Weiße Stille
gegen halb elf im Bett.«
»Und am Samstagmorgen?«
»Als ich aufstand, war ihr Wagen verschwunden. Sie könnte also die ganze Nacht zu Hause gewesen sein. Oder sie hatte woanders geschlafen.«
»Okay, Mrs. Shaw. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
»Gern geschehen. Jetzt geben Sie mir bestimmt Ihre Visitenkarte, damit ich Sie anrufe, falls mir noch etwas Wichtiges einfallen sollte, was Ihnen weiterhilft. Genau wie in den Filmen.«
Ren lächelte und reichte Margaret ihre Karte. »Genau wie in den Filmen, stimmt.« Sie ging den Weg hinunter zu ihrem Wagen und drehte sich dann noch einmal um. »Wo ist eigentlich Jeans Katze?«
»Ist sie denn nicht im Haus?«
Ren schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Seltsam«, sagte Margaret.
»Wie sieht das Tier denn aus?«
»Böse. Gescheckt.«
»Hat sie einen Namen?«
»Tim«, sagte Margaret. »Tim McGraw. Meine Katze heißt Faith Hill.«
»Tatsächlich?«
»War bloß ein Scherz. Ich habe kein Katze.«
»Sie haben ja auch genug mit Ihrem Hund zu tun. Wünschen Sie ihm gute Besserung von mir.«
Margaret lachte, rutschte beinahe auf dem vereisten Weg aus und lachte noch einmal. Ren winkte ihr zu.
Der arme McGraw. Hoffentlich trieb er sich nicht im Schnee herum.
19.
Auf der Interstate 70 herrschte zähfließender Verkehr, und Ren wurde immer nervöser. Sie schaute auf die Uhr. Schon vier. Verdammt, die Skifahrer und Snowboarder kehrten bereits vom Vail Pass zurück. Ren umklammerte das Lenkrad, tauschte ihr altes Kaugummi gegen ein neues und veränderte die Temperatureinstellungen. Eine weitere Minute verging. Verdammt.
Ren scrollte durch ihre Telefonliste, bis sie bei H ankam.
»Hi, Helen. Ich bin’s, Ren. Können Sie sprechen?«
»Klar. Wie geht es Ihnen?«
»Gut, ich …« Ren trat auf die Bremse und drückte auf die Hupe. »Idiot! Ja, du mich auch, du Penner! Blödmann … tut mir leid, Helen.«
»Meine Güte! Ist alles in Ordnung?«
»Ja. Und wie geht es Ihnen?«
»Gut. Aber Sie sind voll im Stress, was?«
»Eigentlich nicht. Ich …« Ren lehnte sich aus dem Fenster. »Oh nein. Da hat sich schon wieder ein Wagen überschlagen. Wieder so ein Irrer in einer dicken Limousine, der ohne Schneeketten gefahren ist. Ich werde mich total verspäten.« Sie fuhr das Fenster wieder hoch.
»Ren, ich …«
»Sorry, Helen. Ich habe diesen neuen Fall übernommen … die Agentin, die in Breckenridge ums Leben gekommen ist.«
»Ja?«
»Ja. Ich leite den Fall.«
»Bleiben Sie vorläufig in Breckenridge?«, fragte Helen.
»Ja.«
»Habe ich eine Chance, Sie mal zu sehen?«
»Ich …« Ren ließ das Fenster wieder herunter und streckte den Kopf heraus. »Dieser Verkehr ist ein Albtraum. Ausgerechnet heute! Wenn ich mal pünktlich bei einer Besprechung sein muss und obendrein noch die Ermittlungen leite, sind nur Irre unterwegs!«
»Sie rufen mich offenbar nur auf dem Weg von und zu Besprechungen an, Ren«, beklagte sich Helen. »Ich habe den Lautsprecher eingeschaltet, Sie sind in den Bergen, und die Verbindung ist miserabel.«
»Ich weiß, Helen. Tut mir leid.«
»Warum kommen Sie nicht einfach nach Denver?«
»Ich kann nicht. Ich würde einen halben Tag verlieren, würde ich nach Denver fahren.«
»Sie würden vielleicht einen halben Tag verlieren, aber glauben Sie nicht, es würde Ihnen vor allem etwas bringen?«
»So habe ich es nicht gemeint. Ich …«
»Es ist eine ganze Weile her.«
»Ich weiß«, sagte Ren. »Ich möchte ja wirklich gerne, aber im Augenblick kann ich nur anrufen.«
»Na ja, besser als nichts.«
»Ich muss jetzt Schluss machen, Helen. Der Verkehr läuft langsam weiter. Ich rufe Sie wieder an.«
Helen zögerte. »Sicher.«
Das Besprechungszimmer des Sheriffbüros war bis auf den letzten Platz besetzt. Ren hatte sich eine Dreiviertelstunde verspätet.
»Okay, Leute«, begann sie, als sie vor dem Schreibtisch stand und den Blick über die Kollegen schweifen ließ, die sich im Büro des Sheriffs versammelt hatten. »Ich bin spät dran, also kommen wir am besten gleich zur Sache. Jean Transom wurde am Freitag, den zwölften Januar, im FBI-Büro in Glenwood Springs von ihrenKollegen Tiny Gressett und Todd Austerval zum letzten Mal gesehen. Zurzeit werden ihre Konten überprüft. Bisher kennen wir nur ihre letzten Kontobewegungen. Wir wissen, dass sie sich an jenem Abend um neun Uhr einen Frauenfilm im Rifle-Creek-Kino angeschaut hat. Dafür brauchen wir allerdings noch die Bestätigung. Der Film lief bis gegen
Weitere Kostenlose Bücher