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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Küche keinen Kaffee gefunden. Ich bin daher rüber zu eurem Büro und hab dort welchen geholt.«
    Andreas fragte erst gar nicht, ob sein Vater da war. »Wie lange bist du denn schon wach?«
    Robert zuckte mit den Achseln. »Hab die ganze Nacht kein Auge zugekriegt.«
    Andreas mühte sich nun endgültig hoch. »Scheiße. Das gestern war kein Albtraum, oder?«
    »Doch, war es. Nur geträumt haben wir nicht.« Robert stiefelte über die Berge an CDs hinweg, setzte sich müde auf einen Drehstuhl vor dem Schreibtisch und kramte sein Tabakpäckchen hervor. »Jedenfalls habe ich keine vernünftige Erklärung für das, was vorgefallen ist. Erst die Sache mit dem Tonband und dann diese Totenglocke. Ich sag dir, so einen Kinderchor habe ich schon gestern Vormittag gehört. Als ich bei uns den Fernseher ausschalten wollte. Nur war das ›Ihr Kinderlein, kommet!‹« Robert schüttelte sich, während er sich eine Zigarette drehte. »Und da war noch etwas …« Er zögerte. »Egal, zu welchem Programm ich umgeschaltet habe, überall war auf der Mattscheibe so eine seltsame Gestalt zu sehen. Sah fast so aus wie der Nikolaus.«
    »Der Nikolaus?«
    »Na ja, so ’ne Bischofsgestalt halt«, Robert zündete sich die Zigarette an und inhalierte den Rauch tief. »Nur hatte die mein Gesicht!« Andreas starrte Robert konsterniert an. »Hat Niklas gestern auf dem Heimweg nicht erzählt, dass er auf dem Friedhof Geister gesehen haben will?«
    »Ja, Scheiße. Deswegen erzähle ich dir das doch«, brauste Robert auf. »Angeblich waren die ebenfalls wie Bischöfe gekleidet. Ich glaub nicht, dass sich Niklas bloß wichtigmachen wollte. Und versuch mir jetzt nicht einzureden, alles wäre bloß Zufall. Da draußen ging gestern Nacht etwas verdammt Unheimliches vor sich.« Andreas wagte es nicht zu widersprechen. Auch ihm lief eine Gänsehaut über den Rücken. »Ob das irgendetwas mit dem toten Mädchen aus dem See zu tun hat?«
    »Es handelt sich bei ihr um Elkes und Miriams Schwester.«
    »Ja, ich weiß.« Andreas stand auf und zog sich widerwillig an. Roberts Hand mit der Zigarette zitterte leicht. »Nur wissen wir nichts über sie.«
    »Eben. Vielleicht sollten wir das ändern? Auf jeden Fall müssen wir Elke und Miriam berichten, was gestern passiert ist. Die haben ein Recht darauf, das zu erfahren.« Andreas schlüpfte in seine Schuhe und überlegte kurz, ob er etwas frühstücken sollte. Doch ihm war der Appetit vergangen. »Lass uns zu ihnen gehen. Wir haben heute ja eh nichts anderes vor.«
    »Und was ist mit den Eltern der beiden?«, wollte Robert wissen. Er klappte das Fenster auf und schnippte die Zigarette auf den Hof des Sägewerks. »Du weißt doch, wie der alte Bierbichler immer ausrastet, sobald er mich sieht. Ich könnte ja einem Satanistenclub angehören.«
    »Ach, gehörst du nicht?«, witzelte Andreas freudlos. »Der und seine Frau arbeiten doch vormittags immer im Laden. Bis zur Mittagspause sollten wir Ruhe vor denen haben.«
    Andreas und Robert gingen schweigend nach unten, zogen sich an und verließen das Haus. Draußen schneite es noch immer. Obwohl Perchtal von der Außenwelt abgeschnitten war, ging die Arbeit im Sägewerk ihren geregelten Gang. Im Hintergrund tönten die Bandsägen, Beschäftigte in Blaumännern und dicken Pullovern liefen zwischen den Hallen umher, und der Vorarbeiter, der mit einem kleinen Kipplader die Schneewehen im Zufahrtbereich des Sägewerks beiseite schob, grüßte sie.
    Auch im Ort waren Männer und Frauen auf den Beinen, die mit Schneeschaufeln und Streusalz versuchten, der frostigen Massen auf den Straßen und Gehwegen Herr zu werden. Robert zog die Blicke der Perchtaler wie immer auf sich, und Andreas war froh, als sie die Brennergasse mit ihren schiefen und krummen Häusern endlich erreichten. Als der kleine Spirituosenladen der Bierbichlers in Sicht kam, zögerten sie weiterzugehen. Der Zugang zur Privatwohnung der Familie befand sich direkt neben dem Geschäft. Andreas gab sich einen Ruck und ging rasch am Schaufenster vorbei, um nicht gesehen zu werden. Doch seine Vorsicht war unnötig: der Laden war verwaist. An der Glastür hing ein Schild mit der Aufschrift »Heute geschlossen!«.
    »Wir sind ja auch bescheuert«, meinte Robert, der hastig zu ihm aufschloss. »Wetten, dass die Bierbichlers längst darüber informiert wurden, wer die Tote im See ist?«
    »Ist mir egal.« Andreas wartete, bis sie eine junge Frau mit Kind passiert hatte, und warf dann einen Schneeball hinauf an die

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