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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Augenblick ging die Tür auf und Lilas Mutter kam ins Zimmer. Sie räusperte sich, aber Lila blieb, wo siewar. » Was ist denn hier los? Warum bist du nicht fertig? «
    » Die schönsten Gäste kommen immer zu spät « , sagte Lila, und ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel.
    » Hast du getrunken? « Mrs Zacharov sah mich an, als würde sie mich nicht kennen. » Raus. «
    Ich ging an Lilas Mutter vorbei aus dem Zimmer.
    Die Party war in vollem Gange, als ich dazukam, aber ich kannte niemanden. Ich fühlte mich fehl am Platz, als ich zu meinem Tisch ging; mein Ohr pochte wie ein zweites Herz. Vor lauter Aufregung drehte ich vor Lilas Freunden total auf und benahm mich so unmöglich, dass ein Schulfreund von Lila mir schließlich auf der Männertoilette eine reinhaute. Ich schubste ihn gegen das Waschbecken und er verletzte sich am Kopf.
    Am nächsten Tag sagte Barron mir, dass er und Lila ein Paar seien. Sie waren ungefähr zu dem Zeitpunkt zusammengekommen, als ich aus dem Hotel eskortiert wurde.
    Meinem GPS zufolge wohnt Barron neuerdings in einem Reihenhaus in einer Straße mit rissigen Bürgersteigen und zugenagelten Wohngebäuden. An einem Vorderfenster fehlt die Scheibe und das Loch ist mit Klebeband abgedichtet. Ich öffne die Fliegengittertür und klopfe an die billige Wabentür dahinter. An meiner Hand klebt abgeblätterte Farbe.
    Ich klopfe, warte und klopfe wieder. Nichts rührt sich. Auf der Straße steht auch kein Motorrad. Durch die Zeitungen, die statt Rollos vor den Fenstern hängen, dringt kein Lichtschein.
    Die Tür ist mit einem normalen Schloss und einem Bolzenschloss gesichert– leicht zu knacken. Ich ziehe meinen Führerschein durch den Spalt, damit ist das erste Schloss überwunden. Das Bolzenschloss ist schon schwieriger, aber ich hole einen Draht aus dem Kofferraum, fädele ihn durchs Schlüsselloch und harke damit über die Stifte, bis alle die richtige Höhe haben. Zum Glück hat Barron sich kein wirklich sicheres Schloss geleistet. Ich drücke die Klinke hinunter, hebe meinen Führerschein auf und gehe in die Küche.
    Beim Anblick der Laminat-Arbeitsplatte habe ich einen Augenblick lang das Gefühl, in das falsche Haus eingebrochen zu sein. Überall an den weißen Küchenschränken hängen Klebezettel: » Im Notizbuch steht, was du vergessen hast « , » Schlüssel am Haken « , » Rechnungen bar bezahlen « , » Du bist Barron Sharpe « , » Handy in der Jacke « . Ein Milchkarton steht offen auf der Arbeitsplatte, der geronnene Inhalt ist grau von Zigarettenasche und die Kippen schwimmen oben. Daneben liegt ein Haufen ungeöffneter Rechnungen– fast alle für Studentendarlehen.
    » Du bist Barron Sharpe. « Deutlicher geht es kaum.
    Auf dem Spieltisch in der Küche liegen sein Laptop und mehrere Aktenmappen. Ich setze mich auf einen Stuhl und sehe mir die Akten flüchtig an, allesamt Schriftsätze für den Berufungsprozess unserer Mutter. Er hat sich mit ketchuprotem Filzstift Notizen gemacht. Mir kommt der Gedanke, dass er vielleicht deshalb nicht mehr zur Uni geht. Wahrscheinlich leitet er das Verfahren. Das würde einiges erklären, aber längst nicht alles.
    Unter den Akten liegt ein Notizheft mit der Aufschrift » Februar bis April « . Ich schlage es auf, weil ich noch mehr Anmerkungen zu dem Fall erwarte, aber es sieht mehr wie ein Tagebuch aus. Oben auf jeder Seite steht ein Datum, darunter eine akkurate Liste dessen, was Barron gegessen hat, mit wem er geredet hat, wie er sich fühlte– und am Ende kommt eine Aufzählung all der Dinge, die er nicht vergessen darf. Der Eintrag von heute lautet:
    19. März
    Frühstück: Eiweiß-Shake
    1 Meile gelaufen
    Beim Aufwachen eher träge, Muskelkater
    Kleidung: hellgrünes Hemd mit Knöpfen,
schwarze Cargohose, schwarze Schuhe (Prada)
    Mom beklagt sich immer noch über ihre Mithäftlinge und darüber, wie schlecht es ihr ohne uns geht, also im Grunde über ihre Angst, dass sie uns nicht unter Kontrolle hat. Sie muss begreifen, dass wir erwachsen sind, aber ich weiß nicht, ob sie schon so weit ist. Je näher der Prozess rückt, umso mehr fürchte ich mich davor, wie alles wird, wenn sie nach Hause kommt.
    Sie sagt, sie hat einen Millionär an der Angel, auf den sie große Hoffnungen setzt. Ich habe ihr Zeitungsausschnitte über ihn geschickt. Ich mache mir Sorgen, dass sie sich neue Probleme an den Hals schafft. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Mann wirklich nicht weiß, wer sie ist– selbst wenn nicht, wird er es

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