Weißer Schatten
Rebellengruppe namens Renamo, um die marxistische Machel-Regierung zu stürzen. Ein bitterer Bürgerkrieg
begann.
1986 stand Mosambik vor der Spaltung. Kenneth Kaunda aus Sambia hatte sich dem Druck der Buren gebeugt und die Renamo des
Landes verwiesen. Daraufhin war Renamos Angriff auf Machel verstärkt worden. Alles stand auf Messers Schneide. Machels Tod
würde, so hieß es, den Stillstand beenden.
Pretoria stritt jedoch alles ab. Auch der Minister, dessen Gesicht Jacobus in dem kleinen Flieger gesehen hatte – besonders
dieser Minister.
Das war es, was Jacobus am meisten ängstigte. Er wusste, dass sie logen, und er wusste, was sie bereit waren zu tun, um diese
Lüge aufrechtzuerhalten.
Nach fünf Monaten im Mlawula-Reservat hatten sie ihn gefunden.
Er kam vom
veld
, und der dicke, fette Job Lindani, der Swasi-Manager mit dem freundlichen Lächeln, sagte zu ihm: »Geh nicht nach Haus. Weiße
Männer warten auf dich – Buren.«
Jacobus floh erneut.
Frans war derjenige gewesen, der den Jeep auf dem Krankenhausparkplatz gesteuert hatte. Ich legte seinen leblosen Körper neben
den großen Vinnie und zertrat sein VAC auf dem Boden. Dann griff ich mir Vannies Rucksack und das Galil und lief durchs Dunkel
auf das Haus zu.
|373| Es waren noch mindestens drei dort draußen, aber ich rechnete mit mehr. Wenn es nur fünf gewesen wären, hätten sie nicht mit
zwei Autos kommen müssen. Ich schätzte, sie waren sechs.
Also blieben noch vier. Mindestens.
»Vannie, kannst du mich jetzt hören?«
Im Inneren des dunklen Hauses öffnete ich den Rucksack. Wasser in Flaschen. Sandwiches, die nach Hühnchen rochen.
»Frans, was machst du?«
Ich suchte nach meinen Twinkies. Fand nur die leere Schachtel. Auch dafür würden sie zahlen.
»Frans, melde dich.«
Ich aß und trank hastig. Gerade genug, um den Hunger zu stillen.
»Das ist doch nicht zu glauben.«
Ich griff mir das Galil und ging zur Hintertür hinaus, an den Autos vorbei, nach Süden in das dichte Unterholz, in dem ich
in der Nacht zuvor auf der Lauer gelegen hatte.
»Eric, ich glaube, wir haben ein Problem.«
»Scheiße.«
»Dann hat er auch das Gewehr.«
Eric dachte nach.
»Vielleicht auch das VAC«, sagte Eric. »Lieg ganz still und schieß auf alles, was sich bewegt.«
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Jacobus arbeitete in den Swasi-Minen, auf abgelegenen Farmen und einmal in einer Plantage. Manchmal versteckte er sich auch
bloß in den Bergen und stahl, um am Leben zu bleiben. Zweimal kehrte er nach Mosambik zurück, aber dort gab es keine Arbeit,
dort konnte er nicht bleiben. Acht Jahre lang lebte er jeden Tag in Angst. Er hörte nie auf, über seine Schulter zu schauen,
und entwickelte einen Instinkt dafür, wer ihn verraten würde und wann. Er machte niemanden einen Vorwurf daraus. Wenn man
arm und hungrig ist und irgendwo in einem Swasi-Dorf eine Frau und fünf Kinder hat, die mehr wollen, immer nur mehr, dann
nimmt man jeden Cent, den man kriegen kann. Wenn man in eine Kaschemme in Mbabane spaziert und jemand trifft, der Fragen stellt,
dann erzählt man ihm von dem merkwürdigen Weißen, der im Minenschacht neben einem arbeitet, der eine andere Sprache spricht
und niemals lacht.
1992 waren die Zeitungen in Swasi voll von den großen Veränderungen in Südafrika.
Jacobus schöpfte Hoffnung.
Er wartete noch zwei Jahre, bis März 1994, dann kaufte er sich mit dem Geld, das er gespart hatte, ein neues Gesicht bei einem
Chirurgen in Mbabane. Er kaufte auch einen Nissan 1400 Pick-up und einen gefälschten Pass in Bulembu und fuhr über die Grenze
und die Berge hinunter nach Barberton.
In der Innenstadt fand er eine Telefonzelle und wählte die Privatnummer seiner Eltern, aber bevor es klingelte, bekam er Angst
und legte wieder auf.
Was, wenn …
Warte, bis die Wahlen vorüber sind. Warte! Er hatte acht Jahre gewartet. Was machten da ein paar Monate?
|375| Eine Woche später hörte er in einer Bar von Stef Moller und fuhr hinaus nach Heuningklip. Erst als er Melanie Lottering heiraten
wollte, wusste er, dass die Zeit gekommen war. Jetzt war es sicher genug, seine Familie wiederzusehen.
Ich wusste, wo sie sich verstecken mussten, um das Tor und die Zufahrtsstraße sehen zu können. Ich wusste, aus welcher Richtung
sie mich erwarten würden.
Sie wären zu zweit, denn das machte alles einfacher.
Auch für mich.
Ich kam aus Westen, denn sie würden nach Norden sehen, einer von ihnen nach Süden. Durch das
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