Weisser Schrecken
Rivalen lachten. Robert gestand sich ein, dass er ihnen diese irrwitzige Geschichte auch nicht abgenommen hätte.
»Köhler hat das tote Mädchen aus dem See auf dem Gewissen!«, log Elke und trat mit ernstem Gesicht an die Seite ihrer Schwester. »Und er wird nicht davor zurückschrecken, auch euch zu töten, wenn er hat, was er will.«
»Ach, jetzt ist Köhler plötzlich selbst das Ungeheuer?« Wastl spuckte gegen einen der Felsen. »Vielleicht einigt ihr euch mal.«
»Ich … ich glaube, wir sollten auf die Fünf hören«, meinte Liesel Kahlinger zögernd. »Gestern Nacht stimmte wirklich was nicht. Das wisst ihr doch. Und Köhler benimmt sich doch schon die ganze Zeit so merkwürdig.«
»Du bist so feige, wie du lang bist!« Lugge sah die Vogelscheuche verächtlich an. »Checkst du das nicht? Die wollen den Schatz für sich.«
»Na gut«, seufzte Andy und zog den Spaten aus dem Boden. »Liesel tritt beiseite. Wir müssen deine Freunde zur Vernunft bringen.«
»Niemand wird sich prügeln!« Elke zückte ihre Signalpistole, spannte den Hahn und zielte entschlossen auf Lugge. Der riss entsetzt die Augen auf. »Bist du jetzt völlig übergeschnappt, du dumme Kuh?«
»Leg den Knüppel weg«, sprach Elke mit eisiger Stimme. »Oder weiß Gott, ich schwöre, dass ich abdrücke.« Robert sah Elke ebenso erstaunt an, wie Andy und die anderen. Doch niemand sagte etwas. Lugge schien die Entschlossenheit Elkes zu spüren, den er leckte sich fahrig über die Lippen, warf Wastl einen kurzen Blick zu und ließ den brennenden Ast schließlich fallen. Wastl folgte seinem Beispiel und warf seinen Knüppel ebenfalls weg. »Du bist vollkommen durchgeknallt. Ist dir das klar?« Lugge wandte sich den Freunden zu. »Spinnt ihr jetzt alle?«
»Bindet sie!«, kommandierte Elke, deren Waffenhand nicht im mindestens zitterte.
Robert nahm Niklas das Seil ab und er und Andy verschnürten ihre beiden Rivalen, ganz so, wie es die Erwachsenen vorhin mit ihnen gemacht hatten. Liesel Kahlinger stand einfach nur da und starrte die Szene mit offenem Mund an. Elke ließ die Waffe sinken und trat vor sie. Robert hatte sie noch nie so erlebt. »Liesel, ich weiß, wir beide haben uns noch nie gemocht. Aber du musst uns heute vertrauen, ja?« Die Vogelscheuche nickte zögerlich. »Alles, was wir eben erzählt haben, ist wahr. Köhler bereitet etwas Unvorstellbares vor. Wenn wir ihn nicht aufhalten, dann werden wir alle sterben. Alle!« Auch Andy schritt zu den beiden hinüber. »Köhler hat sich vorhin irgendwo einen Weg in den Berg freigesprengt, richtig?«
»Ja, da.« Die Vogelscheuche deutete über die Steinhalde hinweg zu den Felsen am Hang hinter ihnen. »Da vorn ist ein alter Bergwerksschacht. Der Eingang war unter Felsen verborgen.«
»Die Lawine hat fünf Menschen getötet, Liesel!« Andy deutete zum Hang hinter ihnen. »Darunter Schober, Krapf und die Väter von Elke, Miriam und Niklas. Selbst, wenn du Zweifel an unserer Geschichte hast, ich hoffe, dir ist klar, dass ihr euch an dem Tod mitschuldig gemacht habt.« Liesel Kahlinger wurde blass. Selbst Lugge und Wastl blickten erschrocken auf. »Und jetzt zeig uns den Ort.«
Die Vogelscheuche nickte verstört und führte sie an dem freigesprengten Gestein vorbei zu der Felswand. Dort gähnte ein dunkler Schacht, der tiefer in den Berg hinein führte.
»Und er hat Konrad mitgenommen?«, fragte Miriam.
»Ja, weil er doch unser Anführer ist. Und weil es da unten vielleicht Ecken gibt, wo Köhler selbst nicht durchpasst. Hat er uns jedenfalls gesagt.«
»Hat er euch erzählt, was das für ein Schatz sein soll?«, fragte Robert, der Liesel ebenso gefolgt war, wie alle anderen.
»Ein Keltenschatz aus purem Gold.« Liesels Augen leuchteten, doch sie senkte schnell ihren Blick. »Köhler meinte, wenn wir ihn fänden, wären wir alle so unermesslich reich, dass uns keiner mehr was könne. Arbeiten müssten wir auch nicht mehr.«
»Klar, und so einen Schatz teilt er mit euch. Sehr glaubwürdig.« Robert schüttelte den Kopf und spähte dann wie die anderen in den alten Schacht hinein. Wie alt der Stollen sein mochte, konnte man an der Enge des Tunnels erkennen. Da war nicht einmal für eine Lore Platz. Immerhin, in einiger Entfernung waren Stemmbalken zu sehen, die die Grubendecke stützten. »Und was soll ich jetzt tun?«, fragte Liesel kleinlaut.
»Aufpassen, dass deine idiotischen Freunde keine Dummheiten anstellen«, antwortete Andy mit belegter Stimme. »Denn wir müssen da jetzt
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