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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Eingang stand plötzlich ihr Vertrauenslehrer Roman Köhler. Der Leiter der Pass trug wie immer eine sportliche Lederjacke samt Schiebermütze aus dunklem Tweed, und seine Augen blitzten verärgert. »Sofort auseinander, sonst vergesse ich mich!« Widerwillig ließen die Kontrahenten voneinander ab, während Köhler ungläubig einen der Hockeyschläger am Boden betrachtete. »Sagt mal, habt ihr sie noch alle? Was soll denn als Nächstes folgen?« Gereizt fuhr er Liesel Kahlinger an, die Hilfe suchend zu Konrad blickte. »Dass selbst du dir für so was nicht zu schade bist, Liesel, ist einfach nicht zu fassen.« Er suchte Konrads Blick. »Wie könnt ihr das Vertrauen, das ich in euch gesetzt habe, so schändlich missbrauchen?«
    »Tut uns leid«, presste ihr Rivale mühsam beherrscht hervor. »Wir sind bloß hergekommen, weil … weil wir doch versprochen hatten, den Kostümraum sauber zu machen, bevor es morgen mit dem Krampuslauf losgeht.« Er präsentierte einen Schlüssel.
    »Konrad lügt!«, zischte Andreas, der nun endlich Niklas wieder auf die Beine half. Sein dicker Freund zitterte und fischte, offenbar ohne es selbst so richtig wahrzunehmen, einen Schokoriegel aus der Jacke. »Er und seine Freunde waren bereits heute Nacht hier und sind mit den Kostümen erst drüben auf dem Friedhof und dann bei uns auf dem Sägewerk gewesen.«
    Konrad sah Andreas irritiert an und schürzte verächtlich die Lippen.
    »Wie kommst du denn bitte darauf?«, wollte Köhler nun wissen.
    »Die Kostüme der drei sind noch feucht«, erklärte Robert bissig. »Außerdem sollten Sie sich mal ansehen, was für Zeug die vier von ihrem Ausflug mitgebracht haben.«
    »Soso …« Köhler trat dicht vor Konrad und sah den Jungen eindringlich an. »Ihr habt also einen kleinen Übungslauf vor der Zeit veranstaltet und wart dann auch noch so dumm, euch dabei ertappen zu lassen? Ich rate dir, es zuzugeben, wenn dem so ist.« Konrad wollte etwas erwidern, doch stattdessen leckte er sich fahrig über die Lippen, sah den Leiter der Pass fragend an und nickte schließlich. »Aber das erklärt nicht, was die da hier zu suchen haben«, brauste er sogleich auf und deutete wütend auf Andreas, Robert und Niklas.
    »Aber ich weiß es!«, rief Liesel. Sie bückte sich, fischte ein Juckpulvertütchen vom Parkettboden und reichte es triumphierend Köhler. Mist. Andreas ballte still eine Faust. »Ist ja wohl klar, was die hier wollten«, ergänzte sie gehässig.
    »Ihr gebt euch wirklich nichts!« Roman Köhler sah verärgert in die Runde und kramte dann einen Bonbon aus der Tasche, den er sich in den Mund steckte. Er schob ihn mal in die eine Backe, dann wieder in die andere, schließlich schien er sich zu einer Sanktion entschieden zu haben. »Eigentlich hatte ich darauf gehofft, dass die gemeinsamen Vorbereitungen für den Krampuslauf dazu beitragen würden, dass ihr euch endlich vertragt.« Er schnaubte und hob einen der Hockeyschläger vom Boden auf. »Aber nun muss ich feststellen, dass ihr nichts gelernt habt. Im Gegenteil. Euer Verhalten wird Folgen haben, das sollte euch klar sein. Ich werde den Krampuslauf morgen zwar nicht ausfallen lassen, schließlich warten die Bürger Perchtals auf den Umzug, aber ich bin nicht bereit, ihn in dieser Konstellation durchzuführen.« Er biss zu, und der Bonbon zerbrach geräuschvoll zwischen seinen Zähnen. Kauend betrachtete er den Schläger in seinen Händen. »Wem gehört der?« Andreas hob die Hand, und Köhler warf ihm den Schläger zu. Dann wandte er sich an Konrad. »Wenn ich mich nicht irre, habt ihr ebenfalls Schläger?«
    Konrad und seine Freunde sahen sich an. »Ja. Und?« Köhler lächelte herausfordernd. »Nun, da ihr alle über zu viel Energie verfügt, wird ein Match heute Nachmittag auf dem Perchtensee darüber entscheiden, wer von euch morgen noch zur Pass gehört. Wir treffen uns pünktlich um 15 Uhr und spielen in zwei Teams. Die Verlierer dürfen der Pass morgen vom Straßenrand aus zuschauen. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn euch das nicht endlich zur Vernunft bringt.«

Der glitzernde Spiegel
    Miriam schirmte die Augen mit der Hand ab und betrachtete gemeinsam mit Elke den winterlichen Perchtensee. Das Gewässer am Rande der Ortschaft, in dem sie und die Jungs noch im September heimlich gebadet hatten, war von einer feinen Schneeschicht überzogen und bot einen wundervollen Anblick. Zum ersten Mal seit Tagen lugte die Sonne wieder zwischen den Wolken hervor und tauchte die

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