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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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daran hindern wollte, da sagte ich: »Wenn es sein muss, klettere ich auch noch über die Absperrung!«
    Da sahen sie ein, dass sie sich besser nicht mehr mit mir anlegten.
    Stephen lag mit dreißig bis vierzig Menschen in einem Raum. Es war heiß und stank entsetzlich. Es gab keine sauberen Betten, der Boden war verdreckt, und Essensreste klebten in kleinen rostigen Töpfen. Ich trat an Stephens Bett, er blickte mich an und ergriff meine Hand, ja, er lächelte sogar ein wenig. Er sah sehr schwach aus, und ich dachte daran, dass er sterben könnte. Der Mann, der im Bett nebenan lag, setzte sich auf und bedankte sich bei mir, dass ich Stephen die Operation ermöglicht hatte.
    So ist das in Ghana: Es bedankt sich meistens nicht unbedingt derjenige, der die Wohltat empfängt, sondern die, die dabei sind. Das Personal hier war freundlicher als jenes, mit dem ich drei Tage lang auf einem Flur um Stephens Operation verhandelt hatte. Auch die Schwestern und Pfleger kamen zu mir und bedankten sich für meine Hilfe.
    Stephen Owusu war ebenfalls für den Rest seines Lebens sehr dankbar. Vor seiner Erkrankung – die Ursache für sein schlimmes Bein war wahrscheinlich eine Tetanusinfektion – war er wohl eher ein streitsüchtiger Typ gewesen, doch nach seiner »Rettung« wurde er sehr religiös. Er hatte eine starke Konstitution, und da die Wunde noch eine Zeitlang eiterte, sorgte ich dafür, dass sie auch in meiner Abwesenheit immer gut nachbehandelt wurde und so am Ende gut verheilte.
    [Bild vergrößern]
    7. Stephen Owusu
    Durch Spendenaufrufe in Deutschland – auch meine Großmutter sammelte an ihrem Geburtstag für Stephen – konnte ich die Operation und eine Krücke finanzieren, die für ihn speziell angefertigt wurde. Später kauften wir ihm ein Fischerboot und ein Netz, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen konnte. Leider starb er 2009, doch seine Geschichte ist in Apewu für immer mit meinem Namen verbunden, und später, als ich für Madamfo Ghana unterwegs war, sollte ich noch oft darauf angesprochen werden.
    Ich glaube, spätestens jetzt begriffen die Leute, dass es mir ernst damit war, wenn ich sagte, ich wolle ihnen helfen. Dass ausgerechnet ich, eine Weiße, eine Fremde, mehr Mitgefühl mit einem der ihren hatte als sie selbst, das hat sie im Nachhinein beschämt und zum Nachdenken gebracht. Der Chief aber schmiedete, ohne dass er mir davon etwas sagte, bereits seine ganz eigenen Pläne.
     
    Wieder zurück in Deutschland, begann ich allen, die davon hören wollten, von meinen Erfahrungen in Ghana zu erzählen. Damals begann schon meine innere »Zerrissenheit« zwischen Deutschland und Ghana. Zwar freute ich mich auf meine Großeltern, auf Freunde, auf einen Schokoladeneisbecher und ein ordentliches Körnerbrot. Auch war es schön, mir mal wieder den neuesten Kinofilm und die Fernsehnachrichten ansehen zu können Ich konnte es kaum erwarten, den Menschen, die mir nahestanden, zu erzählen, was ich erlebt hatte, und überlegte mir, wen ich vielleicht um eine Spende bitten könnte. Und doch begann ich bereits wenige Tage nach meiner Ankunft in Deutschland, mich nach einem Flug zurück nach Ghana zu erkundigen.
    Ich berichtete davon, wie herzlich die Menschen dort sind und wie sehr sie von allen im Stich gelassen werden. Großvaters Freunde wollten mehr wissen, und so legte ich ihnen dar, was ich beobachtet hatte: dass die Ursachen so vieler Erkrankungen auf das Fehlen einer Grundhygiene zurückzuführen ist und dass dieses Dorf zuallererst eine vernünftige Toilettenanlage benötigte.
    Einer erzählte es dem anderen weiter, und so erhielt ich immer mehr Einladungen, um in Schulen, Vereinen, Stiftungen usw. über die Situation in Ghana zu berichten. Ich zeigte Fotos, erzählte von den bewegenden Begegnungen und Erlebnissen, und der Funke sprang immer über. Ich habe wohl die Gabe, die Menschen auf eine Reise nach Ghana mitzunehmen, wenn ich ihnen von meinen Projekten vor Ort erzähle.
    Vor oder nach meinem Dienst im Krankenhaus wie auch in meiner Freizeit war ich schließlich fast ständig auf Achse. Ich führte unglaublich viele Gespräche, sprach bei Unternehmen und Behörden vor, recherchierte alle Möglichkeiten, wie und wo ich ein wenig Geld für die Projekte in Apewu beantragen könnte.
    So kam nach und nach eines zum anderen. Die gewonnenen Sponsoren durfte ich als Referenzen erwähnen, und so manch einer dachte, wenn die Firma Soundso oder die Einrichtung XY diese Projekte bereits unterstützt hat,

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