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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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… ansehen?« Andreas wusste, dass das Folgende unfair war. Aber hier ging es immerhin darum, Elke zu beruhigen. »Wenn du Schiss hast, kannst du ja zu Hause bleiben.« Ausdruckslos baute er seine Hockeyschläger vor sich auf. »Aber ich wette, die Mädels fänden das gar nicht gut.«

Die alte Leichenhalle
    »Es ist soweit.« Robert blickte auf seine Armbanduhr, deren Zeiger 22.30 Uhr anzeigten. Er und Andy warteten schon seit Stunden in dessen Spielzimmer, wo sie sich einige Tiefkühlpizzen eingeworfen hatten, während im Fernseher eine Videokassette mit den Folgen von ›Eine schrecklich nette Familie‹ lief. Robert liebte AI Bundys Sprüche, doch heute fehlte ihm die rechte Konzentration. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er darauf gehofft, dass sich Andy umentscheiden würde. Allein bei der Vorstellung, was sie heute Nacht noch vorhatten, bekam er eine Gänsehaut. Ausgerechnet er. Robert musterte unmerklich seinen Totenkopfring. Andy aber schien fest entschlossen, die Sache durchzuziehen.
    »Gut, machen wir uns fertig.« Andy schaltete den Videorecorder aus. »Nicht, dass uns Niklas noch einpennt.« Die Jungs zogen sich an, holten sich aus der Küche eine Taschenlampe und eilten in die Nacht. Nasskalt blies ihnen der Wind Schnee ins Gesicht.
    »Wofür brauchen wir Niklas überhaupt?«, wollte Robert wissen, während Andy die Taschenlampe zum Test anknipste. Der scharfe Lichtstrahl zeichnete einen hellen Kreis auf den grauweißen Untergrund zwischen Lager und Werkhallen. »Der pisst sich doch in die Hose, wenn wir erst auf dem Friedhof sind.«
    »Ich hab ja nicht gesagt, dass er ganz mitkommen muss«, lenkte Andy ein. »Ich dachte eher, wir machen es so, wie heute Mittag beim Vereinsheim. Wir lassen ihn Schmiere stehen, während wir uns die Tote angucken.«
    »Dafür muss man ebenfalls nicht zu dritt sein.«
    »Mann, was soll denn das jetzt?« Andy sah Robert gereizt an. »Denkst du, ich hab Bock, allein in diese Leichenhalle zu stiefeln? So cool bin ich auch wieder nicht. Aber ich hab auch keine Lust, dass Strobel plötzlich auftaucht und uns erwischt. Schließlich wohnt der neben der …« Andys Stimme brach unvermittelt ab und Robert sah, dass sein Freund eine Spur im Schnee beleuchtete. Sie begann nur wenige Schritte von ihnen entfernt mitten auf dem Hof des Sägewerks und führte schnurgerade zu den Treppenstufen des Fahrradkellers neben dem Hauseingang.
    »Komisch, die waren schon heute morgen hier.«
    »Was?«
    »Na, diese Spuren!«
    »So wie es heute den ganzen Tag geschneit hat? Nicht wirklich.« Robert knöpfte sich nun doch den Kragen seines Mantels zu. Ihn verwunderte der abrupte Beginn der Abdrücke mitten auf dem Hof ebenso. Wer auch immer die Spuren hinterlassen hatte, es sah so aus, als wäre er von einer der Werkhallen heruntergesprungen. Aber die nächste Halle war fast drei Meter entfernt. Andy schien Ähnliches zu vermuten, der er leuchtete im Schneetreiben nach oben zu den Dachtraufen. Sie waren unberührt.
    »Konrad?«, rätselte Robert.
    »Vielleicht.« Andy trat nun direkt neben eine der Spuren und runzelte die Stirn. »Aber würde Konrad bei der Kälte barfuß laufen?«
    »Barfuß?« Robert trat neben seinen Freund und sah nun ebenfalls, dass die Löcher in der Schneedecke die Umrisse nackter Füße hatten. Deutlich waren die Abdrücke von Zehen, Fersen und Fußballen zu erkennen. »Mann, dieser Spinner hat sie echt nicht alle.«
    Andy knipste die Lampe wieder aus. »Wenn Konrad sich an meinen Rädern zu schaffen gemacht hat, dann erlebt der mich mal, wie es ist, wenn ich wirklich sauer bin. Egal, darum kümmere ich mich später.« Sie marschierten schweigend weiter zum Ort. Die Schneedecke knarzte unter ihren Schritten. Die wenigen Laternen Perchtals bildeten trübe Lichtinseln, und auch die beleuchteten Fenster, die sie passierten, hatten heute nur wenig Heimeliges an sich. Robert zog sich den Schal fester um den Hals, denn ihm rann kaltes Schmelzwasser in den Nacken. »Im Übrigen bleibe ich dabei«, nahm er den Faden wieder auf. »Niklas war uns auch vorhin schon keine große Hilfe. Er hat total verstört auf mich gewirkt, als wir ihn von zu Hause abgeholt haben. Solche Aktionen sind einfach nichts für ihn, seine Stärken liegen woanders. In Wahrheit benutzt du ihn bloß, weil du morgen vor Elke angeben willst.«
    »Ist ja gut! Botschaft angekommen!« Andy verdrehte genervt die Augen. »Nur noch die Sache heute Nacht, okay? In Zukunft lasse ich ihn auch in Ruhe. Aber jetzt

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