Weisse Haut - Schwarze Haut
also in der Nacht jemand da
gewesen sein. Er spähte um das Zelt herum. Der Wagen stand noch da. Er zog den
Pullover aus, da es angenehm warm wurde, und wollte gerade zum Auto gehen. Ein
glucksendes Lachen drang zu ihm und er drehte sich schnell um. Ein Junge,
kleiner und jünger als er, so vermutete er, stand an einen Baum gelehnt. Er
trug nur ein Tuch um seine Hüften geschlungen. Große schwarze Augen blickten
ihn an. William schlenderte näher, lächelte leicht. Der Junge umfasste seinen
Speer und schlenzte ihm entgegen, ebenfalls lächelnd, während er ihn
betrachtete.
„Jambo“, grüßte William und streckte seine Hand aus. „Jina
langu William. Jina lako nani?“
Der andere taxierte ihn und erst nach Sekunden, ergriff er
die Hand. „Sabalkheri Karega“ und es folgte ein Schwall Wörter, von denen er
nichts verstand. Ein erster Händedruck zwischen Schwarz und Weiß. Es sollte das
Symbol für die Shrimes-Farm werden.
„Ngoja, ninaelewa kidogo“, warf er daher schnell dazwischen.
„Wewe kahua?“
Der Junge nickte. William zündete das Holz an, stellte den
Wasserkessel auf das Gestell und holte zwei Tassen, kippte Kaffeepulver hinein.
Als er aus dem Zelt kroch, stand der andere noch an der gleichen Stelle,
schaute zu ihm hinüber. Sein Blick traf den des jungen Schwarzen, der ihn ohne
Feindseligkeit ebenso neugierig betrachtete, wie er ihn. Er hatte einen
muskulösen Oberkörper, obwohl er nicht sehr breit war. Dazu lange sehnige
Beine. Wie alt er wohl ist?
„Njoo“, winkte er ihn heran.
Der Schwarze trat näher, legte seinen Speer an die Seite
und hockte sich auf seine Fersen. Sekundenlang schauten sie sich nur an,
während sie an dem heißen Kaffee nippten. Langsam glitt ein Lächeln über das
schwarze runde Gesicht, weiße Zähne kamen zum Vorschein und er streckte seine
Hand aus. „Rafiki William!“
Der ergriff die Hand, grinste ebenfalls, „Rafiki Karega!“
Was wohl rafiki hieß, grübelte er dabei. Sicher etwas Gutes, sonst würde sein
Gegenüber anders gucken.
Sie ahnten nicht, dass sie heute eine Freundschaft
schlossen, die weitere Generationen umfassen würde, weit über den Tod hinaus.
„Ich muss heute einen Zaun aufbauen. Willst du …“
Sein Gegenüber blickte ihn breit grinsend an und er
vermutete, dass der ihn nicht verstand.
„Ninataka eh … boma für ng’ombe eh … bauen.“ Mit den
Fingern zeichnete er in den Boden einen Zaun. „Yangu shamba!“ Er deutete auf
das Land ringsherum.
Der Junge blickte sich um.
Der hält mich wahrscheinlich für verrückt, ging es
amüsiert durch Williams Kopf. Wo wohl das Dorf von ihm ist? In der Nähe? Ob sie
friedlich waren?
„Wewe Kikuyu?“
„Njoo! Nduiga.“ Karega erhob sich, griff nach dem Speer
und spazierte los.
„Ngoja“, rief der Junge nochmals, winkte ihn zu sich.
Er machte schnell das Feuer aus, stellte die beiden Becher
in das Zelt und hastete hinter dem Jungen her.
Fast eine Stunde liefen sie über die Steppe, mit Akazien,
Dornenbüschen. Die Vegetation wurde üppiger, grüner. Er erblickte durch die
Büsche den Fluss, obwohl Fluss vielleicht übertrieben war. Es war ein Nebenarm
des Ewaso Ngiro, hatte der Beamte gesagt. Er blieb stehen, zog aus seiner
Hosentasche die Zeichnung und schaute sich um. Auf der anderen Seite des Ufers
war seine Grundstücksgrenze, wenn er sich nicht verfahren hatte. Er schaute
nochmals auf den Plan und winkte Karega heran. „Huko Ewaso Ngiro?“
Der blickte auf die Karte, William an und zuckte nur mit
der Schulter.
„E-e! Uaso Ng´iro.“
Er steckte die Karte weg, folgte dem Jungen, der einen
Pfad entlang schritt, der sich durch dichteres Blattwerk schlängelte. Wo führt
er mich denn hin? Er folgte, die Neugier war groß.
Überall wisperte es, Geschrei drang aus den großen
Baumkronen über ihnen. Zikaden waren zu hören, Schmetterlinge flatterten herum
und Moskitos. Abermals folgten sie einer Kurve, tänzelten über einen schmalen
Baumstamm auf die andere Flussseite. Er beobachtet kurz Vögel mit einem schönen
roten Schnabel, die sich über den Samen von irgendwelchen Bäumen hermachten.
Sie sahen hübsch aus. Später würde er erfahren, dass es Nashornvögel waren und
die Bäume Pondo genannt wurden.
Er sah den schwarzen Jungen gerade um eine Biegung
verschwinden und rannte hinterher. Nun erblickte er durch die Blätter Hütten.
Runde Hütten mit strohgedeckten Dächern. Hühner gackerten, Ziegen meckerten,
Schafe blökten, ein Hahn krähte irgendwo. Sie folgten
Weitere Kostenlose Bücher