Schlag, „es dennoch Überschüsse auf dem Markt geben wird, weil die englischen Handelszölle den Export behindern. Also landen die Überschüsse auf dem Binnenmarkt und werden zwangsläufig die Preise verderben. Ich wollte Euer Gnaden deshalb vorschlagen, die diesjährige Ernte nicht komplett zu verkaufen, sondern zu veredeln.“
Der Graf horchte auf.
„Interessant, wie stellen Sie sich das vor?“
„Ich habe an einen einträglichen Nebenerwerb, sozusagen an eine Investition in die Zukunft gedacht, die zwar nicht sofort abwirft, aber auch keine Anfangsinvestitionen verschlingt. Alles, was dafür notwendig ist, wäre auf Hohen-Lützow vorhanden.“
„Sie verstehen es, mich anzufüttern! Also, Stein, was haben Sie vor?“
„Ich will Pferde züchten und an das Militär verkaufen!“
Nun war es heraus. Stein schaute über die Ohren seines Wallachs hinweg und hielt den Atem an.
Der Graf sagte nichts, gab auch sonst keinen Ton von sich, der auf Unwillen oder Gefallen hätte schließen lassen. Stein wagte nicht, einen Seitenblick zu riskieren. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Die Stille fand er unerträglich, lautes Fluchen oder wüste Beschimpfungen hätte er eher ertragen als das beredte Schweigen.
„So haben Sie sich das also gedacht“, kam schließlich verdächtig leise und gefasst. „Kommen von der fixen Idee mit den Gäulen nicht los.“ Der Graf schnaubte und Stein unterdrückte ein Seufzen.
„Soso, aber gar kein übler Gedanke, den Sie da haben, Stein, wirklich kein übler Gedanke. Der Bedarf an Pferden ist hoch, da der Krieg erhebliche Lücken gerissen haben dürfte und die Gäule, die im Feld waren, haben todsicher alle einen Rappel. Da muss frisches Blut rein, richtig, aber die Sache hat einen gewaltigen Haken.“
„Ja, Herr Graf, ich weiß. Wir können die Jährlinge frühestens in zwei Jahren zum Verkauf anbieten, aber dann erzielten Euer Gnaden Erlöse, die mit keinem anderen landwirtschaftlichen Produkt erreichbar sind. So eine Herde Pferde ist wie ein prall gefüllter Sparstrumpf, und außerdem könnte man anfangen, ohne dass sich hier irgendetwas ändern müsste. Nur der Zuchtstutenbestand müsste erhalten und sukzessiv vergrößert werden.“
„Und wo nehmen Sie, bitte schön, das zusätzliche Raufutter her? Getreide wäre vorhanden, wenn weniger verkauft wird, aber das Heu reicht doch jetzt schon nicht. Ich denke nur an das letzte Jahr: Regen von Himmelfahrt bis zum Altweibersommer. Die Spinnen haben uns fast aufgefressen. Da konnte der schöne Herbst auch nichts mehr richten. Nach Ihren eigenen Berichten sind die Rinder im Frühjahr rappeldürr aus dem Stall gekommen, was ein Grund zur Freude gewesen ist, weil sie nicht der Löserdürre, der Rinderpest oder der Brustwassersucht zum Opfer gefallen sind, wie es
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