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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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aus dem warmen Wasser auf den kalten Steinboden trat, und vertrieb die restliche Müdigkeit. Sie merkte rasch, dass sie die dünnen modischen Seiden- und Musselinkleider, aus denen ihre gesamte Garderobe bestand, hier kaum gegen die Kälte schützen würden.
    Ihre Finger kribbelten schon jetzt, als sie die zahllosen kleinen Knöpfe ihres fliederfarbenen Tageskleides zumachte. Zum Glück hatte es lange
    Ärmel. Trotzdem würde sie sich ein paar Kleider aus Wolle anschaffen müssen. Mairi borgte ihr ein paar von ihren Wollstrümpfen und einen dicken Tartan-Schal, der sie warm halten würde.
    Nach dem Frühstück, das aus Tee, Gerstenmehlkuchen und Mairis heißem Porridge mit frischer Sahne bestand, zogen sich Eleanor und Juliana ins Schulzimmer zurück. Dort oben brannte ein warmes Feuer, und sie stellten einen Kessel mit siedendem Tee auf den Rost des Kamins, damit sie immer etwas Heißes zu trinken hatten. Eleanor hatte Fergus gebeten, seiner Lordschaft ihre Einladung ins Schulzimmer zu übermitteln und ihm zu sagen, dass sie gern den Lehrplan mit ihm besprechen würde. Aber Lord Dunevin schien keine Neigung zu verspüren, sich zu ihnen zu gesellen, denn Stunden später hatte er sich immer noch nicht blicken lassen.
    Eleanor verbrachte einen Großteil des Vormittags damit, die Bücher, Karten und anderes Material zu sortieren, das sie im Schulzimmer fand. Sie machte sich auf einem Pergament, das sie in der Schreibtischschublade fand, Notizen. Juliana saß die ganze Zeit auf der Fensterbank wie am Tag zuvor und sah zu, wie der Regen aufs Meer niederging und sich die Sonne durch die Herbstwolken kämpfte.
    Außer ihrem Aufstampfen am frühen Morgen hatte Juliana keine weitere Anstrengung unternommen, sich verständlich zu machen. Sie hatte schweigend gefrühstückt, während Mairi bei einer Tasse Tee mit Eleanor plauderte.
    Eleanor hatte ein Buch mit Geschichten auf den
    Tisch gelegt, in der Hoffnung, so herauszufinden, was Juliana mochte, aber das Kind hatte es kaum zur Kenntnis genommen, und es lag noch unberührt an Ort und Stelle.
    Als Eleanor die Bücher wieder im Regal deponierte, kam ihr eine Idee. Sie holte eine Kiste mit kleinen Kacheln, auf die Buchstaben gemalt waren, und brachte sie zum Tisch in die Nähe von Julianas Platz. Dann setzte sie sich auf einen der beiden Stühle und legte die Elfenbeinkacheln mit den Buchstaben nach oben auf dem Tisch aus. Als sie damit fertig war, war fast der ganze Tisch bedeckt.
    Eleanor drehte sich zu ihrem schweigenden Schützling um.
    »Juliana, ich hab heute Morgen diese Kacheln gefunden und dachte, wir könnten ein kleines Spiel spielen ...«
    Sie hätte genau so gut in einem anderen Zimmer oder sogar auf einem anderen Planeten sein können, so wenig Beachtung schenkte ihr Juliana. Ohne das leiseste Anzeichen, ob sie Eleanor verstanden hatte, blieb die Kleine mit angezogenen Beinen auf der Bank sitzen und sah, ohne etwas um sich herum zu bemerken, zum Horizont.
    Eleanor überlegte, wieso das Meer die Aufmerksamkeit des Kindes so magisch anzog.
    »Bitte, Juliana. Ich würde dir so gern etwas beibringen, aber das kann ich nicht, wenn du nicht mitmachst.«
    Eleanor zog mutlos die Augenbrauen zusammen, als Juliana sich immer noch nicht rührte. Aber sie würde nicht aufhören, sich um dieses
    Kind zu bemühen - sie würde es nicht im Stich lassen wie alle anderen.
    Sie versuchte es noch einmal. »Ich weiß nicht, wie deine anderen Gouvernanten waren, Juliana, aber ich verspreche dir, dass ich dir nur helfen will. Aber du musst zulassen, dass ich dir helfe, möchtest du das?«
    Es verging eine kleine Weile, bevor Eleanors Worte zu ihr durchdrangen - Juliana drehte sich langsam um und sah ihre Gouvernante an. Ihr Gesicht sagte mehr als tausend Worte. Ihre dunklen Augen waren groß und voller Hoffnung.
    Dieses kleine Mädchen wollte gerettet werden. Aber wovor?
    Eleanor war fest entschlossen, das herauszufinden.
    Sie deutete auf den zweiten Stuhl ihr gegenüber. »Möchtest du dich für ein Weilchen zu mir setzen?«
    Juliana rutschte von der Fensterbank und näherte sich zaghaft dem Tisch. Sie setzte sich auf den Stuhl und ließ den Blick über die Buchstabenkacheln schweifen, bevor sie Eleanor erwartungsvoll ansah.
    Eleanor lächelte. Ein Hoffnungsfunke flammte in ihr auf. »Ich möchte, dass du eines weißt: Ich werde nie versuchen, dich zum Sprechen zu bringen. Wenn du nicht willst, brauchst du nie ein Wort zu sagen. Aber wenn es irgendetwas gibt, was du mir mitteilen willst

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