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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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vielen anderen. Wie eine Sardine in ihrer Büchse rang ich nach Atem. Ein
Trotro
ist ein alter VW -Bus oder Mercedes-Transporter mit einer Kapazität von 6 bis 8 Passagieren bei uns in Deutschland. In Ghana jedoch quetschen wir uns locker mit dreißig anderen hinein.
    Ganz vorne saß unser oberster Stammeshäuptling, wie sich das gehört, und neben ihm der älteste aus dem Ältestenrat, ein kleines, verhutzeltes Männlein mit nur noch einem einzigen Zahn im Mund und zauberhaften Falten im Gesicht. Und spätestens, als sich noch weitere zwanzig Menschen in den Bus gezwängt hatten, da merkte unser
Chief
, dass
Nana
da ganz hinten eingepfercht war und dass das eigentlich nicht ging. Also kletterte er vom Sitz des
Trotro
-Beifahrers, den er sich mit dem Dorfältesten geteilt hatte, und zwängte sich zu mir nach hinten durch und bestand darauf, mit mir zu tauschen, was mir gar nicht recht war. Den in Afrika üblichen Respekt vor älteren Menschen schätze ich sehr und teile ihn, also gab ich nach. Und nun durfte ich bequem ganz vorne sitzen, während unser
Chief
, der sein Leben lang so viel im Busch geleistet hat, sich hinten platt drücken lassen musste. Aber da war leider nichts zu machen, die Türen wurden geschlossen, und mit großem Hallo tuckerten wir los.
    Während der gesamten Fahrt hatten wir den allergrößten Spaß: Wir sangen und lachten, und ehe ich mich versah, waren wir in Morontuo angekommen. Hier musste alles aussteigen und den steilen Pfad ins Dorf zu Fuß hinuntergehen.
    Mir war unsagbar heiß, und ich konnte es kaum erwarten, aus dem
Trotro
rauszukommen. Doch auf einmal wurde genau dies zum Problem. Denn zwischen mir und der Tür saß der Stammesälteste, und der grinste mich unentwegt mit seinem einen Zahn an und machte keinerlei Anstalten, die Tür zu öffnen. Was nun?
    Ich wusste, im Zusammenhang mit diesen Würdenträgern muss man eine Menge Regeln beachten, die ich damals noch gar nicht alle kannte. Zum Beispiel hatte mir Emmanuel erklärt, dass man diese älteren Herren nicht einfach so anfassen darf. Also machte ich einen besonders langen Arm, langte an ihm vorbei und öffnete schon mal die Tür. Es war unglaublich heiß, und ich hatte mein neues Beerdigungsgewand schon mehrmals komplett durchgeschwitzt. Ich wollte endlich raus aus dieser Blechbüchse, doch der Stammesälteste rührte sich nicht vom Fleck, und langsam dämmerte mir auch, warum. Der Ärmste war einfach viel zu klein. Von seinem Sitz hoch oben neben dem Fahrer bis hinunter auf die Erde war es ein guter Meter Abstand, und das schaffte das Männchen, das wie ich in viele Gewänder gewickelt war, nicht allein. Jedenfalls nicht mit Würde. An den Füßen trug er diese wunderhübschen, aber ziemlich unpraktischen schwarz-weißen Zehensandalen mit dicken Knubbeln, und schon allein damit konnte unser Stammesältester einfach nicht ohne fremde Hilfe aussteigen. Doch die war nicht in Sicht, alle anderen waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich aus dem Trotro herauszuschälen und die eingeschlafenen Gliedmaßen wieder zum Leben zu erwecken.
    Aber ich wäre einfach nicht ich, wäre ich einfach so sitzen geblieben und hätte gewartet, bis uns jemand hilft. So ergriff ich die Initiative und quetschte mich ganz vorsichtig an meinem würdigen Nachbarn vorbei und sprang schließlich erleichtert aus dem Kleinbus. Der Stammesälteste aber saß immer noch da oben auf seinem Sitz wie ein Äffchen auf seinem Ast, und außer mir bemerkte niemand sein Dilemma. Ich konnte ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Ich wollte ihm helfen. Aber wie? Fieberhaft überlegte ich, welche Vorschriften es wohl gab, wie sich eine Nana einem Stammesältesten gegenüber zu verhalten hat, ohne seine Würde zu beschädigen.
    Aber irgendwann konnte ich nicht mehr anders: Ich packte das schmächtige Männlein rechts und links unter den Achseln, hob ihn aus dem Auto und stellte ihn behutsam auf die Erde. Das war weiter nicht schwierig, denn der Gute wog vielleicht zwanzig, fünfundzwanzig Kilo. Da stand er nun und starrte zu mir hoch. Ach herrje, dachte ich, jetzt ist es passiert. Jetzt hast du dich als Queen Mother komplett gegen die Etikette verhalten. Möglicherweise erntest du jetzt eine saftige Ohrfeige. Oder es gibt eine Stammesfehde. Der kleine alte Mann war vollkommen verblüfft. Offenbar war ihm so etwas noch nie passiert. Ich konnte richtig sehen, wie es hinter seiner Stirn ratterte, als versuche auch er, diese ungewöhnliche Situation irgendwie in

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