Weißer Schatten
nicht gesagt.«
Der Inspector beugte sich vor und stützte das Kinn auf die Hand.
»Ich möchte duschen, Jack.«
Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Warum brauchte Emma Sie, Martin?«
»Was?«
»Warum hat sie einen Bodyguard engagiert, um ihren Bruder zu suchen?
So
gefährlich ist es auch nicht im Lowveld.«
»Fragen Sie Emma.«
»Ich frage Sie.«
»Ich weiß es nicht.«
Phatudi erhob sich langsam und blieb direkt vor mir stehen. »Ich glaube, Sie lügen.«
»Dann beweisen Sie’s doch.«
»Ich kenne Leute wie Sie, Martin. Störenfriede. Wir brauchen nicht noch mehr Ärger hier. Wir haben schon genug. Ich behalte
Sie im Auge.«
|176| »
Jissie
, Inspector, da fühle ich mich gleich viel sicherer.«
Er runzelte die Stirn, wandte seine breiten Schultern ab und ging zur Tür. Er öffnete sie, und dann sagte er: »Nächstes Mal
werden es nicht nur vier Jahre, Martin. Ich schaffe Sie für lange, lange Zeit von der Straße.«
Erst nach der Dusche bemerkte ich den Umschlag auf dem Nachttisch. Offenbar war eine Menge los gewesen, während ich geschlafen
hatte.
Ich riss ihn auf. Ordentlich getippt mit dem Briefkopf der SouthMed Clinics.
Sehr geehrter Mr. Lemmer,
wir haben Ihr Gepäck hergebracht, das Sie in der Lounge finden werden. Die Taschen von Miss le Roux befinden sich in der Aufbewahrung.
Wenn Sie sie benötigen, lassen Sie es mich bitte wissen.
Sie können gern nach Belieben unser Restaurant im Erdgeschoss nutzen. Außerdem hat eine Ms. Jeanette Louw angerufen und darum
gebeten, dass Sie bei Gelegenheit zurückrufen.
Dr. Koos Taljaard, der Sie behandelt hat, steht Ihnen zur Verfügung. Sie erreichen ihn unter der Nummer 092 449 9090. Die
behandelnde Chirurgin, die Ms. le Roux betreut, ist Dr. Eleanor Taljaard. Sie erreichen sie unter der Durchwahl 4142.
In allen anderen Fällen zögern Sie bitte nicht, mich unter 092 701 3869 anzurufen.
Mit den allerbesten Wünschen
Maggie T. Padayachee
Leiterin Kundenbetreuung
Ich erkannte die Chirurgin sofort. Ihr Bild befand sich in dem Silberrahmen auf Dr. Koos Taljaards Schreibtisch.
»Ich bin Eleanor«, sagte sie mit einer angenehm klangvollen Stimme. Sie war größer als ich.
»Wie geht es Emma?«
»Sind Sie Mr. Lemmer?«
|177| »Oh, tut mir leid, ja. Ich …«
»Das ist nur zu verständlich. Miss le Roux ist Ihre Klientin, habe ich gehört.«
»Das stimmt.«
»Können Sie uns helfen, ihre Verwandten zu erreichen?«
»Nein. Ich meine … Es gibt keine.«
»Niemanden?«
»Ihre Eltern und ihr Bruder sind tot. Sonst gibt es niemanden.«
»Meine Güte. Einen Arbeitgeber? Kollegen?«
»Emma arbeitet allein, als Beraterin.«
»Oh.«
»Doktor, bitte, sagen Sie mir, wie es ihr geht.«
»Setzen Sie sich, Mr. Lemmer.« Sie führte mich am Ellenbogen in ein Büro. Auf ihrem Schreibtisch stand ein Foto von Koos.
In einem silbernen Rahmen. Er sah dick aus. Sie setzte sich. Ich nahm ihr gegenüber Platz.
»Ich kann Ihnen im Moment nur sagen, dass ihr Zustand sehr ernst ist. Die Verletzung des Hirns macht die Sache erheblich komplizierter
…«
»Welche Hirnverletzung?«
»Das Hirn hat ein direktes Trauma erlitten, Mr. Lemmer.«
»Was für eine Verletzung?«
»Hören Sie, die Feinheiten sind wirklich nicht …«
»Doch, die Feinheiten sind wichtig.«
Sie sah mich an und seufzte. »Emmas Zustand ist nicht stabil genug, um sie schon zu scannen. Ich vermute ein epidurales Hämatom.
Möglicherweise einen Hirnschaden. Können Sie mir sagen, wie es zu der Verletzung gekommen ist?«
»Doc …«
»Eleanor.«
»Sie ist gestürzt. Ihr Auge war blutig … hier …« Ich drückte meine Finger auf die Wange.
»Nein. Die zygomatische Wunde ist oberflächlich. Ich meine das parietale Trauma.« Sie ließ den Kopf sinken und zeigte es mir
mit der Hand, auf der linken Rückseite ihres Schädels. |178| »Hier ist das Scheitelbein des Schädels. Es schützt die Parietallappen des Hirns. Der Aufprall muss heftig gewesen sein.«
Sie ging davon aus, dass ich die medizinischen Fachbegriffe nicht kannte, sie wusste nicht, dass ich bereits meine Erfahrung
hatte.
»Wir waren auf einem Zug. Als Emma von einem Schuss getroffen wurde, stürzte sie. Sie ist vom Zug gefallen.«
»Meine Güte …«
»Ich habe nicht gesehen, wie sie aufgekommen ist.«
»Wer im Himmel …?«
»Ich weiß es nicht.«
Eleanor wollte nachfragen, aber dann überlegte sie es sich anders. »Mr. Lemmer …«
»Die meisten nennen mich nur Lemmer.«
»Bei
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