Weißer Mond von Barbados
wirst.
Fergus! Du wirst mir versprechen – ich verlange dein Ehrenwort, falls man den Begriff wie ein Ehrenwort auf so etwas wie dich überhaupt noch anwenden kann, daß du sofort aufhörst.«
»Ich kann das nicht versprechen«, sagte er. »Wirklich, ich kann dir kein Versprechen geben, denn es liegt ja nicht allein an mir. Aber ich will es versuchen.«
»Ich möchte dir sehr ernsthaft empfehlen, daß es nicht nur bei einem Versuch bleibt. Ich kann meine Meinung jederzeit ändern.«
Der Wagen bog in die Auffahrt zur Brasilianischen Botschaft ein. Gerade ging Richard Paterson und seine Frau die Stufen zum Portal hinauf.
Stephenson war benommen. Alle Glieder taten ihm weh. Er hatte das Gefühl, daß es ihm unmöglich sein würde, aus diesem Auto zu steigen.
»Das sind die Patersons«, sagte er in dem Bemühen, zu einem alltäglichen Ton zurückzufinden. »Ist sie immer noch ein Protegé von dir?«
»Sie ist ein nettes kleines Ding«, sagte Margret. »Und er ist so ein eiskalter egoistischer Bursche. Sie braucht jemanden, der ihr mal ein nettes Wort sagt. Ich wünschte, ich hätte einmal im Leben jemanden gehabt, der sich um mich gekümmert hätte.«
»Du hast nie jemanden gebraucht. Du bist so stark.«
»Ich mußte es sein. Und darum bin ich es geworden. Das ist ein Verdienst, das du dir anrechnen kannst.«
Der Chauffeur öffnete den Wagenschlag, sie stieg aus, den langen Rock ihres Kleides mit der Hand raffend. Stephenson folgte ihr mit steifen Beinen. Und dann schritten sie nebeneinander, Margret und Fergus Stephenson, langsam und würdig die Stufen empor, die in helles Licht getaucht waren. Ein schönes stattliches Paar, wie einem Hollywood-Film entstiegen.
Rachel Paterson tat ihr Bestes, um sich mit ihrem Tischnachbarn zu unterhalten. Sie beantwortete die höflichen Fragen, wie lange sie in Washington sei, wie es ihr gefalle, ob sie schon dies gesehen und jenes gehört habe, mit ebenso höflichen Banalitäten, und lächelte nichts sagend dazu. Ihr Blick wanderte immer wieder zu Richard, der ihr schräg gegenüber an der Tafel saß und der sich ausgezeichnet mit einer bildschönen Südamerikanerin zu unterhalten schien. Es war die Frau des chilenischen Luftattachés, wie Rachel wußte, und es war eine Pein mit anzusehen, wie sie mit blendend weißen Zähnen lachte und Richard mit riesigen schwarzen Augen anblitzte, manchmal hob sie mit einer graziösen Geste die Hand und legte sie auf ihre linke Brust, die sowieso durch ein gewagtes Dekolleté halb entblößt war. Eine geradezu schamlose Geste, fand Rachel. Denn seit neuestem war sie eifersüchtig. Seit sie das Gespräch aus New York mit angehört hatte.
Nachts lag sie oft wach und dachte an die unbekannte Frau, deren Stimme so vertraut mit ihm gesprochen hatte. Zwar hatte er hoch und heilig geschworen, daß nichts gewesen sei zwischen ihm und dieser Frau, nicht einmal geküßt habe er sie; und als er von seinem kurzen Besuch in New York zurückgekommen war, hatte er lang und breit erzählt, warum und wieso sie ihn hatte sprechen wollen. Rachel hatte sich das still angehört und ihm sowieso nicht geglaubt.
Jetzt also beobachtete sie, wie er sich eigentlich benahm mit anderen Frauen. Mit einer Frau, die ihm gefiel. Er sah amüsiert und angeregt aus, nichts von seiner kühlen abweisenden Miene, die sie so gut kannte, war zu entdecken, er lächelte in die verführerischen dunklen Augen hinein, er flirtete ganz offensichtlich, und nicht einmal warf er einen Blick zu seiner Frau herüber.
Rachel bemühte sich zu essen, aber ihr Magen revoltierte. Darum griff sie immer wieder zum Weinglas, sie trank mehr als sonst, sie lächelte verkrampft ihren beiden Nachbarn zu, bloß um nicht immer ihren Mann ansehen zu müssen, der da drüben ungeniert mit dieser halbnackten Negerin kokettierte.
Als das Dinner zu Ende war, hatte sie einen kleinen Schwips, ihr war schwindlig und übel. Die Damen gingen mit der Gastgeberin hinauf in den ersten Stock, versammelten sich in einem französisch möblierten Boudoir, das rundherum mit Spiegeln ausgestattet war, die strahlend das Licht reflektierten. Rachel sank in einen seidenen Sessel und schloß gepeinigt die Augen. Am liebsten hätte sie geweint.
»Fühlen Sie sich nicht wohl?«
Rachel öffnete die Augen. Margret Stephenson stand bei ihr und blickte freundlich auf sie herab.
»Nein, gar nicht. Ich weiß auch nicht … es wird gleich vorbeigehen.«
»Kommen Sie mit mir. Hier ist ein kleines Gastzimmer auf der Etage,
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