Weisse Haut - Schwarze Haut
vermute, dass man ihnen etwas anderes gesagt hat. Ndemis
Abuu sagt, es sind leere Wörter, die ohne Bedeutung sind.“
„Sind Leute aus eurem Dorf dabei?“
Eine Weile sagte keiner etwas, dann Ndemi leise: „Mein
Bruder und seine beiden Freunde sind da unten. Hast du Ngumo nicht erkannt?“
„Er ist hier?“
„Ndiyo, er kam mit dem Mondomogo.“
William schaute ihn entsetzt an. „Er ist einer der
Eidnehmer?“
„Scheint so. Ich habe ihn sofort erkannt.“
„Da muss er ja an höherer Stelle sitzen“, stellte er fest
und abermals zog ein Gefühl der Kälte durch seinen Körper, was nichts mit den
niedrigen Temperaturen zu tun hatte. „Wer sind die anderen? Sind sie aus dem
Dorf?
„Ndiyo, Zuri und Wanjiru. Wanjiru selten da, da er in
Nairobi wohnt. Zuri ist sein Bruder.“
„Versuchen wir ein bisschen zu schlafen. Hoffen wir, dass
kein Raubtier Hunger hat“, versuchte Karega zu scherzen. „Dunia ina maajabu
mengi.“
„Ich manchmal nicht. Schlafen wir.“
Schlafen konnte William nicht sofort. Zu viel schwirrte
ihm durch den Kopf und da war noch das Gefühl, dass sich etwas Unerfreuliches
anbahnte. Nur wieso solche ekelhaften Dinge, wie das heute? Was bezweckte man
damit? Wusste Kihiga, was sein Sohn nachts für Grausamkeiten trieb und wie
stand der dazu? Befürwortete er das heimlich sogar? Für wen arbeitete Ngumo?
Für diesen Kenyatta und seine Partei etwa? Sympathisierten noch mehr aus dem
Dorf mit diesen Menschen und kam Ngumo deswegen? Wollte er mehr Männer
anwerben? So viele Fragen und keine Antworten. William warte ab, sagte er sich.
Ändern kannst du es sowieso nicht.
*
D ie Kälte, der kühle Wind und das Geschrei der
Tiere weckten ihn. Er setzte sich auf, erblickte, dass die beiden noch
schliefen. Jetzt einen Kaffee und eine Zigarette überlegte er. Irgendwo
knackten Äste, Affen schrien herum, Vögel kreischten aufgeregt, zu aufgeregt.
Er schubste die Zwei an, legte den Finger an die Lippen, griff nach seinem
Gewehr. Sie standen leise auf, nahmen die Rucksäcke, Decken und schlichen
rückwärts zu dem Gebüsch. Immer wieder knackte es im gegenüberliegenden
Buschwerk. Erkennen konnten sie nichts. Hinter einigen Bäumen machten sie Halt
und William entsicherte das Gewehr, wartete und überlegte, wenn er schießen
musste, würde man unten auf sie aufmerksam werden. Ein lautes Schnaufen
erklang. Zweige brachen und dann huschte ein Waldschwein aus dem Gebüsch. Es
blieb stehen, grunzend, die kleinen Augen blickten sich suchend um, als wenn er
nach den Menschen suchen würde. Erneut schnaufte es auf, drehte sich ein wenig
und rannte links weg. Nochmals hörte man das Grunzen.
Erleichtert atmeten die drei Männer tief durch und William
sicherte sein Gewehr. Sie marschierten zurück, versuchten wenn möglich auf den
mit Moos bedeckten Boden zu treten, um keine Geräusche zu verursachen. Von dem
dichten Blätterdach über ihnen tropfte es bisweilen auf ihren Kopf. Vögel
flatterten laut krakeelend auf. Einige Affen tobten schnatternd in den Bäumen
herum, turnten von Ast zu Ast. Stellenweise roch es modrig, da an manche Orte
wahrscheinlich nie die Sonne hinkam.
Auf der schmalen Lichtung zurück, setzten sie sich, nahmen
Brot und kaltes Fleisch, aßen schnell, tranken etwas Wasser dazu. Danach
krochen sie zum Rand und erblickten unten, dass nur noch wenige Männer anwesend
waren. Sie beseitigten gerade die letzten Spuren der nächtlichen Transaktion.
Die anderen schienen weg zu sein.
„Warten wir noch eine Weile, bevor wir aufbrechen“,
flüsterte William, während sie sich hinsetzten. „Könnt ihr mir sagen, was diese
Männer damit bezwecken? Warum macht man so etwas?“
„Sie setzen damit all das außer Kraft, an was die Menschen
unseres Volkes glauben und schweißen sie so zu einer Gemeinschaft zusammen.
Alle werden auf eine Stufe gesetzt. Es gibt nur die wenigen Eidnehmer, Leute
wie Ngumo, die über ihnen stehen und natürlich die Kerle, die das alles in die
Wege leiten.“
„Karega hat es auf den Punkt gebracht. Ngumo hat uns
gesagt, wir müssen neue Wege gehen, um die wazungu zu besiegen, damit die unser
Land verlassen. Wenn alle fort sind, werden wir euch von dem großen thahu
befreien, dass durch die Schuld der wazungu auf uns geladen wurde. Jomo
Kenyatta ist ein großer Mann und er weiß, was er sagt und was gut für uns,
unser Land ist. Wir alle müssen ihm vertrauen, dann kommen bessere Zeiten. Wir
holen unser Vieh, unsere mashamba, unser Land zurück und werden wieder
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