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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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urteilen, ist es wahrscheinlich Katzenpisse. Die Schichten sind dick und verkrustet, als hätte man ein Tier lange gefangen gehalten und nicht richtig sauber gemacht.
    Ich halte die Luft an und beuge mich vor. An einer Stelle im Draht stecken kurze weiße Haare. Ich weiche in den Flur zurück.
    Barron verliert das Gedächtnis, genau wie Maura. Und ich vielleicht auch. Ich kann mich an Lilas Ermordung nicht genau erinnern. Ich weiß nicht, wie ich aufs Dach gekommen bin. Ich weiß nicht, was mit meinem Gedächtnisamulett geschehen ist.
    Angenommen, jemand löscht diese Erinnerungen. Das scheint nicht zu weit hergeholt.
    Nehmen wir also an, dass mir jemand diesen Traum verschafft hat, den, in dem die Katze um Hilfe gebeten hat. Wenn mich also jemand verflucht hat, hieße das, derjenige müsste mich berührt haben, meine Haut mit seiner Hand. Die Katze– diejenige, die in meinem Bett geschlafen hat, die, die im Video in der Nähe meines Zimmers in der Schule zu sehen war– hat mich berührt.
    Möglicherweise verdanke ich also der Katze diesen Traum.
    Das ist natürlich lächerlich. Katzen sind Tiere. Sie können keine Fluchmagie betreiben, genauso wenig wie sie eine Sonate spielen oder eine Villanelle schreiben können.
    Es sei denn, die Katze wäre in Wirklichkeit ein Mädchen. Ein Mädchen, das eine Traumwerkerin ist. Lila.
    Das würde aber noch etwas ganz anderes bedeuten– es hieße nicht nur, dass mir die Erinnerungen von dem Mord an ihr gestohlen wurden. Sondern auch, dass sie gar nicht tot ist.

ACHTES KAPITEL
    DIE BEIGEFARBENEN FLIESEN IN Barrons Badezimmer sehen sehr vertraut aus, aber wie aus einer falschen Perspektive.
    Der Gedanke, dass Lila diese Katze sein könnte, ist völlig abgedreht. Der Gedanke, dass Barron sie die ganze Zeit hier in seinem Haus eingesperrt hatte, ist noch verrückter. Und der Gedanke, dass ich Lila vielleicht doch nicht ermordet habe, stellt die ganze Welt auf den Kopf.
    Ich starre in den Spiegel– und sehe mein Gesicht an. Mustere das wirre Haar, die tintenschwarzen Augen und prüfe, ob ich Angst haben muss. Ob ich immer noch ein Mörder bin. Ob ich kurz davor bin durchzudrehen.
    Das Spiegelbild der Badewanne hinter mir verschafft mir ein überwältigendes Gefühl von Déjà-vu. Benommen stolpere ich und kann mich gerade noch fangen.
    Ich schlug im Wasser um mich, und meine Hände wurden zu Armen und verwandelten sich in Seesterne, die sich krümmten wie Schlangen. Alles war schiefgelaufen und ich war völlig fertig und das Wasser schlug über meinem Kopf zusammen und –
    Noch mehr halbe Erinnerungen.
    Ich drehe mich um, gehe in die Hocke und berühre die Kachel neben dem Wasserhahn der Wanne. Ich kann beinahe heraufbeschwören, wie meine Finger nach ebendiesem Hahn greifen, aber dann wird die Erinnerung surreal und traumähnlich und meine Finger verwandeln sich in kratzende schwarze Krallen.
    Ich werde von panischer Angst überwältigt, instinktiv und schrecklich. Mein einziger Gedanke: Ich muss hier raus! Ich sprinte zur Eingangstür, drehe den Knauf hinter mir gerade noch rechtzeitig, sodass die Schlösser einrasten. Ich steige in Großvaters Wagen, bleibe einen Augenblick einfach sitzen und warte darauf, dass ich mich wie ein dummes Kind fühle, das vor einem eingebildeten Gespenst davonläuft. Ich esse einen Schokoriegel, während ich warte. Die Schokolade schmeckt wie Staub, aber ich schlucke sie hinunter.
    Ich habe einiges zu klären.
    Meine Erinnerungen sind schattenhaft und werden nicht lebendiger, wenn ich sie hektisch zu fassen versuche.
    Ich brauche einen Fluchwerker. Einen, der mir Antworten gibt, ohne zu viele Fragen zu stellen. Jemanden, der mir hilft, die Puzzleteile zusammenzusetzen, damit ich mir endlich ein Bild machen kann. Ich starte den Wagen und fahre nach Süden.
    Das schmutzige Einkaufszentrum an der Route 9 ist weniger ein Einkaufszentrum als eine einzige große Lagerhalle, die in mehrere Gänge unterteilt ist. Die einzelnen Stände sind durch Tresen oder Vorhänge voneinander getrennt. Früher haben Barron und ich Philip oder Großvater überredet, uns dorthin zu fahren, und dann haben wir den ganzen Tag damit verbracht, Hotdogs zu essen und billige Messer zu kaufen, die wir in unseren Stiefeln versteckten. Barron beschwerte sich jedes Mal, weil er mich am Bein hatte, aber sobald wir ankamen, verschwand er normalerweise, um das Mädchen anzuquatschen, das Essiggurken vom Fass verkaufte.
    Hier sieht es fast noch genauso aus wie damals. Vor dem

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