Weisser Schrecken
schlug Robert mit der Brechstange zu und erwischte ihren Gegner am Unterarm. Der ächzte vor Schmerz auf und tauchte ab. Im nächsten Moment blickten sie in die Mündung einer Pistole. Andreas stieß Robert im letzten Moment zur Seite, als sich mit knallendem Laut ein Schuss löste, der nur wenige Zentimeter an seinem Kopf vorbei in die Gewölbedecke einschlug. Putz löste sich über ihren Köpfen und rieselte zu Boden. Scheiße, der Kerl wollte sie umbringen. Wirklich umbringen! Andreas war einen Augenblick lang so geschockt von dieser Erkenntnis, dass er wie gelähmt war. Aus der Entdeckungstour war blutiger Ernst geworden. Glücklicherweise reagierte Robert. Noch am Boden liegend, warf er die Brechstange und erwischte den Fremden diesmal im Nacken. Andreas schüttelte seine Starre ab und hechtete seinerseits zu dem Erdaushub hinüber, wo er vorhin die Schippe gesehen hatte. Er packte sie, wirbelte herum und sah, wie sich der Fremde in diesem Moment aus der Öffnung im Boden zog. Noch immer waren die Sichtverhältnisse im Gewölbe so schlecht, dass er nicht erkennen konnte, wer der Unbekannte eigentlich war. Doch der visierte ihn bereits wieder mit der Pistole an. Andreas glaubte, sein letztes Stündlein habe geschlagen, als Robert den Kerl von hinten ansprang und dessen Kopf in den Nacken zog. Voller Panik schlug Andreas mit der Schippe zu und hämmerte dem Fremden die Pistole aus der Hand, als sich ein zweiter Schuss löste. Auch diese Kugel schlug hinter ihm ins Gestein ein, ohne dass sie Schaden anrichtete. Der Unbekannte griff sich in den Nacken, packte Robert und schleuderte ihn mit einem gekonnten Schulterwurf nach vorn auf den Boden, wo sein Freund mit gurgelndem Laut liegen blieb. Andreas drosch ein weiteres Mal mit der Schippe zu, doch dem Fremden gelang es auszuweichen. Bevor er die Schaufel ein weiteres Mal zum Schlag erheben konnte, war der Mann heran, packte ihn an der Gurgel und entwand ihm die improvisierte Waffe. Klirrend fiel die Schippe zu Boden. Im nächsten Augenblick sichelte ihm der Fremde die Beine weg, und Andreas stürzte mit einem Ächzen gegen den Erdaushub an der Wand. Steine drückten ihm in den Rücken. Der Unbekannte ließ sich jetzt mit seinem ganzen Gewicht auf ihn fallen, schloss auch die zweite Hand um seinen Hals und drückte zu. Andreas japste. Sterne blitzten vor seinen Augen, und er bekam nun echte Todesangst. Verzweifelt schlug er auf seinen übermächtigen Gegner ein, doch diesen kümmerten die Schläge nicht, er drückte ihm nur umso stärker die Luft ab. Andreas glaubte bereits, die Besinnung zu verlieren, als er den Griff von Konrads Messer zwischen seinen Fingern spürte. Ohne nachzudenken, riss er das Fleischermesser aus der Jacke und hackte dem Fremden die Klinge in den Oberschenkel. Der scharfe Stahl glitt durch das Muskelgewebe wie durch Butter. Sein Gegner schrie auf, doch Andreas war viel zu benommen, um die Stimme zuordnen zu können. Alles, was ihn im Moment interessierte, war, dass sich der Griff des Unbekannten lockerte. Er stach noch ein weiteres Mal zu und erwischte seinen Peiniger diesmal am Arm. Der Griff löste sich. Keuchend füllte Andreas seine Lungen mit Luft, als schräg über ihm etwas Metallisches im Zwielicht aufblitzte. Dumpf krachte das Schaufelblatt gegen die Schulter des Fremden, und dieser stürzte neben Andreas zu Boden. Robert tauchte aus dem Dunkeln wie ein Racheengel auf und schlug ein weiteres Mal zu, kaum dass der Mann Anstalten machte, sich wieder zu erheben. Diesmal traf ihn der Schlag irgendwo an der Brust. Dennoch gelang es dem Fremden, die Schippe am Stiel zu packen und sie Robert aus der Hand zu reißen. Doch er wankte, stolperte unvermittelt über die oberste Sprosse der Astleiter und krachte rücklings auf den Schacht am Boden, wo er, alle viere von sich gestreckt, hängen blieb. Ächzend und die blutenden Wunden an Bein und Arm ignorierend, mühte er sich wieder aus dem Loch. Teufel, wie viel steckte der Kerl denn noch weg?
Andreas spürte, wie ihn Robert auf die Beine zog und zum Gangabschnitt zerrte, der zum Brunnenschacht führte. So schnell sie es vermochten, schlüpften sie durch die aufgestemmte Ziegelwand des Gewölbes in den Brunnen, wo noch immer einladend die Strickleiter baumelte. Robert kraxelte voran, doch aufgrund der Enge in der Schachtöffnung behinderten sie sich bei ihrer Flucht gegenseitig. Längst waren hinter ihnen wieder schleppende Stiefelschritte zu hören. Andreas zog sich nun ebenfalls in den
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