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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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was die armen Jungs haben durchmachen müssen, bedenkt man, dass sie unser aller Freiheit erfochten haben.“
    Nach dem verbitterten Einwurf bemerkte Franz Spannungen am Tisch. Der Blücherverehrer war plötzlich nicht mehr so forsch. Er senkte die Nase in sein Weinglas. Auch einige andere Tischherren widmeten sich dem Nachtisch mit übertriebenem Interesse. Franz fing Ernsts flehenden Blick auf.
    „Unsere Flankenbewegung war nicht nur kühn, sondern geradezu waghalsig“, nahm Franz übergangslos seinen Bericht wieder auf, „weil wir Gefahr liefen, dass nachrückende Franzosen alle unsere nach Süden laufenden Verbindungen abschnitten. Die Befürchtung teilte anscheinend auch General Bernadotte, wenn es ihm dabei auch um die Verbindungen nach Norden ging, denn Blüchers Aufforderung, zwei Tage nach Remigius ebenfalls die Elbe zu überqueren und gemeinsam mit uns auf Leipzig vorzurücken, blieb vom Kronprinzen ungehört. Offenbar störte ihn die feindliche Einnahme Wartenburgs am linken Elbufer unweit von Elster. Trotzdem rückten wir am 3. Oktober planmäßig über die Elbe vor. Ich erinnere mich so gut an das Datum, weil es ein Sonntag war und mit dem Erntedankfest zusammenfiel, auch wenn es unter den Kriegsumständen nicht gefeiert wurde. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit stand auf vielen Kornschlägen noch das Getreide.“
    „Oh, hier war es ähnlich“, bestätigte Köster, „alle Männer von 18 bis 60 Jahren waren verpflichtet, in Landsturm oder Landwehr zu dienen. Anfangs verging kein Tag, an dem nicht exerziert und manövriert wurde. Die Arbeit blieb in den Werkstätten, das Korn auf den Äckern liegen. Das waren seltsame Zeiten, in denen Lehrburschen und Schusterjungen die Herren Räte und Akademiker kommandierten. Was, Herr Professor? Die olle Pike behagte uns nicht!“, rief Köster über den Tisch. Er erntete ein Nicken von Josephi. „Die Tagelöhner rückten mit umgeschmiedeten Sensen in die Truppe ein. Als die Schweden noch hier waren und der Kronprinz draußen beim alten Karsten in der Nähe von Neuenwerder sein Manöver abhielt, wurde täglich fleißig geübt und alle waren mutig. Kaum war das Militär abgerückt, wurden die Piken und die paar Gewehre sorgsam versteckt. Seltsam, seltsam, der Mensch ist auch nur ein Herdentier. Als später noch alle Zugtiere requiriert wurden, da wurde es mit der Ernte noch schwieriger. Aber das liegt Gott sei Dank hinter uns. Glücklicherweise waren meine Neffen noch nicht alt genug, mit dem Landsturm gegen Wismar und Schwerin zu ziehen und die Landesgrenzen zu sichern. Aber ich rechne unserem Erbprinzen, aber halt, jetzt wird Seine Hoheit ja Erbgroßherzog genannt, also ich rechne es Friedrich Ludwig immer noch hoch an, sich an die Spitze unseres Kontingents gestellt zu haben. Und dass Seine Hoheit später ein Einsehen mit den vielen Einberufungen hatte. Schließlich war es das Verdienst Seiner Hoheit, durchzusetzen, den Familien solle der einzige Ernährer erhalten bleiben. Es musste nicht mehr wahllos eingerückt werden. Freilich – uns Alten wurde die Sorge für die Etappe übertragen und wir waren froh, nicht über die Elbe ziehen zu müssen wie unser junger Freund hier“, schloss Köster.
    „Ja, richtig, wir zogen über die Elbe, befreiten am selben Tag Wartenburg und errichteten an den folgenden ein befestigtes Lager, um anschließend unbeirrt gegen die Mulde vorzurücken“, entgegnete Franz, der bei der Erinnerung an die Kampfhandlungen an das unerschrockene Vorgehen der Truppe zurückdachte, die von Prinz Karl von Mecklenburg-Strelitz höchstpersönlich geführt worden war.
    „Sagen Sie, Herr Leutnant, Sie erzählen uns von den Dingen, nun ja, wie soll ich mich ausdrücken ..., mit einer gewissen Distanz. Als ob Sie als Kriegsberichterstatter mit von der Partie gewesen wären. Aber ich vermute doch richtig! Sie sind mit dem Säbel in der Hand dem Feind entgegengeritten!“ Der Einwurf kam von Ernsts Berufskollegen.
    „Verzeihen Sie, Herr Doktor. Aber ohne Distanz werde ich nichts von diesem Krieg berichten. Wenn Sie grausige Details erwarten, dann sind Sie bei mir an der falschen Adresse“, erwiderte Franz unverblümt. Er hätte es nicht ertragen in geweitete Augen von Menschen zu schauen, die sich bei Schauergeschichten gruseln wollten. Gelüste, die seine gefallenen und versehrten Kameraden entehrte, bediente er nicht, wie hätte er ihre zerfetzten Leiber in einem Horrorschocker auferstehen lassen können. Seine grimmige Miene tat es allen

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