Weiße Stille
Laufenden.«Wardwell’s war ein Geschäft im Untergeschoss. Im Schaufenster standen Puppen, die lebensecht aussehen sollten, diesem Anspruch aber nicht ganz gerecht wurden. Die gesamte Verkaufsfläche wurde von Kleiderstangen voller Oberbekleidung und Tischen mit zusammengefalteten Hosen und Sweatshirts in Anspruch genommen. Ein junger, gut aussehender Mann stand neben einem unordentlichen Haufen TShirts.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und schenkte Ren ein strahlendes Lächeln, das nicht gekünstelt wirkte.
»Danke, aber ich möchte mich erst einmal umschauen«, sagte Ren.
»Gut. Ich bin hier, wenn Sie mich brauchen.«
»Ist gut.«
Ren lief ein paar Schritte in den hinteren Teil des Geschäfts, wo sie den Mann entdeckte, der Malcolm Wardwell sein musste. Ren wusste, dass er einundsiebzig Jahre alt war. Vielleicht hätte sein kräftiger Körper ihn jünger aussehen lassen, hätte er nicht so wässrige Augen und schlaffe Haut gehabt.
»Guten Tag, Sir«, sagte Ren. »Sind Sie Malcolm Wardwell?«
»Ja, der bin ich. Und mit wem habe ich die Ehre?«
»Ich bin Ren Bryce vom FBI. Wir führen Ermittlungen durch, um den Tod von Special Agent Jean Transom aufzuklären.«
»Verstehe. Und was habe ich mit der Sache zu tun?«
»Wenn ich Ihnen ein Foto von ihr zeige, könnten Sie mir dann sagen, ob sie in Ihrem Geschäft war?«
»Ich hoffe es, wenn ich an dem Tag hier war.«
Ren reichte ihm das Foto.
Wardwell nickte. »Ja, diese Frau war hier im Laden. Ich erinnere mich an sie. Sie war mit ihrer Tochter gekommen, einem kleinen blonden Mädchen.«
Wahrscheinlich ihre Nichte. »Und wann war das?«
»Das liegt schon ein paar Wochen zurück. Ich weiß nur, dass es ein Mittwoch war und vor der Mittagspause, weil wir Platz für eine Lieferung machen mussten und darauf geachtet haben, nicht im Weg zu stehen.«
»Okay.«
»Es war gleich nach Neujahr«, fuhr er fort. »In der Woche.«
Ich weiß.
»Es tut mir leid, von ihrem Tod zu erfahren«, sagte Wardwell. »Ich weiß noch, wie ich dachte, was für eine nette Frau.«
»Ja, sie war sehr nett«, sagte Ren. »Können Sie sich an irgendetwas erinnern, was uns bei den Ermittlungen helfen könnte?«
Wardwell überlegte kurz; dann schüttelte er den Kopf. »Nein, tut mir leid. Da fällt mir wirklich nichts ein.«
»Da kann man nichts machen. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
Ren durchquerte die Sicherheitsschranke vor dem Büro des Sheriffs, nahm ihre Handtasche aus dem Röntgengerät und suchte ihr Handy.
»Verzeihung … Agentin Bryce?«
Ren drehte sich um. Es war einer der Anwälte, die ihr aufgeholfen hatten, nachdem sie auf der Treppe ausgerutscht war.
»Oh, hallo«, sagte sie. »Sehe ich so aus, als würde ich gleich wieder hinfallen?«
Der Mann lächelte. »Nein, das nicht. Sie sind vom FBI, nicht wahr?«
»Ja. Und Sie sind?«
»Oliver Haggart. Ich bin Anwalt.« Er zeigte auf die Gerichtssäle.
Ren versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie den Namen schon mal gehört hatte. »Freut mich.«
»Hätten Sie einen Moment Zeit für mich?«
»Sicher.«
»Ich nehme an, Sie haben im Fernsehen den Bericht über den Mann gesehen, der letztes Jahr verschwunden ist. Mark Wilson.«
»Ja.« Ren blickte ihn fragend an.
»Terrence Haggart ist mein Bruder. Er war der Letzte, der Wilson gesehen hat.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Es gab eine Schlägerei zwischen ihm und Wilson. Aber Sie können versichert sein, dass er nichts mit Wilsons Verschwinden zu tun hat.«
»Verstehe.«
»Er geriet zwar ständig in Schwierigkeiten, aber er würde niemals irgendwelchen Unsinn anstellen. Schließlich ist er mein Bruder. Ich muss es wissen.«
»Ja, sicher.«
»Es tut mir leid, wenn ich Sie damit überfalle. Aber für mich ist das alles sehr schwer. Auch für meine Eltern. Es hat auch nichts geholfen, dass Terrence die Stadt verlassen hat. Im Gegenteil, dadurch hat er den Verdacht auf sich gelenkt.« Oliver zuckte mit den Schultern.
»Glauben die Leute hier wirklich, dass er Mark Wilson etwas angetan hat?«
»Er wurde in allen Nachrichtensendungen erwähnt«, sagte Haggart. »Wir leben in einer Kleinstadt. Sie haben sicher schon gesehen, dass die Summit Daily News überall ausliegt. Das setzt sich schnell in den Köpfen der Leute fest.«
»Ja, das kann passieren.«
»Terrence hätte niemals etwas so Schreckliches getan. So eine Familie sind wir nicht.«
Ren lächelte.
»Ich weiß«, sagte Haggart. »Wahrscheinlich sagt das jeder.«
»Das müssten
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