Weisse Haut - Schwarze Haut
nicht
zusammenzucken. Das wäre eine große Schande für die Angehörigen.
Kinjija war heute besonders glücklich und ihr wurde warm
ums Herz. Ngai war sicher zufrieden mit ihnen, dass sie die alten Bräuche
wieder einmal praktizierten. Die Sitten der Ahnen zu ehren war für sie wie eine
Art Glaubensbekenntnis und gleichzeitig eine Bitte um Gnade.
Die nackten Mädchen schritten langsam näher und stellten
sich in einem Halbkreis auf. Die ersten acht setzten sich, ihre Mütter
dahinter. Die Beine der Mädchen waren weit gespreizt, die Beine der Mutter
umschlungen diese, damit sie geöffnet blieben. Die Mädchen blickten zum Himmel
empor, während sie sich an die Mutter anlehnten. Die Geschlechtsteile wurden
nun mit kaltem Wasser benetzt. Das kalte Wasser machte alles weniger
schmerzhaft, deswegen das lange Bad im kalten Flusswasser.
Kinjija trat aus ihrer Hütte, beugte sich zu dem ersten
Mädchen hinunter und begann schnell und geschickt ihr Werk. Die Kleine zuckte
nicht, nein, ein leises Lächeln umspielte ihren Mund.
So folgte Mädchen um Mädchen, einige schrien laut, manche
wimmerten leise, die meisten ertrugen es jedoch klaglos.
Mary war auf dem Heimweg gewesen, als sie den lauten
Schrei eines Mädchens hörte. Sie drehte sich um, rannte zurück. Mehrere der
Dorfälteste versperrten ihr den Weg. Sie schlug um sich, trat nach den Männern,
drängte sich grob durch die Menschen und betrat die heilige stelle, danach die
Rundhütte.
„Thahu“, hörte sie leise Stimmen. „Die mzungu bringt ein
thahu.“
Mary erkannte ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, die
wimmernd auf dem Boden lag, daneben Kinjija und ihre älteste Tochter Akil.
Zwischen den gespreizten Beinen des Mädchens lagen Blätter und ein merkwürdiger
Geruch hing in der Luft. Es roch süßlich, nebenbei aber nach Kräutern. Überall
schwirrten Fliegen herum. Sie konnte erkennen, trotz des diffusen Lichtes, dass
das Kind starke Schmerzen hatte. Langsam ließ sie sich neben den beiden Frauen
nieder, sah, wie die Kleine das Gesicht verzogen hatte. Sie war vielleicht
dreizehn, das konnte sie schlecht schätzen. Jetzt war das Gesicht vor Angst und
Schmerz stark verzehrt, sah fast hell aus, als wenn die Farbe daraus gewichen
wäre.
„Es ist nicht gut, dass du hier bist.“
„Das Kind ist krank. Du musst ihr dawa geben.“
„Sie wird morgen gesund sein und ihre Eltern sind stolz
auf sie.“
Mary verstand immer noch nicht. Warum sollten Eltern
stolz sein, wenn ihre Tochter krank war?
„Früher waren viele Kinder wichtig für den Bestand der
Sippe. Heute wollen manche Frauen keine Kinder oder nur eins. Das ist sehr
schlecht, aber die wazungu wollen es so. Ngweko wird heute nur noch selten
praktiziert“, seufzte sie auf. „Die Männer wollen alles, können nicht warten.“
„Was ist ngweko?“
„Das ist der intime Kontakt der Menschen vor der Hochzeit.
Der Mann nimmt seine zukünftige Frau mit in seine Junggesellenhütte. Er zieht
sich nackt aus und die Frau behält den Lendenschurz an, dann legt man sich
nebeneinander und darf den anderen berühren. Ngweko darf aber nie zum
Geschlechtsverkehr führen, weil das einen thahu heraufbeschwört und der Mann
dann eine Strafe zahlen müsste. Nur heute kümmern sich noch die wenigsten
darum. Die Männer hätten keine mbuzi mehr, um sich wanawake zu kaufen.“
Unterdessen sie redete, legte sie einige Blätter in eine Tinktur, knautschte
diese, bevor sie diese dem Mädchen auf die anderen Blätter legte.
„Wenn die beiden öfter zusammen waren und die Frau damit
einverstanden ist, darf er seine Männlichkeit zwischen ihre Schenkel schieben
und so Erfüllung finden. Das heißt dann orugane wa nyondo, aber erst nach der
Übergabe des Brautpreises und der Hochzeit, darf der Mann in die Frau
eindringen und einer beschnittenen Frauen, die Nähte öffnen.“
Mary hörte zu, aber verstand immer noch nicht so ganz, was
man mit den Mädchen angerichtet hatte und das Verstehen sollte in den nächsten
Tagen nicht erfolgen. Kinjija und die anderen Frauen schwiegen zu dem Thema, im
Gegenteil, viele der gerade älteren Frauen gingen ihr aus dem Weg, schauten sie
böse an.
Tage später fragte sie abends ihren Mann, was da passiert
war.
„Die Jungen und Mädchen wurden beschnitten und sind jetzt
erwachsen. Ein Ritual, was ich persönlich ablehne, aber es wird nun mal
praktiziert, egal welche Meinung ich dazu habe. Ja, ich weiß es. Ndemi hat es
mir bereits gesagt. Dein Auftauchen hat mich zehn
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