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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Landgrafe
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alle um. Denn diese Leute sind Menschenhändler und haben keine großen Skrupel.
    Emmanuel erklärte weiter, dass wir ihnen helfen wollten und dass uns bewusst wäre, wie sehr im Dorf alles im Argen liegt, aber auch die Fischer müssten sich an bestimmte Regeln halten. Das, was mit Daniel an diesem Tag passiert war, das könnten wir nicht hinnehmen.
    Ich meinerseits machte ihnen klar, dass sie sich in mir nicht täuschen durften. Auch wenn ich ihnen mit meiner weißen Haut und dem langen blonden Haar wie eine Erscheinung vorkomme, so könne ich auch äußerst ungemütlich werden.
    »Wir wollen mit euch kooperieren, wir wollen euch helfen. Aber zu einer Zusammenarbeit gehören zwei Seiten, nicht nur eine. Ich kann euch Sponsoren aus Deutschland bringen, die gemeinsam mit euch wenigstens einen Teil eurer Probleme lösen können. Aber wenn ich die hierherbringe und sie sehen, wie ihr hier die Kinder misshandelt, dann gehen sie weg und nehmen ihr Geld wieder mit. Es liegt an euch, ob sich an eurer Situation etwas ändert oder nicht. Ihr müsst bereit sein, gewisse Bedingungen zu erfüllen. Wer ein kleines Kind schlägt, der hat es nicht verdient, dass wir ihm helfen. Und wenn ich so etwas noch einmal erlebe, dann komme ich mit dem Militär und mache das gesamte Dorf platt. Und ihr, ihr kommt alle ins Gefängnis.«
    Im Nachhinein denke ich, dass es genau richtig war, wie alles kam. Auf diese Weise haben sie begriffen, dass ich nicht nur eine bin, die ihnen Wohltaten aufdrängen will, sondern genau weiß, was ich tue und was ich will. Dass ein misshandeltes Kind eine solche Wirkung auf mich hatte, das zeigte ihnen, wie hoch der Wert dieser Kinder für mich ist. Dass sie für mich mehr sind als billige Arbeitskräfte, die man sich für 25 Cedi im Jahr kaufen kann und dann mit ihnen tun und lassen, was man will. Sie konnten mit eigenen Augen sehen, wie wütend ich werden kann und wie hoch ich die Würde und die Unversehrtheit eines mir bis dahin völlig unbekannten Kindes schätze.
    Zu Roland sagte ich: »Du bist das Gesetz. Wenn es nach mir ginge, dann würde ich Daniel und auch King sofort mitnehmen. Was ist deine Meinung?«
    Roland schlug vor, nach den Gesetzen vorzugehen und die Care Order, also die Vormundschaft, bei Gericht zu beantragen.
    »Das ist Strafe genug. Wenn wir jetzt mehr Druck ausüben, dann riskieren wir, dass die anderen Fischer auch nicht mehr mit uns reden. Sie könnten dann mit Recht sagen: Seht ihr, ihr haltet euch ja auch nicht an euer Wort. Wer weiß, wann ihr das nächste Mal kommt und uns einfach die Kinder wegnehmt. Und dann können wir allen anderen Kindern hier nicht mehr helfen.«
    Natürlich hatte er recht. Wir suchten ja nach einem gemeinsamen Weg mit den Fischern, damit sie die Kinder freiwillig gehen lassen würden, auch wenn wir sie mit Hilfe des Gerichts, so wie wir es jetzt mit Daniel und King vorhatten, aus dem Dorf holen konnten. Außerdem war es sicher keine gute Idee, wenn gerade wir uns selbst nicht an die Gesetze hielten.
    Das sah ich ein. Roland beantragte also die Care Order für Daniel und King, und das ganze Prozedere dauerte noch fast sechs Wochen. Für mich war es fürchterlich, die beiden Kinder noch so lange in diesem Dorf zu lassen.
    Seit diesem Vorfall verhielten sich die Fischer aber tatsächlich viel besser. Die Klügeren hatten begriffen, dass das, was wir bringen wollten, ein echtes Geschenk für das Dorf sein würde, und darum kontrollierten sie die anderen und passten auf, dass alle die Kinder anständig behandelten. Schon allein die Tatsache, dass einer von ihnen Daniel, kurz nachdem er geprügelt worden war, zu mir gebracht hatten, zeigte ja, dass sie damit nicht einverstanden waren.
    Es war sein großes Glück, dass mir Daniels Master damals nicht unter die Augen kam. Ich glaube, ich hätte ihn mit dem Regenschirm verprügelt. Denn dies war wirklich ein Moment, an dem ich am Ende meiner Nerven angekommen war. Das Schicksal dieser Kinder geht mir derart zu Herzen, dass ich nur schwer meine Emotionen kontrollieren konnte. Natürlich ist es mir gelungen, genau das gehört auch zu der Art von Zielstrebigkeit, die mir eigen ist. Ich war unendlich aufgewühlt und wütend, und dennoch wusste ein anderer Teil in mir, dass ich jetzt Ruhe bewahren musste, wollte ich nicht das gesamte Projekt um Monate zurückwerfen oder gar ganz gefährden.
     
    Also warteten wir ab, bis die Care Order ausgestellt war. Als es so weit war, holten Roland und Joycelyn die beiden Jungen aus

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