Weiße Stille
nicht meinen Namen. Und schauen Sie nicht aus dem Fenster. Ich gebe Ihnen zehn Dollar, wenn Sie in diesen so genannten Cheeseburger beißen.«
Bob hörte ihr zu und nickte. »Ich verstehe. Es tut mir leid, aber das ist im Augenblick nicht möglich. Aber wenn Sie in Kürze zu mir kommen könnten, denke ich über eine Alternative nach. Über die Bezahlung reden wir dann später.« Er legte das Handy auf den Tisch und entschuldigte sich bei Hal.
Ren wartete zwei Minuten und kehrte dann an den Tisch zurück. Bob stand auf, ließ sie vorbei und stieß wie unabsichtlich mit dem Finger gegen den Tellerrand.
»Oh, verflixt«, sagte er. Der Burger klatschte auf den Boden, und die Pommes frites segelten hinterher.
Hal stand auf. »Kein Problem. Ich bestelle Ihnen einen neuen.«
»Oh, vielen Dank, nicht nötig«, sagte Ren und legte eine Hand auf seinen Unterarm. »Eigentlich habe ich gar keinen Hunger. Und unsere Zeit ist knapp.« Sie zeigte auf die Fettflecken auf der Tischdecke. »Vielleicht könnten wir den Tisch wechseln …?«
»Sie möchten wirklich keinen neuen Cheeseburger?«, fragte Hal.
»Nein, ganz bestimmt nicht.«
Sie setzten sich an einen kleinen Ecktisch.
»Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«, fragte Ren. »Hat Jean auf ihre Uhr geschaut? Hatte sie es eilig? Machte sie den Eindruck, als würde sie auf jemanden warten?«
Hal überlegte. »Hm. Genau kann ich es nicht sagen, aber ich glaube nicht. Es sah auch nicht so aus, als hätte sie es eilig gehabt, als sie das Restaurant verließ.« Er zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
»Schon gut. Aber wir mussten mit Ihnen reden, weil Sie zu den Leuten gehören, die Jean als Letzte gesehen haben. Das war sehr wichtig für uns.«
»Ja, sicher«, sagte Hal. »Vielleicht fällt mir noch was ein, wenn Sie weg sind.«
»Das wäre prima. Rufen Sie uns an.«
Die beiden reichten Hal ihre Visitenkarten.
Als sie aufstanden, sah Ren eine Gruppe Touristen durch das Fenster starren. Sie waren schick gekleidet, als hätten sie vorgehabt, ein besseres Restaurant zu besuchen, aber keinen Platz mehr bekommen. Keiner von ihnen sah aus, als wollte er Schuld daran sein, dass die Gruppe weiter durch den Schnee stapfen musste, um ein anderes Restaurant zu suchen, wo sie möglicherweise wieder keinen Platz fanden.
Geht weiter , beschwor Ren sie stumm. Verderbt euch nicht den Abend.
»War der Burger wirklich so schlecht?«, fragte Bob, als sie auf die Straße traten.
»Haben Sie keine Augen im Kopf? Dieses Gammelfleisch sah aus, als hätte es eine achtwöchige Reise in einem ungekühlten Container von der Müllhalde eines Schlachthofs zu einer Fabrik für Hundefutter hinter sich, wo die Arbeiter sich einen Spaß daraus machen, die Kuhhoden in den Fleischwolf zu werfen.«
»Stierhoden.«
»Okay, das macht das Fleisch auch nicht besser.«
»Warum haben Sie den Burger nicht zurückgehen lassen?«
»Ich wollte den Mann nicht kränken.«
»Ihre Höflichkeit könnte Sie eines Tages umbringen«, sagte Bob. »›Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die Kugel nicht indie Schläfe zu schießen?‹ – ›Dass Sie mir Ihr Messer an meine Kehle halten, Mister, finde ich sehr unhöflich, aber das Tattoo auf Ihrem Unterarm ist sehr hübsch.‹«
Ren lachte. »Ich möchte bloß die Gefühle anderer nicht verletzen.«
»Wenn Sie an diesem Grundsatz festhalten, werden Sie beim FBI keine steile Karriere machen, Ren. Glauben Sie, dass Jean Transom gegessen hat, was sie sich bestellt hat?«
»Wenn es ein Cheeseburger war«, sagte Ren, »kennen wir zumindest die Todesursache.«
21.
Es gefiel Ren, durch knirschenden Schnee zu laufen, auch wenn es ein bisschen anstrengend war. Sie ging die Washington Avenue in Richtung Main Street hinunter und blickte auf die Berge, die sich schwarz vor dem frühmorgendlichen Himmel abzeichneten, der allmählich heller wurde. An vier Bergen der Tenmile Range – sie trugen die nüchternen Namen sieben, acht, neun und zehn – befanden sich die Skigebiete von Breckenridge, die die Anzahl der Bewohner in der Hochsaison von knapp dreitausend auf fast dreißigtausend hochschnellen ließ.
Die Touristeninformation von Breckenridge befand sich im Blue-River-Einkaufszentrum in der Main Street. Ren durchquerte das kleine Foyer und betrat den Ausstellungsraum, der die Touristen über den einstigen Gold-und Silberbergbau in dieser Gegend informierte. Als der Boom vorbei war, hatte nur der Überlebenswille und
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