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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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nicht zugelassen. Sobald er selbst bei der Fundstelle erschienen war, hatte er sie auch schon fortgescheucht, um die Honoratioren im Ort zu informieren. Die Sache war ehrlich gesagt auch so gruselig genug.
    Zwei der Männer stapften nun über die verschneite Eisfläche auf sie zu. Es handelte sich um Köhler in Begleitung von Doktor Bayer. Ihr Lehrer nickte ihnen knapp zu, während der Arzt sich vor Elke hinkniete.
    »Du bist das Bierbichler-Mädchen, das die Tote gefunden hat?« Elke schniefte und nickte. »Geht’s dir gut? Ich kann dir was geben, wenn du möchtest.«
    »Nee, geht schon.«
    Bayer strich sich nachdenklich über den Schnauzbart und kramte dann ein Pillendöschen aus seinem Arztkoffer. »Das ist pflanzlich. Ein Beruhigungsmittel. Du nimmst am besten jetzt zwei und nachher noch eine, in Ordnung? Und wenn später was ist, dann kommst du in meine Praxis. Ihr wisst doch, wo ich praktiziere?«
    »Ja, wissen wir«, erklärte Miriam. »Wir hatten doch früher mal einen Hund.«
    »Weiß man schon, wer die Tote ist?«, wollte Andreas wissen.
    »Nein, wissen wir nicht«, antwortete Köhler knapp. »Sie holen sie gerade erst aus dem Eis. Sie scheint aber mit der Schneeschmelze vor ein paar Tagen in den See gespült worden zu sein, so dicht, wie der Körper am Bachbett liegt.«
    »Wann kommt eigentlich die Polizei?«, fragte Niklas. »Hat die niemand angerufen?«
    »Doch, natürlich«, erklärte Doktor Bayer und schloss seine Tasche wieder. »Aber es wird wohl noch etwas dauern, bis sich die Beamten zu uns durchgeschlagen haben. Über Berchtesgaden wütet zurzeit ein heftiger Schneesturm, der fast den ganzen Verkehr im Umland lahmgelegt hat. Bis die Straße nach Perchtal freigeräumt ist, wird es wohl noch eine Weile dauern.« Er seufzte. »So, und jetzt schlage ich vor, dass ihr nach Hause geht. Hier gibt es eh nichts mehr zu sehen.« Er berührte Elke mitfühlend an der Schulter, dann begaben sich die beiden Männer wieder zur Fundstelle.
    »Toll, was sollen wir denn jetzt zu Hause unseren Eltern sagen?«, klagte Miriam. »Die wissen doch gar nicht, dass wir am See waren. Wenn die hören, dass Elke die Tote entdeckt hat, dann wird Vater ausrasten.«
    »Könnt ihr nicht sagen, ihr hättet am See einen Spaziergang gemacht?«, versuchte sich Niklas an einem Vorschlag.
    »Nachdem uns jeder hier beim Eishockeymatch gesehen hat?« Elke wischte sich die Tränen weg. »Vater mag zwar weltfremd sein, aber bescheuert ist er nicht.«
    In diesem Moment tauchte Pfarrer Strobel am Ufer auf. In seiner Begleitung befanden sich zwei kräftige Männer, die eine Bahre trugen. Noch immer war weiter vorn im Schneetreiben das Lärmen der Motorsäge zu hören.
    »Strobel muss uns helfen!«, zischte Elke plötzlich. »Immerhin hat er uns heute erlaubt, dass wir kommen durften.«
    »Unser Herr Pfarrer?« Andreas sah Elke verwundert an.
    »Ja, der hat sich heute überhaupt ganz merkwürdig aufgeführt«, erklärte Miriam. »Er war nämlich bei uns, nachdem es heute Mittag Ärger bei uns zu Hause gab. Deinetwegen!«
    »Wegen Andy?« Niklas sah irritiert zu den Schwestern auf. »Wieso denn wegen Andy?«
    »Ist doch egal, warum«, wiegelte Elke ab. »Auf jeden Fall hat uns Strobel anschließend erlaubt herzukommen.«
    Stockend berichteten die beiden Mädchen, was sich auf der Straße vor ihrem Elternhaus abgespielt hatte.
    »Wir hatten fast den Eindruck, als wolle er uns auf euch ansetzen«, endete Miriam, die den Pfarrer nicht aus den Augen ließ. »Der Typ war voll seltsam. Und das mit der Nachtwanderung übermorgen, das klang fast wie eine Drohung. Ihr lasst uns doch nicht allein mit dem, oder?« Bittend sah sie die Jungen an. Andreas, Robert und Niklas warfen sich befremdete Blicke zu.
    »Nee, natürlich nicht«, meinte Andreas nachdenklich und starrte nun ebenfalls wieder rüber zum See. Er hatte keine Ahnung, welches Interesse der Pfarrer an ihnen hatte. Dabei sollte Strobel wissen, dass er es ihm bis heute nicht verzieh, seine Mutter damals wie eine Aussätzige verscharrt zu haben. Der ganze Ort hatte für Selbstmörder nicht viel übrig.
    Strobel und seine Begleiter erreichten nun die Männer in ihren signalroten Jacken, und sie konnten im Schein der Lampen sehen, wie diese etwas Schweres auf die Bahre wuchteten. Andreas lief ein Schauer über den Rücken. Dennoch ging von dem Treiben auf dem See eine eigentümliche Faszination aus.
    »Okay, dann fragt ihn«, meinte er. »Bis übermorgen ist es ja noch etwas hin. Wir werden schon

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