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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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dass auf der Rückseite eine Inschrift eingelassen war:
    Gebet Gott die Ehre, Kinder.
    Mahnung sei euch mein Geläut.
    Niklaus bin ich, Diener Gottes und zugleich sein rauer Knecht.
    In deiner Jugend liegt der Schlüssel.
    Und auch das Schloss, das führt zu mir.
    Meinen Hunger magst du stillen,
    so wie ich den Hunger tief in dir.
    Ich kann deinen Wunsch erfüllen nach der Jahre vier mal vier.
    Opf’re dich, so dienst du allen.
    Opf’re all, und ich dien dir.
    Andreas runzelte die Stirn. Was sollte das nun schon wieder? War es diese Inschrift, auf die die Geister sie aufmerksam machen wollten? Aufgeregt griff er nach seiner Hosentasche und zückte Strobels ledernes Notizbuch. Er klappte es auf, schrieb die Glockeninschrift ab und steckte Büchlein und Stift wieder weg. Über den Inhalt konnten sie sich auch später noch den Kopf zerbrechen. Es wurde Zeit, die Freunde zusammenzutrommeln und sie über die Erkenntnisse der vergangenen Stunden zu informieren.
    Andreas trat über die Holztreppe den Rückweg an und erreichte so den Gang vor der Sakristei, als er Lärm, wie von einer aufbrechenden Tür vernahm, der sich erregte Männerstimmen anschlossen. Erschrocken blieb er stehen und schaltete seine Taschenlampe aus. Die Geräusche kamen aus dem Pfarrhaus. Dort, wo Niklas auf ihn wartete.
    Missmutig sah sich Niklas in Strobels Arbeitszimmer um und schob gelegentlich einen der Ordner mit den Füßen beiseite. Das durchwühlte Zimmer hatte große Ähnlichkeit mit den vermüllten Räumlichkeiten, die Andy im Sägewerk bewohnte. Noch immer ärgerte er sich darüber, dass Andy es mal wieder geschafft hatte, ihn herumzukommandieren. Dummerweise konnte er ihm diesmal keinen wirklichen Vorwurf machen. Den Kirchturm rauf zu kraxeln, würde vermutlich noch ätzender sein, als hier nach dem Rechten zu sehen. Niklas seufzte und beschloss abzunehmen, sobald sie diesen ganzen Irrsinn hinter sich hatten. Und mit jedem Pfund, das er abspeckte, würde er auch versuchen, seine verdammte Mutter zu vergessen. Sie allein trug für sein Übergewicht die Verantwortung. Ob sie inzwischen entkommen war? Niklas gruselte die Vorstellung und machte sich nun doch dran, die herumliegenden Sachen zu untersuchen. Die Ordner enthielten Predigten, Abschriften alter Kirchentexte und Rechnungen. Was die vielen Bücher betraf, waren es vor allem alte Bildbände mit kirchlichen Kunstschätzen, die es Strobel angetan hatten. Erst auf den zweiten Blick bemerkte er, dass sie sich allesamt mit Nikolauskirchen in ganz Europa beschäftigten. Niklas begriff erst jetzt, wie viele Reliquien es gab, die man Nikolaus von Myra zusprach. In einer der Kirchen hüteten sie sogar die verschrumpelte Hand eines Mannes, die die Gläubigen für jenes des Heiligen hielten. Niklas schüttelte sich. Die anderen Bücher beschäftigten sich allesamt mit der Geschichte der Kelten und deren Hinterlassenschaften. Sogar ein ›De bello gallico‹ von Julius Cäsar fand er am Boden, natürlich auf Latein. Niklas Interesse war geweckt. Dabei befürchtete er, dass alles Nützliche längst fort war. Nur, was war es, was die Unbekannten hier gesucht hatten? Etwas, das Strobel hier versteckt hatte?
    Niklas Neugier war entfacht. Er sah sich noch einmal genauer im Zimmer um, und das, obwohl es draußen inzwischen dunkel geworden war. Das einzige Licht, das ihm zur Verfügung stand, war das einer Straßenlaterne unweit des Kirchenzauns. Niklas fragte sich, wo er etwas von Wert aufbewahren würde, wäre das hier sein Zimmer? Die Regale waren leer, selbst die wenigen Bilder an den Wänden lagen auf dem Boden. Ein Tresor oder etwas Ähnliches war nicht zu sehen. Niklas tänzelte mit ausgebreiteten Händen zwischen den Bücherhaufen herum und belastete den Boden. Doch keines der Dielenbretter wirkte lose. Er wollte sich schon dem Wohnzimmer Strobels zuwenden, als sein Blick auf den Schreibtisch fiel. Die schwach beleuchtete Tischfläche war leer und die Schubladen waren herausgezogen, dennoch war das Möbelstück auffallend massiv. Er trat vor ihn, betastete mit der Hand die Schubladen von Innen und entschloss sich schließlich dazu, den kompletten Schreibtisch vom Fenster abzurücken. Nur mit viel Mühen schaffte er es, den schweren Tisch überhaupt zu bewegen. Ächzend beugte er sich über die Schreibfläche und spähte hinter den Tisch. Er konnte es nicht fassen. In der Dunkelheit zeichneten sich kantige Gegenstände ab. Dort befand sich ein geheimes Brett, auf dem alte Bücher standen. Niklas

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