Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
Vom Netzwerk:
ich höchst vergnüglich sein. «
    » Wie es der Zufall will « , sagt Anton, » haben Philip und ich ein kleines Nebengeschäft laufen, in dem wir Leute gegen Bezahlung beseitigen. Ihr Vater darf nichts davon erfahren. Eines Tages werde ich sein Nachfolger. «
    » Ach, Gott sei es geklagt! « , sagt Lila. » Wehe mir! «
    Barron lächelt und reibt sich die Hände. » Wie es der Zufall will, habe ich für Geld viel übrig. «
    Philip sieht mich an, als würde er mich direkt ansprechen. » Anton ist unsere Chance, etwas Größeres aufzubauen. Und ich glaube, meine Freundin ist schwanger. Du verstehst mich doch, oder? Ich tue das für uns alle. «
    Ich schüttele den Kopf. Das verstehe ich nicht.
    Auf der Bühne stößt Lila einen spitzen Schrei aus und schrumpft. Dann verwandelt sie sich in eine Maus. Aus einer Loge springt die weiße Katze, deren Kleid an den schartigen Bodendielen hängen bleibt, bis sich ihr Fellkörper daraus hervorschält. Mit einem Satz fängt sie die Lila-Maus und beißt ihr das Köpfchen ab. Das Blut spritzt auf die Bühne.
    » Lila « , sage ich. » Hör auf. Hör auf mit diesen Spielchen. «
    Die Katze schluckt die Reste und sieht mich an. Auf einmal richten sich die blendenden Scheinwerfer auf mich und ich blinzele verwirrt. Ich stehe auf. Die weiße Katze stolziert auf mich zu. Ihre Augen – ein blaues und ein grünes – sind so sehr Lilas Augen, dass ich rückwärts in die Kulisse taumele.
    » Du musst mir den Kopf abhacken « , sagt sie.
    » Nein. «
    » Liebst du mich? « , fragt sie.
    Ihre Zähne sind wie Messer aus Elfenbein. » Ich weiß nicht « , antworte ich.
    » Wenn du mich liebst, musst du mir den Kopf abhacken. «
    Irgendwie habe ich plötzlich ein Schwert in der Hand und lasse es niedersausen. Die Katze verwandelt sich, genau wie Lila es getan hat, aber sie wird größer und formt sich zu etwas Ungeheuerlichem. Aus dem Zuschauerraum dröhnt ohrenbetäubender Applaus.

    Es pocht in meinen Rippen, aber ich zwinge mich, die Beine aus dem Bett zu schwingen. Ich gehe ins Badezimmer, pisse und werfe eine Handvoll Aspirin ein. Während ich in den Spiegel starre und meine blutunterlaufenen Augen und die Prellungen an meinen Rippen begutachte, denke ich über den Traum nach, über die Katze, die drohend über mir aufragte.
    Es ist lächerlich, aber ich lache nicht.
    » Bist du das? « , ruft Großvater von unten.
    » Ja « , rufe ich zurück.
    » Du hast lange geschlafen « , sagt er, und ich höre, wie er noch etwas murmelt, wahrscheinlich, dass ich ein Faulpelz bin oder so.
    » Mir geht’s nicht gut « , erkläre ich am Treppenabsatz. » Ich glaube, ich kann heute nicht mitaufräumen. «
    » Mir geht’s auch nicht besonders « , sagt er. » War ’ne wilde Nacht, was? Ich hab so viel getrunken, dass ich mich kaum noch erinnern kann. «
    Ich gehe nach unten und halte automatisch schützend die Hände über meine Rippen. Ich stolpere. Das fühlt sich alles falsch an. Meine Haut passt mir nicht. Ich bin Goggelmoggel. Und auch der König mit seinem Heer konnte mich nicht mehr zusammensetzen.
    » Ist was passiert? Willst du mir vielleicht was erzählen? « , fragt Großvater. Mir fällt wieder ein, wie seine Lider in der Nacht flatterten. Hat er etwas gehört? Was hat er sich zusammengereimt?
    » Nein « , antworte ich und gieße mir Kaffee ein. Ich trinke ihn schwarz und die Wärme in meinem Bauch ist das erste tröstliche Gefühl seit langem.
    Großvater neigt den Kopf in meine Richtung. » Du siehst völlig fertig aus. «
    » Ich hab doch gesagt, dass es mir nicht gut geht. «
    Im Nebenraum klingelt das Telefon. Das schrille Geräusch geht mir auf die Nerven. » Du erzählst mir viel « , sagt Großvater und geht zum Telefon.
    Ich sehe die Katze auf der Treppe, ihr weißer Körper flimmert gespenstisch in einem Sonnenstrahl. Er verschwimmt vor meinen Augen. Meine Brüder fühlten sich in meiner Gegenwart unwohl, aber nicht aus dem Grund, den ich vermutet hatte. Nicht, weil ich ein Mörder oder ein Außenseiter war. Ich war so sehr ein Insider, dass ich es nicht mal wusste. Ich war im Inneren der Insider. Ich war verborgen im Innersten meines Inneren. Am liebsten würde ich das ganze Geschirr zertrümmern. Schreien und brüllen. Ich will diese neu entdeckte Fähigkeit nutzen und alles verwandeln, was ich berühre.
    Blei in Gold.
    Fleisch in Stein.
    Stöcke in Schlangen.
    Ich halte den Kaffeebecher hoch und denke daran, wie die Mündung der Pistole in meiner Hand geschmolzen ist,

Weitere Kostenlose Bücher