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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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Zeremonie empfand ich trotz aller Aufgeregtheit ob des neuen Amtes und der damit verbundenen Verpflichtungen doch auch eine gewisse Ruhe, ja, das Gefühl endlich dort angekommen zu sein, wo ich hingehörte. Danach brachte mir ein junges Mädchen den Stuhl, der die Königinnenwürde darstellt, und nachdem ich mich nach einem strengen Ritual dreimal auf ihn gesetzt hatte, war ich die Queen Mother von Apewu. Ein unbeschreiblicher Jubel brach aus, und auf dem Stuhl sitzend wurde ich durch das ganze Dorf getragen. Meine Güte, dachte ich, das ist ja alles schön und gut, und es ist wunderbar, dass sich alle so freuen, aber müssen sie mich deswegen gleich durchs ganze Dorf tragen? Es war mir sehr peinlich, aber so ist es nun mal Brauch.
    [Bild vergrößern]
    9. Emmanuel und Nana Enimkorkor
    Es war ein wunderbarer Tag, ein Tag, den ich niemals vergessen werde. Damals knüpfte der Chief Odikro ein unauflösliches Band zwischen seinen Leuten und mir. Die Menschen von Apewu nahmen mich nicht nur auf als eine der ihren, sondern sie machten mich quasi zu »ihrer aller Mutter«. Indem ich die Königinnenwürde annahm, zeigte ich, dass ich ihre Art zu leben respektiere und schätze. Gleichzeitig wusste ich, dass ich diese neue Aufgabe als Europäerin in Afrika nicht nur gut ausfüllen musste, sondern ausgezeichnet. Mir war klar: Will ich hier wirklich etwas verändern, dann muss ich bis ins letzte Detail begreifen, wie die Menschen hier denken und fühlen. Und diese Sache mit dem Chief und der Königin, das gehört in Ghana einfach dazu. Es macht auch unheimlich viel Spaß, wir feiern und lachen miteinander, und das immense Vertrauen, das mir die Menschen entgegenbringen, nehme ich sehr ernst. Dass mein Rat ein derart großes Gewicht hat, macht mich auf gewisse Weise stolz und glücklich.
    Als besonders beglückend empfinde ich es, wie herzlich sie mich in ihrer Mitte aufgenommen haben. Das wurde mir so richtig bewusst, als unser gesamter Stamm einmal zu einer Beerdigung eingeladen war.
    Bei dieser Gelegenheit lernte ich, dass Beerdigungen in Ghana eine ganz große Sache sind. Eine Beerdigung in Ghana ist wie bei uns Ostern, Weihnachten und Geburtstag auf einmal. Die Ghanaer lieben Beerdigungen, ganz besonders die Aschanti. Die Festivitäten dauern von Donnerstag bis Montag, es gibt umsonst zu essen und zu trinken, und natürlich lässt man sich auf jeden Fall blicken.
    Damals, 2003, kurz nach meiner Inthronisierung als Nana, war die Mutter unseres Dorfpastors verschieden, und der lud die Menschen von Apewu in seine Heimatstadt ein. Für mich ließ er extra ein Gewand nähen aus schwarz-weiß gemusterten Trauerstoffen, denn so etwas hatte ich damals noch nicht. Also wurden meine Maße genommen und ein Kleid für mich geschneidert. Für den gesamten Stamm mietete der Pastor zwei Trotros, und ich kann es heute noch nicht glauben, dass es uns gelang, die Bewohner von halb Apewu dort hineinzuquetschen. Bester Laune begaben wir uns also auf eine Art Stammes-Ausflug in Richtung Kumasi.
    Die Mutter unseres Dorfpastors war offenbar eine äußerst angesehene Frau gewesen, denn bei der Beerdigung trafen wir unglaublich viele Menschen an. Es war wie eine Art Volksfest, und ich als einzige Weiße und noch dazu als Nana wurde wie eine Sensation überall herumgezeigt, so dass ich irgendwann zu Emmanuel sagte: »Oh Emma, ich komme mir vor wie im Zoo.« Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, aber es kann auch heute noch mitunter sehr anstrengend sein, wirklich allen Anwesenden die Hand zu schütteln. Als Weiße Nana stehe ich immer und überall im Mittelpunkt, so sehr, dass ich manchmal nicht mal allein aufs Klo gehen kann.
    Ich weiß nicht mehr, wie vielen Menschen ich die Hand schüttelte, bis sich der Tag seinem Ende zuneigte und wir irgendwann wieder zurückmussten. Und nun begann wieder dieses Trotro-Ritual, das ich so oft schon erlebt habe. Denn die Minuten vor der Abfahrt eines Trotros entwickeln immer eine ganz bestimmte Eigendynamik. Zunächst hat in Ghana jeder unheimlich viel Zeit. Alle stehen um das Trotro herum, keiner will unnötig lange in dieser heißen Blechkiste sitzen und womöglich ewig warten, bis alle anderen sich entschließen, ebenfalls einzusteigen. Also immer alles schön mit der Ruhe. Bis dann auf einmal, wie auf ein verborgenes Zeichen hin, alle gleichzeitig hineindrängeln.
    In diesem Fall waren wir schlichtweg zu viele Menschen für diese zwei Trotros, und am Ende landete ich ganz hinten, eingequetscht zwischen

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