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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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Durch ständiges Fressen nehmen sie schnell an Größe zu
und können am Tag mehrere maili zurücklegen. Nach der fünften oder sechsten
Häutung sind sie im Alter von etwa einem Monat flugfähig und fliegen, unterstützt
durch den Wind, Hunderte oder Tausende von maili.“
    „Ein einzelner Schwarm kann bis zu 80 Millionen Individuen
umfassen.“
    „Was fressen die?“
    „Alles! Vor vielen Jahren war alles weggefressen. Es gab
fast nichts Grünes mehr.“
    „Ihr meint … wirklich … alles? Kann man da nichts dagegen
unternehmen?“ Es folgte nur ein Schulterzucken.
    Draußen herrschte das Summen, Zischen, Zirpen, obwohl man
jetzt hin und wieder etwas von der Landschaft sah.
    „Da ist ja richtig schwarz“, staunte er.
    „Das sind die Biester. Sie machen sich gerade über alles
her, was mal eine Ernte werden sollte.“
    „Ndemi, du meinst, dass sie alles wegfressen?“ Er war
fassungslos. Das konnte nicht sein. Seine neu aufgebaute Existenz stand gerade
auf dem Spiel. „Aber … aber so viel … können die nicht … Ich meine … Du denkst
…“
    „Sie können und werden. Nichts wird übrig bleiben, rafiki
langu“, tönte es leise von Ndemi.
    „Ich benötige ein beer. Ihr auch?“
     
    Erst als die Dunkelheit Einzug gehalten hatte, gingen sie
hinaus, William zögerlich. Bereits im Garten erblickte er im schwachen
Lichtschein der Lampe, das nichts mehr da war und irgendwie zog sich sein Magen
schmerzhaft zusammen. Das konnte nicht sein?
    „Ich werde losfahren und mir alles ansehen. Geht nach
Hause und kümmert euch um eure Familien. Sie werden sich Sorgen machen. Wir
sehen uns morgen.“
    Er schloss die Tür und wenig später saß er im Auto und was
er im Scheinwerferlicht erblickte, war ein Schock. Wo einmal Felder waren, gab
es nichts mehr. Soweit er fuhr – nichts! Er spürte Tränen in den Augen, als er
das Ausmaß richtig erfasste. Alles, was er in den letzten Jahren aufgebaut
hatte, war weg. Es war nichts mehr da. Alles weg! Es war unfassbar, aber leider
Tatsache. Er besaß kein bebautes Land mehr, selbst die blöden Sträucher waren
abgefressen, kahl.
    Keine Pflanzen - keine Ernten - kein Geld. Der Boden
musste neu bearbeitet werden, man musste neuen Samen, neue Pflanzen kaufen. Zum
ersten Mal seit seinem Aufenthalt in dem Land fühlte er sich mutlos, am Boden
zerstört. Das war schlimmer als alles andere, was er bisher erlebt oder gehört
hatte. Dafür hatte er nun jahrelang geschuftet? Dafür hatte er all die
Entbehrungen hingenommen? Nun stand er abermals mit fast nichts da.
    Er saß im Auto, blickte hinaus, war nur völlig
fassungslos. Nach einer Weile fuhr er los, suchte nach dem Löwenrudel, aber die
fand er nicht. Er suchte Stunden nach ihnen ohne jeglichen Erfolg.
    Bis Mitternacht fuhr er sein Gebiet weiträumig ab. Er
tobte, fluchte oder weinte gleichzeitig.
     
    Irgendwann fuhr er nach Hause und erblickte an der Seite
den Wagen von Catherine. Gleich befürchtete er die nächste Hiobsbotschaft.
    Kaum war er ausgestiegen, da hastete sie auf ihn zu. „Das
sieht ja schlimm bei dir aus.“
    „Was gibt es?“, erkundigte er sich nur kurz angebunden.
„Es ist Mitternacht.“
    „Ich habe von den Heuschrecken gehört und wollte sehen, ob
du okay bist?“
    „Alles okay, wie du siehst“, drang es zynisch aus seinem
Mund. „Wie sieht es bei dir aus?“
    „Nichts passiert. Mich haben sie verschont. Bei Nathan
waren sie ebenfalls nicht.“
    „Schade!“
    „Sei nicht so. Die Sommerthen Farm haben sie auch nicht
angegriffen. Wahrscheinlich waren sie da bereits satt.“
    Er öffnete die Tür, blieb stehen. „Komm mit herein. Ich
will mit dir ins Bett. Vielleicht ändert das meine miese Laune.“
    „William, bitte“, entrüstete sie sich.
    „Warum? Was ist daran falsch?“
    „Weil man so etwas nicht sagt.“
    „Ach ja? Aber man macht einen Jungen an, der jünger als
der eigene Sohn ist oder was?“, erwiderte er bissig, worauf sie sich umdrehte
und zu ihrem Wagen eilte.
    „Blöde Kuh“, knallte er die Tür ins Schloss, griff nach
der Flasche Brandy, die er all die Jahre aufbewahrt hatte. Sie war damals ein
Geschenk von der Besatzung der Afric Star gewesen. Nun trank er. Es brannte und
kratzte in der Kehle. Trotzdem nahm er noch einen großen Schluck, schüttelte
sich. Scheußlich! Er trank nochmals mit verzogener Miene. Heute benötigte er
das Zeug. Er wollte für Stunden den Ärger, sein finanzielles Desaster und die
nicht mehr vorhandenen Felder vergessen. Alle Arbeit war umsonst

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