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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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aus einem mit Stroh gedeckten Cottage und einem »Unterstand« für Schafe und Ziegen. Das Material, aus dem die Cottages gebaut waren, stammte von der Insel: Steine in allen Größen und Formen bildeten die Mauern, die Böden bestanden nur aus festgestampfter Erde und die Dächer waren mit dicken Strohschichten gedeckt.
    Einige hatten einen Schornstein - oder lum-, durch den der Rauch des ständig brennenden Torffeuers abzog. Bei anderen Häusern entwich der Rauch durch die Ritzen der Strohdächer und schwärzte nach und nach die Balken im Inneren des Hauses.
    Manche mochten diese Lebensverhältnisse vielleicht als ärmlich bezeichnen, aber die Pächter machten, wie Eleanor fand, einen glücklichen, zufriedenen Eindruck. Alle begrüßten sie mit einem freundlichen Lächeln und großer Herzlichkeit, hielten bei ihrer Arbeit inne, um zu winken oder einen gälischen Gruß zu rufen.
    Wann immer sie in die Nähe eines Cottages kamen, wurden sie hineingebeten, und man bot ihnen zu trinken, was auch immer zur Hand war, Milch, Tee oder sogar Whiskey, obwohl die Leute in manchen Fällen selbst kaum etwas hatten. Alle behandelten Juliana mit dem Respekt, der einer Tochter ihres Lairds zustand, und nannten sie »die kleine MacFeagh«. Falls sie sich unbehaglich fühlten, weil sie nicht sprach, so zeigten sie es nicht. Auch von Lord Dunevin hörte Eleanor nur das Beste: Er war ein guter Laird, der sich um das Wohlergehen seiner Leute kümmerte. Die Einstel-lung der Inselbewohner stand in diesem Punkt im krassen Gegensatz zu der der Festländer.
    Bei einem Besuch bei Donald MacNeills Familie erfuhr Eleanor mehr über die Geschichte der Insel und ihres zurückgezogen lebenden, geheimnisumwitterten Lairds.
    Sie saß an einem klobigen Eichenholztisch, hielt eine Tasse mit frisch aufgebrühtem Tee in den kalten Händen, während sich Donalds ältester Sohn als »Donald der Jüngere« vorstellte und Juliana mit hinausnahm, damit sie zusehen konnte, wie er die Schafe von der Weide holte und in den Stall trieb.
    Donalds Frau Seona rührte in einem würzig duftenden Stew, das in einem gusseisernen Kessel über dem Herdfeuer köchelte, während der jüngste Sohn, den sie »Klein-Donald« nannten, munter mit einem Ball aus Garn zu Füßen seines Vaters spielte. Es war, wie man Eleanor erklärte, Tradition, die Söhne nach den Vätern und Großvätern zu taufen, um sicherzustellen, dass ein ehrenhafter Name weiterlebte.
    Seona war eine noch junge Frau mit weichem braunem Haar, das sie aus dem Gesicht gekämmt und mit Hilfe eines Netzes am Hinterkopf zusammengefasst hatte. Ihre Füße unter den bunten Röcken waren nackt, und sie trug ein safranfarbenes Hemd unter dem dunklen Mieder, das in der Taille nicht geschnürt war, denn sie war wieder in anderen Umständen. Sie hoffte, wie sie sagte, auf ein Mädchen, weil ihr beim besten Willen kein passender Spitzname für einen weiteren Donald mehr einfiel.
    »Es ist gut, dass Sie auf die Insel gekommen sind und sich mit der kleinen MacFeagh befassen«, sagte Donald und nickte ernst, als er die Teetasse zum Mund führte - dieselben Worte hatte Mairi an Eleanors erstem Abend auf der Insel ausgesprochen.
    »Aye, sehr gut«, bekräftigte Seona, als sie die Kartoffeln, die sie klein geschnitten hatte, in den Topf warf. »Es ist schon lange her, seit wir zum letzten Mal ein neues Gesicht auf der Insel gesehen haben.«
    »Waren vor mir schon viele Gouvernanten auf Dunevin?«, wollte Eleanor wissen. Sie beobachtete, wie Donald seiner Frau einen Blick zuwarf, ehe er antwortete.
    »Nicht viele, eine oder zwei -«, er hielt inne. »Na ja, drei oder mehr, aber in den vergangenen drei Jahren war Lady Dunevin ja auch nicht mehr bei uns. Vor ihrem Tod hat sie mit der Hilfe einer Dienerin selbst für das Kind gesorgt.«
    »Und wer hat sich um Juliana gekümmert, wenn keine Gouvernante im Haus war?«
    »Meistens Mairi. Manchmal auch der Kammerdiener Fergus. Er hat sein Leben lang der Familie Dunevin gedient. Es war eine Ehre für ihn, für die Kleine da zu sein. Ja, bestimmt.«
    Eleanor nickte. Sie sah durch das Fenster, wie Juliana auf die Knie ging, um die schnüffelnde Nase eines flauschigen Lämmchens zu kosen. Sie überlegte, dass Fergus sich ihr gegenüber vielleicht nur so schroff benahm, weil sie, eine Wildfremde, plötzlich die Verantwortung übertragen bekam, die er so lange wahrgenommen hatte.
    »Ist Lord Dunevin schon lange Laird dieser Insel?«
    »Erst zehn Jahre oder so«, erwiderte Donald mit

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