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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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allein!«
    Entschlossene Hände packten Niklas unter den Achseln, und mit einem kräftigen Ruck wurde er zurück ins Bad gerissen, wo ihn sein Vater zu Boden warf. »Wehr dich nicht! Hat doch keinen Sinn.« Er packte ihn an den Haaren, während der alte Bierbichler ein Stück Klebeband von einer Rolle abriss und ihm damit den Mund verschloss. Sein Vater nickte zufrieden und beugte sich über ihn. »Niklas, du willst doch nicht, dass du deiner verrückten Mutter heute völlig umsonst entwischt bist, oder?« Niklas gab seinen Widerstand auf und starrte seinen Vater ängstlich an. »Siehst du, so ist es besser.« Sein Vater tätschelte ihm die Wangen. »Bitte glaube mir, dass ich mir all das nicht freiwillig ausgesucht habe. Aber was wir tun müssen, ist nun einmal notwendig. Dein Leben gehört nicht dir. Es gehört einer höheren Macht.«

Die drei Heiligen
    Andreas presste Niklas Bücher an sich, rannte mit ihnen an der Kirche vorbei und hetzte auf das verschneite Gräberfeld hinter dem alten Gotteshaus zu. Seine Augen brannten vor Wut und Enttäuschung, und am liebsten hätte er laut um Hilfe geschrien. Doch einer der Männer war ihm noch immer auf den Fersen; der Silhouette nach zu urteilen der Bürgermeister. Selbst wenn ihn jemand im Ort hörte, ganz sicher hatte Schober eine passende Erklärung parat, warum er hinter ihm her war. Ihm selbst würde garantiert niemand glauben. Es war zum Verzweifeln.
    Andreas sprang über einen schiefen Grabstein hinweg, fiel in den Schnee und mühte sich wieder auf die Beine. Er konnte sehen, wie sich Schober hinter ihm mit großen Sätzen einen Weg durch die Nacht bahnte und beständig aufholte. Andreas ließ die Bücher, die ihm Niklas gereicht hatte, kurzerhand fallen, rannte keuchend weiter und musste aufpassen, nicht abermals zu stürzen. Längst hatte er die Leichenhalle passiert, doch die vielen Grabsteine mit ihren Hauben aus Schnee bildeten tückische Stolperfallen. Selbst die Dunkelheit schützte ihn nur unzureichend. Zugleich wusste er, dass er hier auf dem Friedhof in der Falle saß. Der hohe gusseiserne Zaun umschloss das Kirchengelände vollständig. Es war nur eine Frage der Zeit, wann ihn Schober und die anderen erwischen würden.
    In diesem Augenblick entdeckte er vor sich im Schneetreiben ein schemenhaftes Licht. Es war blass und flackerte wie eine der Grabkerzen. Doch es konnte keine Kerze sein, denn der Schein wanderte fort von ihm. Moment mal, war da hinten nicht eine Gestalt, die ihm zuwinkte? Einer seiner Freunde? Da er nichts mehr zu verlieren hatte, rannte Andreas auf das Licht zu, folgte seinem Schein in die Dunkelheit und schaffte es doch nicht, den Unbekannten einzuholen. »Robert? Elke?« Er befand sich jetzt ganz hinten auf dem Friedhof, unter zwei tief verschneiten Krüppelbäumen, deren Geäst weit über den gusseisernen Friedhofszaun reichte. Das Licht war nicht mehr zu sehen. Suchend sah er sich um, während hinter ihm im Schnee die Schritte Schobers zu hören waren. Da sah er, dass in dem alten Zaun zwischen den Bäumen eine Lücke klaffte. Eine Stange fehlte. Ohne nachzudenken, stürmte er vor und quetschte sich mit seinem Körper durch die Absperrung hindurch.
    »Bleib hier, du verdammter Narr!«, herrschte ihn der Bürgermeister an. »Glaubst du, dass du deinem Schicksal entkommen kannst? Niemand von uns kann das!«
    Andreas achtete nicht weiter auf ihn. Als sei das Grauen von gestern Nacht hinter ihm her, rannte er im Schneetreiben auf die umstehenden Häuser Perchtals zu und bog in eine der Gassen ein. Ihm war bewusst, dass er im Schnee Spuren hinterließ. Aus diesem Grund stürmte er bei der erstbesten Gelegenheit in einen Innenhof, zog sich dort auf die Hofmauer und balancierte auf ihr bis zu dem Dach einer nahen Garage, über die er in einen verschatteten Garten sprang. Dort setzte er seine Flucht fort. Er schlug so lange Haken in der Ortschaft, bis er vor Erschöpfung gegen eine Mauer fiel. Hoffentlich hatte er die Männer abgehängt.
    Meine Güte, wie naiv waren sie nur gewesen? Sie hatten doch gewusst, dass abgesehen von Strobel auch noch andere Perchtaler in die unheimlichen Geschehnisse verstrickt waren. Irgendwann mussten die doch reagieren. Dass Elkes, Miriams und Niklas’ Eltern irgendwie in der Sache mit drin hingen, hatte er die ganze Zeit über geahnt. Aber auch der Bürgermeister? Scheiße. Wer noch? Was sollte er jetzt tun? Waren die Äußerungen der Männer tatsächlich so zu verstehen, dass diese neben Niklas auch seine

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