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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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Anfang gesagt, damals, an dem Morgen, als ich sie bat, so schnell wie möglich zu uns zu stoßen. Ich sagte: »Joycelyn, du hast es selbst gesagt, es kann durchaus gefährlich werden. Du musst eines wissen: Wenn ich etwas tue, dann richtig. Ich gebe mich nicht mit halben Sachen zufrieden. Und nach allem, was du erzählt hast, wird das kein Spaziergang.«
    Und Joycelyn sagte: »Keine weiß das besser als ich. Ich bin dabei.«
     
    Dieses Projekt ging ich so professionell an, wie es nur möglich war. Ich wusste, dass es weit schwieriger sein würde, die ganze Sache Sponsoren zu vermitteln, als jedes andere Projekt. Wollte ich die Kinder aus ihrer Situation befreien, musste ich zunächst andere Parameter bedenken. Und so filterten wir nach und nach verschiedene Zielgruppen heraus, denen wir helfen mussten, um am Ende unser Ziel, die Befreiung der Kinder, zu erreichen.
    Zunächst einmal mussten wir das Dorf an sich für uns gewinnen, das Vertrauen der Menschen erringen. Dies war möglich, wenn wir halfen, die Situation der Dorfgemeinschaft insgesamt zu verbessern. Sahen die Menschen erst einmal mit eigenen Augen, dass wir ihnen etwas Gutes brachten, dann hoffte ich, mit ihnen auch über andere Themen reden zu können.
    Wie immer gibt es in allen Dörfern ein paar Aufgeschlossene, auf die die anderen hören, und an die wandten wir uns. Wir fragten sie, was ihr Dorf am dringendsten brauchen könnte.
    Die einen wünschten sich Elektrizität, die anderen wollten, dass wir ihnen eine Straße bauten, wieder andere verlangten einen Lastwagen, damit sie ihre Fische zum Markt nach Ho bringen konnten. Manche hofften, dass wir ihnen ein Krankenhaus bauten. Ich wartete gespannt, doch eine Schule war nicht unter den Wünschen.
    »Wie wäre es zunächst einmal mit sauberem Trinkwasser?«, schlugen wir vor. »Oder mit einer Toilettenanlage?« Emmanuel erklärte geduldig den Zusammenhang von Hygiene und Krankheit, von sauberem Trinkwasser und der Gesundheit der Einwohner. Wochenlange Gespräche folgten. Ein ganz normaler Vorgang, wie ich ihn oft erlebt hatte. Neu war, dass man hier in einer Sitzung das eine beschloss und in der nächsten etwas vollkommen anderes verhandelt wurde. Wir lernten, dass diese Menschen am Voltasee ein weit geringeres Vorstellungsvermögen besaßen, dass es ihnen Mühe machte, länger als zwei Wochen im Voraus in die Zukunft zu planen, und dass die Dorfstrukturen schwerer nachzuvollziehen waren als in den gewachsenen Dörfern in der Aschantiregion oder in Brong Ahafo. Außerdem gab es in den Dörfern unterschiedliche Gruppierungen mit verschiedenartigen Interessen, und dies erleichterte die Meinungsfindung nicht gerade. Mit anderen Worten: Emmanuel diskutierte und diskutierte, und manchmal hatten wir das Gefühl, dass es keinen Schritt voranging. Was natürlich falsch war. Vielleicht ging es drei Schritte voran und zweieinhalb zurück, doch immerhin bewegte sich die ganze Sache, wenn auch langsam.
    Und dennoch hatten wir nach einer Weile einige Verbündete in den Dörfern gefunden, die eingesehen hatten, dass das System der Kindersklaven schlecht war, und diese hielten nach einer Möglichkeit Ausschau, straffrei aus diesem Zustand der Illegalität auszusteigen. Nachdem wir über Wochen immer wieder zu ihnen gekommen waren und nicht ein einziges Mal in Begleitung der Polizei gewesen waren, erkannten die Menschen, dass wir es ernst meinten und ihnen wirklich eine echte Chance boten. Doch noch immer war die große Frage: Wie können die Fischer ihre Arbeit ohne die Kindersklaven bewältigen? Wie würde es ihnen möglich sein, genügend Fisch zu fangen, um ihre Familien zu ernähren? Und wir begriffen: Die Fischer, also auf den ersten Blick unsere Gegner, waren nach den Dorfgemeinschaften als Ganzes unsere zweite und vielleicht wichtigste Zielgruppe. Nur wenn es uns gelang, ihnen eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie sie ohne die Kinder ihren Lebensstandard halten oder sogar noch verbessern konnten, würden wir langfristig Erfolg haben. Denn natürlich könnten wir mit der Polizei dort einfallen und alle Kinder herausholen. Nur wäre damit nicht viel gewonnen. Das aufgebaute Vertrauen wäre dahin, und bei der nächsten Gelegenheit würden die Fischer sich neue Kinder kaufen.
    Die dritte Zielgruppe, um die wir uns kümmern mussten, waren die Eltern der Kinder, die sich aus wirtschaftlicher Not heraus dazu gezwungen fühlten, ihre Kinder an die Fischer als Arbeitssklaven zu verkaufen. Doch diese Zielgruppe barg ihre

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