Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
unterzogen sie einer genauen Inspektion. Nichts. »Habt ihr einen Keller?«, wollte Andreas irgendwann wissen.
    »Nee.« Miriam schüttelte den Kopf, doch ihre Züge hellten sich plötzlich auf. »Aber einen Dachboden!« Sofort stürmten die vier die Treppe nach oben, wo sie die Deckenluke im Gang zu Elkes und Miriams Zimmer öffneten. Die Jungs entriegelten eine Schiebeleiter, und Andreas beglückwünschte sich dazu, dass in seiner Jackentasche noch immer die Taschenlampe steckte. Den Lichtstrahl nach oben gerichtet, kletterte er voran und fand sich kurz darauf in einem ebenso zugigen wie kalten Dachstuhl wieder, dessen nachgedunkelte Schrägbalken vom hohen Alter des Hauses kündeten. Es roch nach Staub und Holz. Andreas ließ den Lichtstrahl seiner Lampe über Kartons, Kisten und abgedeckte Weidekörbe mit alter Wäsche wandern.
    »Okay«, sagte er, kaum dass ihm die anderen gefolgt waren.
    »Ich schlage vor, wir teilen uns auf. Robert und ich übernehmen die dunkle Ecke da hinten, und ihr Mädels sucht hier.« Die beiden Zwillinge lächelten ihm dankbar zu, und sie machten sich an die Arbeit. Sie gingen gründlich vor, doch auch hier oben fand sich kein ernst zu nehmender Hinweis auf die Tote.
    »Zwecklos«, meinte Andreas enttäuscht. »Aber es bestätigt meine Theorie. Wenn diese Anna schon als kleines Kind entführt wurde, dann kommen wir der Sache höchstens mit ihrer Geburtsurkunde auf die Spur.«
    »Solche Sachen verwahrt Vater in einem Tresor drüben im Geschäft«, antwortete Elke resigniert. »Da kommen wir nicht ran.« Unglücklich stiegen sie die Leiter wieder nach unten.
    »Warum fragt ihr eure Eltern nicht einfach direkt?«, wollte Robert wissen. Elke und Miriam sahen sich scheel an. »Wir trauen uns nicht«, antwortete Elke. »Wir beide haben irgendwie das Gefühl, als hätten die uns das mit Anna bewusst verschwiegen. Vater und Mutter sind sowieso seit einiger Zeit total seltsam. Irgendwie unberechenbar.« Sie berichtete von dem Rosenkranzgebet am gestrigen Vormittag. Schockiert sahen Andreas und Robert die beiden an.
    »Spinnt dein Alter?«, platzte es aus Robert heraus. »Dafür könnt ihr ihn anzeigen.«
    »Würdest du einfach mal so deine Eltern anzeigen?«, entgegnete Miriam.
    Andreas wollte die Dachluke gerade wieder schließen, als ihm etwas Eigentümliches auffiel. Er starrte hinüber zum Zimmer der Mädchen, dann den Gang entlang zurück zur Treppe nach unten. »Sagt mal, der Dachboden über uns wirkt irgendwie viel größer als euer Obergeschoss.«
    »Hä, was meinst du denn damit?« Elke sah ihn verständnislos an. Andreas kletterte die Leiter noch einmal hinauf, leuchtete den Dachboden ab und kehrte in den Flur zurück. Dann untersuchte er unter den irritierten Blicken der anderen das kleine Bad des Obergeschosses und anschließend das Zimmer der Mädchen.
    »Was ist denn?«, fragte Miriam.
    »Ich fasse es nicht.« Andreas sah seine Freunde an. »Hier fehlt ein Zimmer. Es müsste sich dort befinden.« Er beugte sich über eines der beiden Betten, räumte die Kissen und Stofftiere beiseite und fasste gegen die Wand, an der ein Bild der heiligen Ursula hing.
    »Spinnst du?«, erregte sich Elke. »Das wäre uns doch längst aufgefallen.«
    »Nein, Andy hat recht«, murmelte Robert nachdenklich. »Das Obergeschoss ist zu klein. Ihr wohnt hier einfach schon zu lange. Und auf dem Dachboden habt ihr beide euch garantiert auch nicht oft herumgetrieben. Von der Straße her fällt das Ganze ja nicht einmal auf. Das fehlende Zimmer liegt zu Eurem Garten hin.« Sprachlos sahen sich die Mädchen an. Andreas und Robert rückten das Bett ab und klopften die Wand ab. Bei genauerem Hinhören klang sie hohl.
    »Ich sag’s doch, da ist was dahinter!«
    »Das kann nicht sein«, meinte Miriam kopfschüttelnd. Sie und Elke klopften zum Vergleich die massive Außenwand des Zimmers ab und sahen sich überrascht an. Es war ein deutlicher Klangunterschied herauszuhören.
    »Wir durften da hinten nie etwas aufhängen«, sagte Elke entschuldigend. Andreas wandte sich erneut dem halbdunklen Gang zur Treppe nach unten zu. Sein Blick fiel auf ein schmales, mit einer Häkeldecke verziertes Tischchen an der Wand gegenüber der Badtür, auf dem ein bronzenes Kreuz und eine hölzerne Marienstatue standen. Das Arrangement wirkte wie ein kleiner Hausaltar und war so unscheinbar, dass sie es vorhin nicht weiter beachtet hatten. Sofort klopfte er die Wand hinter dem Tisch ab. Sie klang hohl, irgendwie hölzern. »Das

Weitere Kostenlose Bücher