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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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noch herausfinden, was der Kerl in Wahrheit von uns will.« Er schenkte Elke den letzten Rest heißen Tees ein, und sie verfolgten mit, wie die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr mit der abgedeckten Bahre über das Eis zurückkehrten und an den tuschelnden Schaulustigen vorbei in den Ort stiefelten. Strobel und der Bürgermeister folgten dem Trupp in einiger Entfernung. Sie befanden sich in Gesellschaft von Roman Köhler und Doktor Bayer. Andreas und seine Freunde erhoben sich und lauschten den leisen Gesprächsfetzen.
    »Wenn sich der Verdacht bestätigt, dann wäre das ungeheuerlich …«, konnten sie Bayers Bassstimme heraushören.
    »Nun warten wir doch erst einmal ab«, brummte Bürgermeister Schober. »Nach all den Jahren sollten wir das Ganze mit Bedacht angehen …«
    »Pfarrer Strobel?« Elke, die noch immer in ihre Decke gehüllt war, trat gemeinsam mit ihrer Schwester an die Männer heran, die erst jetzt bemerkten, dass die Freunde noch am See waren.
    »Hatten wir euch nicht nach Hause geschickt?« Doktor Bayer betrachtete Elke und Miriam und runzelte plötzlich die Stirn. Auch Bürgermeister Schober und Pfarrer Strobl wechselten einen raschen Blick.
    »Lassen Sie es gut sein.« Strobel schob den Doktor mit öligem Lächeln beiseite. »Gehen Sie ruhig schon vor, wir treffen uns dann gleich in der alten Leichenhalle hinter der Kirche. Die wird zwar schon lange nicht mehr benutzt, aber solange Perchtal von der Außenwelt abgeschnitten ist, scheint mir das der beste Ort, um den Leichnam aufzubahren.«
    »Ja, natürlich.« Der Doktor schloss sich dem Bürgermeister an und starrte doch immer wieder zurück.
    »Was ist denn jetzt mit dem Krampuslauf morgen?«, tönte es von der anderen Seite her. Konrad und seine Freunde waren ebenfalls aufgesprungen.
    »Was glaubst du wohl?«, erklärte Köhler mühsam beherrscht. Er spuckte den Rest eines Bonbons in den Schnee. »Der fällt dieses Jahr aus. Ein Amüsement dieser Art ist sicher das Letzte, was Perchtal im Moment braucht. Ich melde mich bei euch.« Rasch eilte er hinter den anderen Männern her. Konrad und seine Freunde starrten den Erwachsenen enttäuscht hinterher, schulterten ihre Schläger und kehrten dem See mit einem vernichtenden Blick in Richtung Freunde den Rücken. Andreas schüttelte den Kopf. Offenbar machten die vier nun sie für die Entscheidung verantwortlich. Der Pfarrer unterhielt sich derweil leise mit den Mädchen. Strobel nickte väterlich und tätschelte den beiden die Wangen. »Macht euch keine Gedanken, meine Engel.« Mit bohrendem Blick musterte er die drei Jungs. »Auch ihr solltet jetzt nach Hause gehen. Schlaft euch aus.« Elke kehrte zur Parkbank zurück und nahm ihre Schlittschuhe auf, während Strobel und Miriam auf sie warteten.
    »Pfarrer Strobel bringt uns jetzt nach Hause«, erklärte sie leise. »Er wird die Sache auf sich nehmen.« Blass und mit bebenden Lippen sah sie Andreas an. »Und die Tote im See sah doch so aus wie …«, sie spähte kurz zu ihrer Schwester, »wie wir!« Trotzig drehte sie sich auf dem Absatz um und folgte Strobel und Miriam zurück in den Ort.
    Andreas fröstelte. Auch Niklas und Robert sahen sich unbehaglich an. Robert versuchte sich eine neue Kippe anzuzünden, doch der viele Schnee erstickte immer wieder die Flamme seines Feuerzeugs.
    »Elke steht unter Schock«, sagte Niklas altklug. »Ich meine, was wäre denn das für ein komischer Zufall?«
    »Ja, wäre tatsächlich ein bisschen seltsam«, murmelte Robert, der Feuerzeug und Kippe verärgert wegsteckte. »Elke und Miriam wüssten doch, wenn sie als Drillinge und nicht als Zwillinge auf die Welt gekommen wären, oder?« Er lachte trocken, doch Andreas starrte ihn nachdenklich an.
    »Oder etwa nicht?« Robert hörte auf zu lachen, und eine Weile war nur das Säuseln des Windes zu hören, der ihnen vom See her Schnee in den Nacken blies.
    »Du hast die Männer doch vorhin gehört. Irgendwas an der Toten scheint wirklich seltsam zu sein«, meinte Andreas und versuchte sich die Worte des Bürgermeisters in Erinnerung zu rufen. »Wie auch immer, uns wird man garantiert nichts sagen. Es sei denn …«
    »Es sei denn was?«, fragte Robert lauernd.
    »Na ja, einen Weg gäbe es schon, um mehr über die Tote zu erfahren.«
    »Du hast jetzt aber nicht das vor, was ich denke?« »Du … ihr …« Niklas verschluckte sich fast, als er begriff. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er seine Freunde an. »Ihr wollt euch die Tote doch nicht etwa … noch mal

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