Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Großherzog, schräg gegenüber, wiederholte die gräfliche Geste und vertiefte sich dann in ein Gespräch mit einer in Zitronengelb gehüllten Dame.
„Finden Sie nicht auch, dass die Farbe Baronin von Maltzahn überhaupt nicht steht. Ein kräftiges Orange überdeckte ihre Zerbrechlichkeit etwas. Man meint ja, die Gute sinke noch an diesem Abend vor Entkräftung danieder“, konstatierte Madame.
Die Herren hüteten sich, die weibliche Meinung zu bestätigen, obwohl Baronin von Maltzahn in ihrer Robe tatsächlich etwas kränklich wirkte.
Borowsky stieß auf die kleine Gesellschaft. Praktischerweise hatte er ein gefülltes Cognacglas dabei und strahlte gut gelaunt in die Runde.
„Sie haben doch nicht ohne Unterlass gewonnen, mein Lieber“, mutmaßte Madame sofort.
„Am Spieltisch nicht, aber manchmal spielt das Leben auch Roulette oder andere Hasardspiele und es sieht so aus, als ob wir auf der Gewinnerstraße vorankämen, Graf!“
„Sie schließen mich mit ein? Wie darf ich das verstehen?“, entgegnete der Graf erstaunt.
Sein Nachbar grinste breit. „Warten Sie’s nur ab. Der morgige Tag wird unseren Horizont erweitern. Mein Geschäftspartner ist angekommen, aber er lässt sich vorerst entschuldigen, weil er von der Reise erschöpft ist. Morgen Mittag besprechen wir alles Notwendige.
Meine Damen! Meine Herren!“ Borowsky verneigte sich höflich und ließ den Grafen nachdenklich zurück.
„Das hört sich alles recht geheimnisvoll an, findest du nicht?“, raunte Franz seinem Vater zu. „Anscheinend liebt Borowsky solche Auftritte. Meine erste Begegnung mit dem Mann lief ähnlich ab.“
„Ja, man kann getrost eine Überraschung einplanen“, gab der Graf zurück. Dann musterte er seinen Sohn aufmerksam. Der junge Offizier in der tadellos sitzenden Uniform erstaunte ihn aufs Neue. Unbemerkt von der väterlichen Aufmerksamkeit war ein Mann herangereift, der nach gräflicher Meinung bedauerlich wenig Interessen mit dem Vater teilte. Selbstverständlich hatte er seinen jüngeren Sohn mit derselben finanziellen Unterstützung bedacht, die er für Johanns Ausbildung aufgebracht hatte. Doch Franz, erzogen in einer strengen Militärschule und geprägt von furchtbaren verlustreichen Kriegsjahren, war ihm fremd geworden. Er musste sich langsam an seinen Sohn herantasten. Ihn als Mann erst kennenlernen.
„Was hast du für Pläne und wo bist du untergebracht?“, fragte er befangen, die brennende Frage nach Johann mühsam unterdrückend.
Franz nippte an seinem Glas. Auch er fasste den Vater fest ins Auge, als er antwortete: „Ich muss morgen in aller Frühe fort, bin aber am Nachmittag bereits zurück. Somit kann ich der Unterredung mit Borowsky nicht beiwohnen.“
Der Graf horchte auf. War da doch ein Interesse an Dingen herauszuhören, mit denen sich ein Gutsbesitzer und Geschäftsmann tagtäglich zu befassen hatte?
„Ansonsten werde ich die Nacht in einer bescheidenen Kemenate verbringen. Ich habe aber schon in schlechteren Unterkünften logiert“, scherzte Franz.
„Oh, ich kann für mein Zimmer eine Aufbettung beschaffen“, bot der Graf ohne zu zögern an.
„Nein, lass nur, Vater, ich will dich am frühen Morgen nicht stören. Heute Abend können wir gewiss noch gemeinsam eine Zigarre rauchen.“ Franz warf dem Vater einen bedeutsamen Blick zu.
„Ja, gern!“, sagte der Graf hastig.
Mit einem Tusch setzte die Musik aus. Die unermüdlichen Tänzer und vor allen Dingen die Musiker benötigten dringend eine Pause. Im Hintergrund säuselte nur noch eine untermalende Melodie vom Klavier. Das Stimmengemurmel der Ballgäste schwoll an. Tänzer und Zuschauer mischten sich zu neuen Gesprächsrunden. Lebhaftes Geschnatter schwirrte durch den festlich erleuchteten Saal und die eine oder andere Mutmaßung ging von Mund zu Mund, wer die Nächste sei, der ein Verlobungsring angesteckt werde.
Johanna wurde von Christian in die Obhut des Grafen gegeben. Franz versäumte nicht, seinem Vater den langjährigen Freund vorzustellen.
Der Graf setzte zwar eine freundliche Miene auf, es war ihm jedoch anzusehen, dass er den Offizier, der seiner Tochter so zärtliche Blicke zugeworfen hatte, lieber in das Land, wo der Pfeffer wächst, gewünscht hätte.
Franz stärkte dem Freund den Rücken, indem er Baronin von Plessens Lob vor aller Ohren wiederholte. Johanna hing an seinen Lippen und strahlte erst Madame und dann ihren Vater an.
„Den nächsten Tanz verspreche ich dir, Papa!“
„Gern, mein Kind. Gewiss
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