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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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Wiederherstellung heimischer Brauchtümer und
Lebensarten. Dazu rechnen sie an erster Stelle die Beschneidung von Mädchen,
die besonders von den Missionen bekämpft wurde. Dieser Konflikt war schon Ende
der 20er Jahre eskaliert und hatte unter den Kikuyu, der größten
Bevölkerungsgruppe British East Africas, zur Gründung unabhängiger Schulen
geführt, die sich dem Einfluss der Mission entzogen. Die jungen Männer, die
sich nunmehr auf die Traditionen berufen, stellen sich bewusst gegen die Alten.
Aus diesem Grund wollten die Jungen ein wesentliches Merkmal der hergebrachten
Ordnung zwischen den Altersgruppen, den Vorrang der älteren Generation, nicht
anerkennen. Sie setzten vielmehr auf die Jugend, wie ihr Leitspruch, Aanake ni
kienyu kia Ngai, junge Männer sind ein Splitter Gottes, ausdrückt. Das alles
macht deutlich, in welch hohem Maß der Begriff der Jugend symbolisch aufgeladen
ist. Als Sinnbild des Neuen, Vitalen, auf Veränderung drängenden steht der
Slogan nicht nur für die Auseinandersetzung zwischen Alten und Jungen, sondern
für die Deutung des Verhältnisses von Vergangenheit und Zukunft. Im Verständnis
von Jugend spiegelt sich insofern sowohl der Zukunftsentwurf einer Gesellschaft
als auch ihr Bild von der Vergangenheit wider. Jugend ist in dieser Sicht keine
biologisch vorgegebene Lebensphase, die der Vorbereitung auf die Welt der
Erwachsenen dient, sondern ein soziales und kulturelles Konstrukt, ein Produkt
beständiger Aushandlung zwischen gesellschaftlichen Gruppen.
    Nach
dem Juntas Gichuru zurückgetreten war, wurde der Kikuyu Jomo Kenyatta Präsident
der Kenya African Union. In der KAU stehen sich Radikale wie Dedan Kimathi und
Realpolitiker scharf gegenüber. Kenyatta gehört zu den Moderaten in der KAU.
Wenige Tage später erhielt Jomo Kenyatta Morddrohungen von weißen Siedlern, behauptet
er. Da die britische Kolonialmacht nicht auf die Forderungen der
Unabhängigkeitsbewegungen eingeht, häufen sich die Konflikte zwischen der KAU
und den Briten.
    Mitchell
muss Zugeständnisse einräumen, sonst kommt es zu einer Eskalation, sinnierte
William, während er die Zeitung zusammenfaltete. Die Schwarzen lassen sich das
nicht länger gefallen. Zu Recht, wie er fand.
    Und dieser Kenyatta? Der Mann heizte die Bevölkerung,
besonders jedoch die Kikuyu, noch mehr an. Er redete zwar Drumherum, eben wie
es alle Politiker taten, aber man hörte seine Forderungen klar heraus. Er
wollte mit seiner Partei an die Macht, wollte regieren, wollte, dass die Weißen
das Land verließen. Schon jetzt flammten hier und da einzelne Feuer auf. Da
brannte eine Farm, dort fand ein Weißer seinen Stier oder ein paar Kühe tot
vor. Es kam zu Einbrüchen und man hörte, dass einzelne Schwarze es nicht
hinnahmen, wenn sie von ihrem Bwana schikaniert wurden. Auf den Straßen von
Nairobi kam es zu kleineren Kundgebungen, Protestmärschen und die Forderungen
lauteten immer synonym: Die Briten sollen das Land verlassen. Wir wollen unser
Land allein regieren. Uhuru! Uhuru! Uhuru!

*
    E r schleppte bereits Steine, die er beim Pflügen an
die Seite gelegt hatte, zu dem Hang, als Karega und Ndemi erschienen.
    „Jambo, ich denke, wir pflügen heute hinten das neue Feld
fertig?“
    „Das können die Männer erledigen. Ich möchte die Steine
weghaben und den Hang befestigen. Wenn die masika kommt, spült es mir die Erde
weg und irgendwann fliegt mein Haus mit hinunter. Außerdem stört mich dieser
Berg. Die Viecher müssen nächste Woche auf eine neue Weide und dann benötige
ich den Platz.“
    William streckte sich, musterte seine Hände, die blutig
waren, nach nur einer Stunde Arbeit.
    „Heute Abend findet die Vereidigung statt.“
    „Woher wisst ihr das?“ Sein Magen begann zu rebellieren.
    „Ngumo war gestern da und hat uns gesagt, dass wir alle
daran teilnehmen sollen. Es scheint sehr wichtig zu sein.“
    „Und … geht ihr hin?“
    „Mein Baba und der Abuu von Ndemi haben es verboten. Sie
sagen, es ist verboten, in der Dunkelheit einen Eid zu leisten. Es bringt nur
ein großes thahu. Mein Baba sagt, es wären keine Eide die Ngai befürwortet und
deswegen können sie nur von einem Scharlatan angeordnet sein. Die Eide würden
Ngai erzürnen und große Trauer über unser Volk bringen.“
    „Wo findet das Spektakel denn statt?“
    „Hinter Muchiene. Sie wollen uns mit Lastwagen abholen.
Gehen wir an die Arbeit.“
    Er blickte den beiden nach, machte sich an die Arbeit,
aber es ging ihm nicht aus dem Kopf. Was braute

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