Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
mir an, ein Fernsehteam mit nach Ghana zu schicken und meine Arbeit in der Sendung eines der bekanntesten deutschen Moderatoren vorzustellen.
Natürlich wäre es schön gewesen, zu zeigen, wie erfolgreich meine bereits laufenden Projekte waren. Dennoch war für mich von Anfang an klar: Dieses Fernsehteam bringe ich an den Voltasee. Denn mir war bewusst, welch riesige Chance das für dieses komplizierte Projekt bedeutete. Je mehr Menschen davon erfuhren, desto besser, und diese Sendungen haben hervorragende Einschaltquoten. Auf diese Weise würde eine große Öffentlichkeit auf das Problem mit den Kindersklaven aufmerksam. Könnten die Menschen erst einmal mit eigenen Augen sehen, was dort mit den Kindern geschieht, wäre die Bereitschaft, für sie zu spenden, sicherlich größer. Denn ich hatte natürlich längst begriffen, dass es weitaus schwerer ist, dieses Projekt jemandem in Deutschland verständlich zu machen. Im Gegensatz zu meinen übrigen Projekten war dies eben erklärungsbedürftiger, denn auf dem Weg, die Kinder tatsächlich befreien zu können, waren noch so viele begleitende Maßnahmen nötig. Wie sich herausstellen sollte, war es genau das Richtige, mit dem Fernsehteam an den Voltasee zu fahren.
Selbstverständlich hatte ich bereits versucht, die Presse in Deutschland zu mobilisieren. So gab es schon vorher kleinere Medienberichte in verschiedenen Zeitungen und Sendern über unser Thema Kinderhandel am Voltasee.
Mit einem Fernsehteam durch Afrika zu reisen, ist immer wieder eine neue Herausforderung. Mir allerdings macht es riesigen Spaß, und vor allem mit diesem Team verstand ich mich ganz besonders gut. Mir imponierte die Professionalität, mit der der Redakteur, Ton- und Kameramann auch unter den schwierigsten klimatischen Bedingungen arbeiteten. Ich sprach mit ihnen meine Pläne durch, und sie waren Feuer und Flamme.
»Kindersklaven? Das gibt es wirklich heute noch?«, wollte der Redakteur der Truppe konsterniert wissen.
»Du wirst es sehen«, sagte ich. »Und dann weißt du, wovon ich spreche.«
So kam es, dass das dreiköpfige Team nach einigen Vorgesprächen in Deutschland im September 2009 nach Ghana reiste.
Wir fuhren nach Ho und machten Filmaufnahmen mit den Leprakranken. Die Dreharbeiten waren eine sehr traurige Angelegenheit, und die Schicksale dieser Menschen bewegten selbst solche Profis wie das uns begleitende Fernsehteam. Ich zeigte ihnen eines der Dörfer, in dem die Leprakranken verstoßen vor sich hin vegetierten, und dabei fand ich eine alte Frau, die von Schmerzen am ganzen Körper geschüttelt wurde. Sie lag auf dem Boden eines Verschlages, der als Lagerraum genutzt wurde, ohne Matratze, ohne Decke, ohne Nahrung. Ich spendete ihr Trost und versuchte ihr die Schmerzen zu nehmen. Dann sprach ich mit Stanley und Joycelyn. Ich schlug vor, dass diese Frau eine der ersten sein sollte, die in ein fertiges Häuschen der Cured Lepers Foundation ziehen durfte. Die beiden stimmten sofort zu. Doch so schlecht es ihnen auch geht, die Lepraleute haben bereitwillig kleine Szenen für die Kamera wiederholt. Sie waren unendlich stolz, mit uns ins deutsche Fernsehen zu kommen. Ich habe ihnen erklärt, dass ich ihre Situation den Menschen in Deutschland anhand von Bildern am besten darstellen kann.
Und dann fuhren wir an den See. Ich hatte dem Fernsehteam vorher erklärt, dass wir dort vielleicht nicht so willkommen sein würden wie in Apewu oder in Ho. Noch immer bewegten sich die Fischer in der Illegalität, und ich rechnete damit, dass eine Fernsehkamera nicht gerade willkommen sein würde.
»Umso wichtiger ist es für unser Projekt, möglichst viel von den Problemen zu zeigen«, meinte ich, »damit sich die Fernsehzuschauer in Deutschland ein Bild von der Situation machen können.«
Das musste ich diesen Profis nicht lange erklären. Und dann bekamen wir etwas vor die Kameralinse, etwas, womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten.
Es gab und gibt unter den Fischern einige, die mit uns kooperieren. Manche von ihnen haben ihre Kindersklaven bereits freigelassen. Ihnen liegt viel daran, das gesamte Dorf aus der Illegalität zu holen. Sie haben verstanden, dass sie mit der Aquakultur ein weit besseres Leben führen werden, auf die fremden Kinder verzichten und ihren eigenen eine Perspektive für die Zukunft bieten können. Diese Männer waren in einer schwierigen Situation. Zum einen galten sie als Meinungsführer, und viele aus dem Dorf nahmen ihre Ansichten ernst. Daneben gab es
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