Weisse Haut - Schwarze Haut
zerstört worden. William hatte geflucht, getobt, sich den Pflug
geschnappt. Einmal mehr musste er eine Ernte abschreiben. Ein weiterer Verlust,
den er allerdings verschmerzen konnte. An diese Rückschläge war er inzwischen
gewöhnt und er regte sich nur noch selten über diese Vorkommnisse auf.
„William, ich werde heiraten“, offenbarte ihm abends
Ndemi.
„Waaass? Du willst heiraten?“ Er war verblüfft.
„Ndiyo, meine watoto brauchen eine Mamaye.“
„Nur deswegen?“
„Ndiyo sicher. Sabiha wird nie eine andere mke ersetzen
können.“
Auch heute hörte er wieder den Schmerz bei seinem Freund
heraus. Den Verlust würde er wohl nie überwinden. „Wer wird die Glückliche
sein?“
„Sela!“
„Unsere Sela?“
„Ndiyo.“
„Aber … ich meine …“, jetzt war er gänzlich durcheinander.
„Sie ist zwanzig Jahre jünger und nicht beschnitten. Sie könnte deine Tochter
sein.“
„Ich habe in den letzten zwanzig Jahren so viele der alten
Gesetze gebrochen, da kommt es auf ein weiteres nicht an.“
„Was sagt dein Abuu dazu?“
„Er hat vor vielen masika gesagt, unsere Welt hat sich mit
dem Kommen der wazungu verändert und wird es weiter tun. Wir werden nicht an
unseren alten Bräuchen festhalten können. Der Bwana William ist ein guter
Mensch. Lerne du ihm, wie einer von uns zu werden und lerne von ihm, wie ein
Bwana zu sein. Nur so werden unsere nächsten Generationen überleben können. Die
wazungu werden unser Land nie wieder verlassen und wir werden immer mit ihnen
leben müssen.“
Eine Weile herrschte Schweigen, nur das Trällern der Vögel
war zu hören.
„Sabiha würde es verstehen, dass ich mir eine neue Frau
nehme, da sie weiß, dass sie immer in meinem Herzen wohnt. Sela ist eine nette
mwanamke. Sie arbeitet gut und sie ist nicht so fett, wie unsere anderen.“
„Nur deswegen?“
„Hapana, auch weil ich mitunter andere Bedürfnisse habe.
Ich will eine mke, die zudem mein Bett wärmt.“
„Nur dein Bett?“, grinste William.
„Bwana, deine mke wärmt nicht nur dein Bett.“
„Deine watoto?“
„Ich habe es ihnen gesagt und sie verstehen es.“
„Sie ist ja mehr eine große Schwester für sie, als eine
Mamaye.“
„Sie kann kochen, das Haus sauber halten, im Garten
arbeiten und das reicht.“
„Du hast Recht. Warum solltest du auch nun für immer
allein bleiben?“, lenkte er ein, obwohl er die Entscheidung ziemlich verrückt
fand. Es war Ndemis Sache und er war gerade glücklich, dass sich durch Eves
Rückkehr das gesamte Verhältnis nicht nur zu seinem Freund, sondern zu den
Dorfbewohnern wesentlich verbessert hatte. Es herrschte das alte, sehr
freundschaftliche Verhältnis zu alles. Dass das zum größten Teil Eves Verdienst
war, wusste er. Sie fungierte im Dorf als Lehrerin, Hebamme,
Gesprächspartnerin. Dank Eves zahlreichen Pflanzen aus Italien baute man mehr
Gemüse und Obst an. Sogar die Kinder halfen ihr begeistert, lernten so auch,
etwas über Pflanzen und deren Anbau. Es war eine schöne, sehr schöne Zeit und
er genoss die Abende mit Eve, seinen Freunden, da auch die Familien Masters,
Hansher und McGimes nun wieder häufiger erschienen.
*
A nfang Dezember des Jahres 1962 heirateten Ndemi
und Sela nach altem Kikuyu-Brauch und auch William war betrunken. Pombe vertrug
er nicht und Eves Lächeln am nächsten Morgen verstärkten nur noch seine
Kopfschmerzen.
„William, ich muss mit dir reden. Kinjija will Schneiderin
werden. Scott hat eine Lehrstelle für sie gefunden und eine kleine Wohnung.“
„Meinst du, dass sie danach einen Job findet?“
„Sie will sich selbstständig machen. Einen eigenen Laden,
eigene Mode, Stoffe entwerfen.“
„Woher weißt du das alles?“
„Sie war gestern Nachmittag da und hat es mir erzählt. Da
ihre Mutter das alles nicht will, soll ich mit Wakiuru sprechen. Können wir ihr
nicht finanziell etwas helfen?“
„Sicher. Meine kibibi kitamu muss ich unterstützen, aber
ich habe mir etwas anderes überlegt.“
Sie trank den Kaffee und legte die langen, nun wieder
braunen Beine hoch und er legte seine Hand darauf, streichelte zärtlich
darüber.
„Ich werde eine Stiftung ins Leben rufen. Wir haben genug
Geld und können damit gerade die Kinder von den ärmeren unterstützen, besonders
auch Karegas. Ich werde sie nach ihm benennen. Dann können intelligente Kinder
die höheren Schulen besuchen, studieren oder eine Ausbildung machen. Damit
haben sie später gute Chancen einen Job zu bekommen. Vielleicht
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