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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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Geheimnis ist, dass man zuerst in die leere Kanne ein bisschen heißes Wasser schütten und es kreisen lassen muss, um sie zu erwärmen.«
    Mairi starrte sie an. »Tatsächlich?« Aber der Tee oder Miss F. interessierten sie eigentlich weniger. »Und woher kommen Sie, Miss Harte? Ich vermute, Sie sind in der Nähe von London zu Hause, stimmt’s?«
    »Ich, äh ...«
    Eleanor blieb eine Antwort erspart, denn Mairi ergriff plötzlich ihre beiden Händen und betrachtete sie im Mondlicht. »Na ja, wo immer Sie auch herkommen, Sie haben nicht viel gearbeitet dort, das ist mal sicher. Kein bisschen raue Haut an diesen Händen. So glatte, reine Hände hab ich bis jetzt nur bei Lady Georgiana gesehen, das war die Frau vom Laird. Bei Ihrer vornehmen Aussprache und den hübschen Händen vermute ich fast, Sie sind von ähnlich edler Herkunft.« Sie blinzelte Eleanor an. »Aber was bringt ’ne so feine Lady dazu, sich Arbeit in ’nem so gottverlassenen Winkel zu suchen?«
    Der fragende Blick der Frau erfasste mehr, als Eleanor preisgeben wollte. Sie zog rasch ihre Hände zurück und griff nach der Teetasse. »Meine Mutter hat immer darauf bestanden, dass ich Handschuhe trage, als ich noch ein Kind war. Das war für sie sehr wichtig.«
    Mairi nickte bedächtig und verständnisvoll. Sie wollte nicht weiter in Eleanor dringen und sagte stattdessen: »Na ja, ’s war ganz schön mutig, bis hierher nach Terlay durchzubrennen, um Ihrem Verehrer zu entkommen, aber ich bin ehrlich froh darüber. Miss Juliana braucht jemanden, das arme verlorene Ding, ’s ist gut, dass Sie da sind. Sie ist so allein ohne ihre liebe Mutter. Und was für eine Freude es wäre, endlich wieder Kinderlachen in diesem leeren Gemäuer zu hören.«
    Eleanor war überrascht. Sie hatte angenommen, dass Juliana von Geburt an stumm war. »Soll das heißen, Juliana konnte früher sprechen?«
    »O ja, Kindchen. Sie kam jeden Tag hierher in die Küche und hat stundenlang geplappert und mir beim Backen zugesehen. Manchmal hat sie mir geholfen, Teig auszurollen, und mir Löcher in den Bauch gefragt - sie war neugierig wie ein kleines Kätzchen. Aber sie spricht nicht mehr, seit ihre Mutter nicht mehr ist. Kein einziges Wort.« Mairi schüttelte bekümmert den Kopf und trank von ihrem Tee. Eleanor sah sie gespannt an. »Mairi, wann ist Lady Dunevin gestorben?«
    Mairi seufzte traurig, »’s ist jetzt drei Jahre her, und ehe Sie fragen, was passiert ist, sag ich Ihnen, dass das kein Mensch weiß. Sie ist bei einem Spaziergang auf der Insel einfach verschwunden und wurde nie wieder gesehen. Ob’s ein schrecklicher Unfall war oder ob Lady Dunevin sich auf und davon gemacht hat, um ein eigenes Leben zu führen, kann niemand sagen.« Sie schwieg eine kleine Weile. »Niemand außer Miss Juliana, aber die will ja nicht reden.«
    »Juliana weiß, was mit Lady Dunevin geschehen ist?«
    »Wir können da nicht ganz sicher sein, aber sie war mit ihrer Mutter unterwegs, als sie verschwand.«
    Eleanor erinnerte sich an die Worte von Mrs Maclver, der Wirtsfrau aus Oban. Der Vater hat seiner süßen Tochter die Stimme geraubt, um zu verhindern, dass sie die Wahrheit über seine teuflischen Taten verrät ...
    »Kann es möglich sein, dass Juliana Angst hat zu reden?«
    Mairi wusste sofort, was Eleanor meinte. Sie schüttelte entschieden den Kopf. »O Kindchen, glauben Sie bloß nicht das dumme Zeug, das die Festländer behaupten. Die erzählen überall rum, dass der Laird seine Lady umgebracht hat. So ein Unsinn. Der Laird war am Boden zerstört, genau wie Miss Juliana. Die beiden sind seither nicht mehr dieselben.« Mairi trank ihren Tee aus und stellte die Tasse mit einem energischen Nicken ab. »Aber jetzt sind Sie auf die Insel gekommen, um alles wieder zu richten.« Sie sah Eleanor in die Augen. »Ich spüre es in meinen Knochen -Sie sind diejenige, die Miss Julianas Herz heilen kann.«
    »Ich? Aber ich bin ihre Gouvernante und wahrscheinlich nur vorübergehend hier. Sie schaut mich nicht einmal an, wenn ich mit ihr rede. Ich frage mich, ob sie mich überhaupt hört.«
    Mairi lächelte. »O ja, sie hört Sie, Kindchen. Ganz bestimmt. Das Kind hört alles. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber Miss Juliana ist hellwach, aber irgendwie ganz verloren hinter ihrem Schweigen. Ich hab’s gesehen, in ihren Augen. Es ist da, aber sie strengt sich mächtig an, es zu verbergen. Sie braucht nur jemanden, der ihr die Worte entlockt, Miss. Und Sie sind genau die Richtige dafür.«
    »Aber

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