Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
einer Bedingung voraus: Er forderte von unserer Armee 30.000 Mann zur Unterstützung des Kampfes links der Parthe. Er sollte sie bekommen, doch auch Blücher stellte eine Bedingung, die da hieß, persönlich bei der Truppe zu bleiben, die er an Bernadotte ausgeliehen hatte. Und so führte uns Blücher an, um am vierten Tag den Sieg zu erkämpfen.
Und nun kommt das Entscheidende, das den alten Feldherrn am deutlichsten charakterisieren mag. Bereits während der Siegesparade auf dem Leipziger Marktplatz, wo die Generäle sich schulterklopfend gegenseitig gratulierten, Orden und Beförderungen verteilten und dadurch wertvolle Zeit verstreichen ließen, war Blücher mit uns auf dem Weg nach Lützen, um dem Feind nachzusetzen. Das Eiserne Kreuz, das ihm von unserem König verliehen worden war, wurde vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm überbracht, der uns hinterhereilen musste.
Ich möchte es vorausschicken, meine verehrten Damen und Herren“, Franz schaute bedauernd in die Runde, „es ist uns nicht gelungen, die Franzosen vor dem Übertritt über den Rhein ein weiteres Mal zu stellen. An den Nachmittagen gelangten wir regelmäßig an die Lagerplätze, die sie morgens verlassen hatten. Nur Blüchers Entschlusskraft blieb es zu verdanken, dass wir ihnen über den Rhein folgten. Wir taten es Napoleon gleich, der, wir erinnern uns, jeder europäischen Hauptstadt einen Besuch abgestattet hatte. Im folgenden Jahr sollten wir jedoch ohne unseren Feldmarschall den Montmartre stürmen.“
„Bravo, Herr Leutnant, wacker gekämpft und wacker gesprochen“, Charlotte applaudierte mit ehrlicher Begeisterung. Die anderen Gäste schlossen sich an. Doch der Applaus war kaum verebbt, da veranlasste Franz’ Schlusswort weitere Fragen.
„Wie können wir das verstehen?“, piepste das dünne Stimmchen. „Wurde Marschall Blücher von einer Verwundung gehindert oder war er unwohl? Warum hätte er auf den Triumph verzichten sollen?“
„So ungefähr, gnädige Frau, der Marschall war an einem Fieber erkrankt, in dessen Folge sich seine Augen entzündeten. Dennoch erschien er bei der Schlacht um Paris mit einem schützenden Schirm über den Augen. Er blieb nur für kurze Zeit auf dem Schlachtfeld. Am nächsten Tag ließ er sich auf eigenen Wunsch von seinem Feldherrenposten entbinden. Im Jahre 1814 betrat er Paris als Privatmann. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er die Franzosen und insbesondere Napoleon abgrundtief hasst. Er ist in seiner Position im preußischen Heer selbstverständlich persönlich mit unserem König bekannt und ein glühender Verehrer unserer jungen und schönen Königin gewesen. Ihr früher Tod hat ihn besonders schwer getroffen. Als Ihre Majestät starb, war Napoleons Machtfülle noch am Zenit. So war es unserer Königin leider nicht vergönnt, den Sieg der Verbündeten mitzuerleben. Ihren persönlichen Bittgang zum Kaiser anlässlich der Verhandlungen zum Tilsiter Frieden hatte nicht nur Blücher als Erniedrigung der hohen Frau empfunden. Umso höher wurde ihr jedoch vom Volk die Entscheidung angerechnet, es trotzdem getan zu haben. Marschall Blücher hat sich wohl auch Rache für unsere Königin auf die Fahne geschrieben. Er soll beim Anblick der französischen Hauptstadt gesagt haben, Luise sei gerächt.“ Franz wusste, Blüchers Einstellung passte selbstverständlich nicht zur Diplomatie der gekrönten Häupter, die den Schlachten nachfolgen sollte.
„Ach ja, die Königin Luise“, seufzte eine betagte Dame, deren Name Franz nicht einfallen wollte. „Sie soll wirklich eine Zierde des weiblichen Geschlechts gewesen sein. Allerdings kenne ich ihr Konterfei nur aus einer Zeitung, in der eine Abbildung der jungen Braut anlässlich ihrer Vermählung mit dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm veröffentlicht worden ist. Wann war das doch gleich?“
„1793, meine Liebe“, half eine Ratsherrengemahlin aus, die sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet hatte. „Die Verbindungen des Herrscherhauses Mecklenburg-Strelitz haben in der Tat sehr viele hübsche Menschen hervorgebracht. Meiner Meinung nach konnte König Friedrich Wilhelm II. gar nicht anders, als die beiden liebreizenden Schwestern Luise und Frederike aus dem Hause Strelitz mit seinen Söhnen zu verheiraten. Luise gebührt der Ruhm, als bekannteste Mecklenburgerin in die Geschichte einzugehen.“
„Wir wollen mit unseren Bemühungen der Stände, Fürst Blücher in seiner und unserer Vaterstadt Rostock ein Denkmal zu setzten, auch keinesfalls der
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