Weisse Haut - Schwarze Haut
gehst nicht in das
Dorf. Man möchte die eingebildete, bornierte mzungu dort nicht. Du wirst nie
wieder behaupten, dass das dein Dorf wäre oder dir irgendetwas gehört. Das ist
nämlich gelogen. Alles, was du siehst, gehört mir und nur mir. Das Dorf gehört
den dortigen Bewohnern und nicht einer dummen Weißen. Wage nie wieder in dem
Ton mit Wakiuru oder einer der anderen Menschen zu sprechen, sonst verfrachte
ich dich am gleichen Tag nach Nairobi. Von dort kannst du sehen, wie du nach
Hause, nach Great Britain kommst. Ab morgen wirst du dich um James kümmern, wie
es sich für eine Mutter gehört. Du wirst arbeiten, wie es sich für meine Frau
gehört. Machst du das alles nicht, ziehe ich endgültig die Konsequenzen.
Scheidung! Du kannst nach oben gehen, da ich einen ruhigen Abend will, ohne
deine Nähe.“
„So kannst du nicht mit mir umspringen“, empörte sie sich.
„Nur weil du mit Theresa ein Kind bekommst …“
„Geh besser, bevor ich dir noch mehr an den Kopf werfe.
Wage dir keine Frechheiten in meinem Haus herauszunehmen, weder mir oder einem
anderen gegenüber. Lege dich nicht mit mir an, Mary, sonst bist du weg.“
Aufgebracht hastete sie hoch und man hörte laut eine Tür
zuschlagen, worauf James zu schreien begann. Er redete leise mit seinem Sohn.
„Sie ist eben ein verwöhntes, dummes Kind. Sie war schon
zuhause so, konnte nichts. Sie hätte nie heiraten dürfen, weil sie nicht weiß,
was es heißt, Ehefrau zu sein. Du brauchst eine andere Frau. Eine, die mit
beiden Beinen im Leben steht.“
„Lass mich bitte allein“, erwiderte er nur kurz angebunden.
*
K aum hatte William das Haus verlassen, sauste sie
ins Dorf hinüber. Sie trank den grünen Tee, sprach alle Frauen an und suchte
Sela. „Du musst mit hinüberkommen. Wir haben heute Wäsche.“
„Der Bwana hat es verboten. Er sagt, das kann die Memsaab
allein erledigen.“
„Ich sage dir aber, du musst kommen.“
„Hapana! Dem Bwana gehört shamba und ich höre nur auf
ihn“, sprach´s und wandte sich ab.
Mary stand perplex da, sprach rasch einige andere Frauen
an, aber alle weigerten sich, zum Arbeiten mitzukommen. Damned, Mist, fluchte
sie vor sich hin, was dachte sich William dabei?
Kihiga hatte sie beobachtet, schüttelte mit dem Kopf. Die
Memsaab brachte nur Ärger.
Sie selbst eilte zu Kinjija. Vielleicht wusste sie Rat,
wie man die Frauen zum Arbeiten brachte.
„Memsaab setz dich. Ngai hat uns ein Zeichen geschickt,
mit dem Bwana William. Er hat unser Dorf gesegnet und alle bösen Geister
verbannt. Er hat ein starkes dawa. Meine Mutter hat die große Veränderung
gesehen und uns gewarnt. Die Kinder der Kinder der Kinder werden schlimme
Zeiten erleben und die Welt wird sich verändern. Es kommen viele Fremde und sie
bringen böse Dinge: Feuer speiende Walrösser, lange Speere, die laute Geräusche
machen und dann das Vieh ist tot. Sie hatte viele dieser Visionen. Sie hat von
einem starken dawa der wazungu berichtet. Glaube mir, sie hat es gesehen. Der
Regen wird bald kommen, weil Ngai mit seinem Volk zufrieden ist und uns nicht
zürnt.“
Sie schwieg eine Weile, erhob sich.
„Komm mit, wir müssen dein thahu beseitigen, damit Ngai
zufrieden ist und die wazee besänftigt werden.“
Die alte Frau erhob sich, musterte Mary.
„Die Welt wird sich fortdauernd wandeln und meinem Volk
stehen noch viele Veränderungen bevor. Nicht nur Gute.“ Sie machte eine Pause,
holte tief Luft. „Eines Tages werden sich die schwarzen Menschen gegen die
Weißen zur Wehr setzen, wenn die wazungu nicht begreifen, dass man nicht nur
nehmen kann. Der Kreislauf der Welt gerät damit in Gefahr, so wie es meine
Mutter gesehen hat. Dieser Kreislauf betrifft nicht nur die Menschen, sondern
dass gesamte Leben. Erst sterben die Bäume, dann sterben die Tiere und
schließlich stirbt der Mensch. Noch ist es Zeit, das zu ändern. Es ist Platz
für alle, man muss nur den Weg suchen. Wir haben gelernt zu teilen, weil wir
sonst nicht überlebt hätten. Die wazungu sollten das lernen. Wir dürfen nicht
zurückschauen, sonst erkennen wir nicht die Möglichkeiten, die vor uns liegen,
und du solltest nur nach vorn schauen.“
Sie nahm die Kalebasse und trank einige Schlucke.
Kinjija mischte etwas zusammen, reichte dann die Tonschale
Mary. „Trink das. Es ist gut für dich und dann schließ deine Augen.“
Mary machte, was man von ihr verlangte. Wenig später drang
ein merkwürdiger Geruch in ihre Nase, sie hörte etwas rascheln.
„Halte deine
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