Weiße Stille
ist der Besitzer.«
»Und nun möchten Sie mit mir dort vorbeifahren und mit ihm reden?«, fragte Ren.
»Ja.«
»In Ordnung.« Sie blickte Mike an. »Und was machen Sie?«
»Ich werde zusammen mit Ihrem Freund Robbie Truax die Kneipen in der Main Street abklappern. Wir beginnen am nördlichen Ende, an der Big-Mountain-Brauerei.«
»In Ordnung«, sagt Ren.
Selbst die ruhigen, schneebedeckten Bürgersteige von Breckenridge strahlten Wärme aus. Es war eine alte Goldgräberstadt, die den Boom und die anschließende Krise nach dem Ende des Goldrauschs durchlebt hatte und jetzt, als beliebter Wintersportort,wieder sehr gut dastand. Ein Urlaubsort, der es überdies geschafft hatte, sich seinen ursprünglichen Charme zu bewahren. Ren schaute aus dem Seitenfenster ihres Explorers auf die Tausende winziger bunter Lichter, die die Bäume in der Main Street beleuchteten.
»Also, ich sehe es so«, sagte sie zu Bob. »Aspen ist die schöne, zurückhaltende Schwester. Breckenridge ist die Niedliche, deren Gesellschaft alle suchen. Und Vail hat sich zahllosen Schönheitsoperationen unterzogen, um wie die beiden anderen zu sein.«
»Interessanter Vergleich«, sagte Bob.
»Sogar die Namen klingen so«, meinte Ren.
»Sie haben offenbar eingehend darüber nachgedacht.«
»Ja, habe ich.«
»Das heißt aber nicht, dass es andere auch so sehen.«
»Darum geht es gar nicht. Mir helfen diese Analogien, ein Gefühl zu entwickeln.«
Bob lächelte. »Mir gefällt es hier.«
»Mir auch.«
Sie fuhren am Prospector vorbei, einem kleinen Lokal in der Main Street.
»Hier einen Parkplatz zu finden ist reine Glückssache«, sagte Bob. Er fuhr zum zweiten Mal die Main Street hinauf und bog dann links in die Jefferson Avenue ein. »Das kann ein Weilchen dauern.«
»Da vorne ist was frei«, sagte Ren und zeigte auf einen freien Parkplatz auf der anderen Straßenseite.
»Stramme Leistung.« Bob warf einen Blick dorthin. »Genau vor der Eingangstür einer Arztpraxis.«
»Oh …«
»Ja. Da müssen wir wohl weitersuchen.«
»Dann nehmen wir eben den Parkplatz an der Kirche und gehen zu Fuß.«
Bob fuhr um den Block herum. »Eine Runde drehen wir noch … da, sehen Sie? Ein Parkplatz genau vor dem Restaurant.«
»Stramme Leistung.« Ren lächelte.Das Reign on Main war eine Art Notlösung für hungrige Einheimische und Touristen: Nur wenn alle anderen Restaurants voll waren, gingen die Leute dorthin. Ren sah auf den ersten Blick, warum das so war. Der Laden war schmuddelig. Unter jedem der wackeligen Tische lag ein zusammengefalteter Bierdeckel, und sämtliche Wachsdecken hatten Brandflecken und Messerwunden.
»Hallo, Hal«, sagte Bob zu dem Besitzer, als der an ihren Tisch kam.
»Hallo, Bob. Schön, dass Sie kommen.«
»Danke, dass Sie angerufen haben.«
»Ich habe das Foto gesehen.«
Bob nickte. »Eine echte Tragödie. Hal, das ist Agentin Ren Bryce vom FBI.«
»Freut mich«, sagte Hal. »Darf ich Ihnen etwas zu essen bringen?«
»Für mich nichts«, sagte Bob.
»Ich hätte gerne einen Cheeseburger«, sagte Ren.
»Also, Jean Transom war hier?«, sagte Bob, nachdem Hal die Bestellung in die Küche gerufen hatte und an den Tisch zurückgekommen war.
»Ja«, sagte Hal. »Sie kam herein und setzte sich dorthin.« Er zeigte auf einen Tisch am Fenster. »Dann hat sie sich etwas zu essen bestellt, und knapp eine Stunde später ist sie wieder gegangen. Sie hat das Geld auf den Tisch gelegt. Ich kann Ihnen die Rechnung zeigen, dann haben Sie die genaue Zeit.«
»Ist Ihnen irgendetwas an ihr aufgefallen?«, fragte Ren.
»Nein … Das heißt, sie wirkte ziemlich reserviert. Die meisten Gäste hier sind entspannter.«
Bekifft. »Und Jean?«, hakte Ren nach.
»Ich weiß nicht. Sie passte irgendwie nicht hierher …«
»Wirkte sie besorgt?«, fragte Bob.
»Besorgt?« Hal zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nicht.«
»Oder hatten Sie das Gefühl, dass sie ängstlich war?«, erkundigte sich Ren.
»Ängstlich?« Hal zuckte wieder mit den Schultern. »Nein.«
Der Cheeseburger wurde serviert. Als Ren die große Fettlache auf dem undefinierbaren Fleisch sah, drehte sich ihr der Magen um. Sogar der Ketchup war angetrocknet. Sie lächelte Hal an. »Sieht lecker aus.«
So einen Fraß hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht vorgesetzt bekommen.
»Oh, mein Handy vibriert«, sagte sie und stand auf. »Entschuldigen Sie mich bitte.« Sie ging hinaus und wählte mit fliegenden Fingern Bobs Handynummer. »Ich bin es, Ren. Sagen Sie
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