Weisse Haut - Schwarze Haut
bist.“
„Bitte, lass mich bis über Weihnachten hier bleiben.
Danach fahre ich wieder. Du weißt genau, dass diese Frau diese Lügen nur
erfunden hat, damit du mich wegschickst. Zwischen uns war nie etwas und
trotzdem hat sie es herumerzählt, hat behauptet, ich hätte Geld von ihr
bekommen. Nur Unwahrheiten und du weißt es. Du und unser James, ihr seid meine
Familie. Diese Zerwürfnisse, nur weil sie alles von dir will, besonders deine
Farm. Glaub mir, sie schwindelt nur, sonst hätte sie nie solche skandalösen
Behauptungen über uns beide in die Welt gesetzt. Deswegen hat mich Marvin
abgeschoben, weil er dachte, wir hätten etwas zusammen. Das habe ich nicht
verdient“, schluchzte sie.
Irgendwie tat sie ihm Leid und schließlich stimmte er
zögerlich zu, dass sie das Weihnachtsfest mit ihnen gemeinsam verbringen
könnte. Ein merkwürdig flaues Gefühl hatte er allerdings dabei.
Sie erhob sich, umarmte ihn, setzte sich auf seinen Schoß,
und als sie aus den Augenwinkel Eve erblickte, gab sie ihm noch einen Kuss.
Eve drehte sich um und hastete zur Rückseite des Hauses
und betrat es durch die Küche, warf sich oben auf das Bett und weinte.
Welch schlechte Entscheidung er damit getroffen hatte,
sollte sich erst viele Jahre später herausstellen und damit sein gesamtes
weiteres Leben bestimmen. Nicht nur seins, auch das Leben der nächsten
Generationen Shrimes.
*
D as Weihnachtsfest verlief jedoch anders, als er
das geplant hatte. Eve lag mit Bauchkrämpfen im Bett, hatte eine Fehlgeburt.
Kinjija konnte ihr nur Tee geben, den sie allerdings immer wieder erbrach.
„Man hat ihr etwas gegeben, damit sie das mtoto mchanga
verliert“, behauptet die Heilerin.
William war froh, dass Theresa da war, die sich um das
Essen und James kümmerte.
Als James und Theresa die Geschenke auspackten, war die
Stimmung bei seinem Sohn nicht die beste.
Theresa öffnete zudem die Päckchen für Eve und band die
Kette um. „Sie passt perfekt zu meinem Kleid“, stellte sie fest. „Sie braucht
die ja nicht, da kann ich sie heute tragen.“
„Was erlaubst du dir, die Geschenke meiner Frau zu
öffnen“, brüllte William, worauf Theresa heulte.
James hingegen sprang auf, riss der Frau die Kette, das
Parfüm und das Buch aus der Hand und flitzte damit nach oben.
William entschuldigte sich bei Theresa, da ihm seine
barschen Worte leid taten. Er nahm sie leicht in den Arm, da klammerte sie sich
an ihn. James, der herunterkam, sah das Paar eng umschlungen stehen.
„Ihr beide widert mich an. Habt ihr Mamaye also etwas
gegeben, damit sie das Baby verliert?“, stellte er fest. „Ihr habt meine
Schwester getötet, Ngina, Sabiha. Ihr beide seid grausam, pervers, vollkommen
verdorben, einfach abscheulich. Ich schlafe bei Karanja, damit ihr weiter
herummachen könnt. Ekelhaft!“
Schon fiel die Tür krachend zu und er sah seinen Sohn erst
im neuen Jahr wieder, da der sich weigerte, nach Hause zu kommen.
Das Jahr 63 begann daher nicht sehr schön, zumal ihm Eve
aus dem Weg ging, genauso wie ein Teil der Dorfbewohner. Viele gaben ihm die
Schuld an dem Tod von Sabiha, Ngina und seiner Tochter. Nicht dass er den Brand
gelegt habe, sondern durch sein Zaudern hatte er das Unglück geschehen lassen.
Man hatte ihn gewarnt, sogar Karega hatte es vorausgesagt, dass ein Unglück
entstehen würde. Der Bwana hatte es ignoriert und damit Unglück über sie alle
gebracht.
*
W illiam, Eve und Theresa saßen im Wohnzimmer und
lauschte der Stimme aus dem Radio.
„Für
einen wirkungsvollen Kampf gegen den Kolonialismus und für den wirtschaftlichen
Wiederaufbau nach Erreichung der Unabhängigkeit braucht man, wie nun allgemein
anerkannt wird, eine nationale Bewegung. Eine nationale Bewegung sollte die
Mobilisierung aller verfügbaren Leute im Lande für den Kampf um die
Unabhängigkeit bedeuten. Diese Mobilisierung besteht in einer Vereinfachung des
Ringens, in seiner Simplifizierung und Reduktion auf bestimmte Schlagworte und
auf eine klare Idee, die jeder verstehen kann, ohne dass man lange über
Einzelheiten der politischen Maßnahmen oder eines Regierungsprogramms für die
Zeit nach Erringung der Unabhängigkeit argumentieren müsste. Die Mobilisierung
geht von der Annahme aus, dass man zunächst die Unabhängigkeit erkämpfen und
die Macht übernehmen muss, um sein eigenes Schicksal bestimmen zu können. Das
ist das erste Ziel. Jedem wird daher einsehen, es gibt nur einen Feind die
Kolonialmacht und nur ein Ziel die Unabhängigkeit.
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