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Weiße Nebel der Begierde

Titel: Weiße Nebel der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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beobachten. »Möchtest du halten und hineingehen?«
    Eleanor überlegte einen Moment, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Nicht jetzt. Noch nicht. Wir sollten uns erst in deinem Haus einrichten, und ich muss mir erst klar werden, was ich sagen soll. Ich habe so viel mit ihnen zu besprechen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
    Gabriel lächelte und seine Stimme klang ein wenig wie die Maitis, als er ihr riet: »Meistens ist es am besten, am Beginn anzufangen, Mädchen.«
    Die Kutsche rollte weiter, und Eleanor glaubte, eine Gestalt an einem der unteren Fenster gesehen zu haben.
    Sie hielt den Atem an und wandte den Blick nicht ab, bis das Haus nicht mehr zu sehen war. Im Stillen flüsterte sie: Ich bin nach Hause gekommen, Mutter.

Kapitel sechzehn
    Nachdem das Gepäck ins Haus gebracht worden war, schickte Eleanor die Kinder in ihr Zimmer, damit sie sich Gesicht und Hände wuschen, während sie selbst ihrer ersten Pflicht als Hausherrin nachkam.
    Sie machte sich mit Mrs Wickett bekannt, der Haushälterin, die Mr Pratt eingestellt hatte und in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von Mairi war.
    Von ihrer großen, dürren Gestalt an gefangen bis zu ihrer stillen Art und dem ausgesprochen höflichen Benehmen strahlte nichts an ihr Herzlichkeit oder Wärme aus, und nach der Begegnung mit ihr sehnte sich Eleanor nur noch mehr nach Trelay.
    Eleanor bat Mrs Wickett und die beiden Hausmädchen, die zusammen mit ihr angeheuert worden waren, die Zimmer für die Nacht herzurichten. Während sie die Betten lüfteten und die Teppiche ausschüttelten, nahmen Gabriel, Eleanor und die Kinder eine Droschke nach Picadilly, wo sie ausstiegen, um in der St. James Street und der näheren Umgebung einkaufen zu gehen und sich einiges anzuschauen.
    Sie schlenderten an der Pall Mall entlang, zeigten den Mädchen die Gärten von St. James und das Carlton House, den Londoner Palast des ehe-maligen Prinzregenten, das jetzt, nach seiner Thronbesteigung Anfang des Jahres verwaist war, obwohl die Renovierungsarbeiten beinahe drei Jahrzehnte gedauert hatten.
    Die roten Ziegelsteine mit dem eindrucksvollen korinthischen Portico verrieten, dass es, was die Eleganz betraf, mit Versailles in Wettstreit treten konnte. Eine prachtvolle beidseitige Treppe führte in den ersten Stock und war das Schmuckstück der von ionischen Säulen gesäumten großen Halle.
    Brighde sah sich das alles mit kindlicher Ehrfurcht an, dann erklärte sie, dass sie diesen Prinzen heiraten und zusammen mit Juliana und ihrem Lieblingslamm »Wolly« in diesem Haus wohnen würde.
    Eleanor und Gabriel mussten ihr die schlechte Nachricht übermitteln, dass der Prinz bereits verheiratet und auch kein Prinz mehr war, sondern König, und dass er seiner Frau die Krönung verweigert hatte, weil er sie nicht mochte.
    Brighde korrigierte augenblicklich ihre Pläne und beschloss, sich einen anderen Prinzen mit einem noch hübscheren Haus zu suchen, der ihr nicht verweigern würde, Königin zu werden.
    Als sie wieder zum Picadilly zurückgingen, beobachtete Eleanor, wie Gabriel Julianas Hand nahm, um mit ihr die Straße zu überqueren. Ihr Herz quoll über vor Liebe zu diesem Mann, der aus Furcht seine Tochter jahrelang gemieden hatte und jetzt all die verlorene Zeit an einem Tag wieder gutmachen wollte.
    Die Veränderung, die er durchgemacht hatte, war erstaunlich. Als sie an den Geschäften vorbei-bummelten, redete Gabriel mit Juliana, zeigte ihr die Sehenswürdigkeiten und nahm ihr Schweigen als etwas hin, was er nicht durch Zwang ändern konnte. Vielleicht war ihm die kleine Brighde, die die Stummheit als Teil von Juliana betrachtete, ein Beispiel, und sobald Gabriel dieselbe Toleranz entwickelt hatte, lief alles andere wie von selbst.
    Sie kauften bei Hatchards ein paar Bücher für Julianas Studien und für Brighde und andere Kinder, die, wie Eleanor Gabriel auf der Reise vorgeschlagen hatte, gemeinsam die Schule besuchen sollten, die auf der Insel eingerichtet werden sollte. Sie würde den Kindern die englische Sprache, Schreiben, Lesen und Rechnen beibringen und im Gegenzug würde sie von ihnen Gälisch lernen.
    Danach tranken sie in Mrs Collins’ Tey Shoppe Tee. Eleanor hätte beinahe laut gelacht, als sie eine junge Lady dort sah, die genau wie sie vor noch gar nicht allzu langer Zeit mit ihrer Mutter in ihrer »Debütantinnen«-Garderobe an einem Tisch saß und ermahnt wurde, die Finger beim Tee-Einschenken richtig zu halten.
    Diese Regeln, diese

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