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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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»Ich kann mir nur nicht denken, warum Mr Maclean mich vergiften will.«
    »Es ist gar nicht gesagt, dass der Schierling für Sie bestimmt war. Jeder von uns hätte ihn essen können. Sie, ich, Mairi, sogar Juliana ...« Er verstummte jäh.
    Eleanor wusste genau, was in ihm vorging, wie sehr ihn allein der Gedanke entsetzte, Juliana hätte Schaden nehmen können. Ihr erging es ähnlich.
    »Aber warum sollte Mr Maclean irgendjemanden an diesem Tisch vergiften?«
    Eleanor betrachtete die Gesichter um sich herum. Eigenartigerweise schien niemand so durcheinander zu sein wie sie. Offenbar waren sie alle nicht schockiert über diesen Verdacht, und sie merkte, dass sie nach wie vor eine Außenseiterin war. Zudem spürte sie, dass mehr hinter alldem steckte, als sie zugaben.
    Ihr fiel die Geschichte wieder ein, die der junge Donald erzählt hatte.
    »Sie können nicht ernsthaft glauben, dass er so etwas macht wegen dieser unsinnigen Familienfehde.«
    Lord Dunevin kniff die Augen zusammen. »Wer hat Ihnen davon erzählt?«
    Eleanor beobachtete, wie Donald MacNeill seinen Sohn mit einem strengen Blick bedachte - er ahnte sofort, wer diese Geschichte verbreitet hatte.
    Eleanor beeilte sich, MacNeills Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken.
    »Aber man kann nicht gut jemanden ohne Beweis beschuldigen.«
    »Ich habe einen Beweis«, schaltete sich Fergus ein, der ganz am Tischende saß. Der grauhaarige Mann stand auf. »Ich habe gesehen, wie Seamus Maclean mit der jungen Catriona geschäkert hat, nachdem die Karotten geerntet waren.«
    »Mit meiner Schwester Catriona?«, fragte Mairi fassungslos.
    »Aye.«
    Das alles machte Eleanors Ansicht nach keinen Sinn. Es musste sich um ein grauenvolles Versehen handeln. Eine Schierlingswurzel wurde aus Achtlosigkeit zu den Karotten geworfen und niemand hatte es bemerkt. Es war so fröhlich und vergnügt am Morgen zugegangen, so viele Hände hatten in der Erde gewühlt, und ganz bestimmt war es dabei passiert.
    Oder doch nicht?
    Die Anwesenden beäugten die restlichen Gerichte, die auf dem Tisch standen, und überlegten zweifellos, ob sie nicht auch ein tödliches Gift enthielten.
    Schließlich ergriff der Viscount wieder das Wort.
    »Mairi, ich weiß, dass Sie sich sehr viel Mühe mit diesem Festmahl gemacht haben, aber ich
    darf das Wohlergehen meiner Gäste nicht aufs Spiel setzen, und muss damit rechnen, dass auch noch andere Speisen mit Gift versetzt sind. Wir dürfen nichts davon essen. Es tut mir aufrichtig Leid.«
    Mairi nickte unter Tränen. »Ich habe noch etwas Käse und Hammelschinken in der Speisekammer, Mylord. Ich bin ganz sicher, dass kein Mensch diese Sachen angerührt hat.«
    Der Viscount nickte, und Mairi, Seona und Fergus machten sich daran, das missglückte Festessen wegzuräumen. Die Stimmung im Raum wurde unheilvoll.
    Eleanor sah, dass Lord Dunevin düster auf sein Weinglas starrte.
    »Was werden Sie tun?«, fragte sie ihn. Sie sah Bilder von streitbaren, rachsüchtigen Clansmännern mit Langschwertern vor sich.
    »Was für Möglichkeiten habe ich?«, gab er gequält zurück. »Ich kann nur die Augen offen halten und warten, ob er noch einmal tätig wird, nachdem dieser Versuch fehlgeschlagen ist.«

Kapitel elf
    In den letzten Tagen vor Michaelis verbrachte Juliana mehr und mehr Zeit mit Malen, und zu guter Letzt sah es fast so aus, als wollte sie gar nichts anderes mehr tun. Sogar die Aussicht auf Mairis süßes Brot und eine Tasse warmer Milch an diesem kühlen Morgen, konnte sie nicht von ihrem Kunstwerk weglocken.
    Sie malte stundenlang und wurde nie müde. Sie verschönerte die ursprünglichen Anfänge mit windzerzausten Bäumen und Felsbrocken, die in der Landschaft verstreut waren. Später fügte sie Figuren hinzu und man konnte sogar einige Bewohner der Insel deutlich erkennen.
    Das Gemälde war erstaunlich gut. Juliana hatte trotz ihrer Jugend einen bemerkenswerten Blick für Details und ihr Farbgefühl zeichnete sie als talentierte Künstlerin aus. Noch erstaunlicher war, dass sie ohne Hinweise von irgendjemandem die Persönlichkeit jeder Figur, die sie malte, erkannt zu haben und darstellen zu können schien.
    Da stand die Familie MacNeill vor ihrem Cottage zwischen weidenden Schafen und winkte Donald MacNeill nach, der mit seinem kleinen Schiff über die Förde segelte.
    In die andere Ecke hatte Juliana das imposante Schloss Dunevin gesetzt, auf dessen Hauptturm der Viscount stand, Cudu an seiner Seite - dunkle
    Silhouetten vor den grauen Wolken, die

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